Für einen Tag Künstler sein

Bludenz Manche Familien möchten eher nicht am Faschingstreiben in der Altstadt von Bludenz oder den umliegenden Gemeinden teilnehmen. Während manche von ihnen lieber Skifahren gingen, bot sich für Interessierte am kreativen Tun mit einem Mal-Workshop der renommierten Künstlerin Chantal Boso Flores eine wertvolle Freizeitbeschäftigung an. So fanden sich am Samstagvormittag zahlreiche junge Teilnehmer mit ihren Eltern in den Räumen der Caritas in der Fabrik Klarenbrunn in Bludenz ein.

„Wir waren völlig überrascht, wie viele Teilnehmer schlussendlich kamen. Manche hatten sich nicht angemeldet. Wir haben aber rasch und flexibel darauf reagiert. Material war ja genug vorhanden. Mich freut es vor allem, dass so viele Kinder dabei sind“, zeigte sich die sympathische Kursleiterin begeistert. Der Workshop trug den Titel „Für einen Tag Künstler sein“. Aufgrund der regen Nachfrage wurde sogleich ein Extratisch bereitgestellt, damit alle mitmachen konnten.

Behutsame Anregungen

Corinna Lohs arbeitet bei der Caritas und gestaltet offene Elternabende: „Wir bieten viele unterschiedliche Angebote, damit Eltern sich kennenlernen können und ein regelmäßiger Austausch stattfinden kann. Neben dem Elterncafé, das jeden Donnerstagvormittag in der Volksschule Mitte stattfindet, bieten wir auch Workshops wie diesen hier.“ Sie habe schon einmal einen Workshop mit Chantal Boso Flores im Rahmen der Sommerwoche der Lerncafés organisiert: „Chantal ist eine ausgezeichnete Künstlerin. Gleichzeitig kann sie aber auch ihr umfangreiches Wissen auf ganz einfache Weise Kindern und Eltern vermitteln, die so manche Anregung von ihr dann auch direkt umsetzen können.“

Es herrschte eine fokussierte und konzentrierte Stimmung an diesem Mal-Vormittag. Alles lief ganz ruhig ab. Chantal Boso Flores regte die Teilnehmer behutsam zu vielerlei Möglichkeiten beim Malen an. Sie überforderte niemanden, sondern ging höchst individuell auf jeden Einzelnen ein. Auch ihre Großmutter, die Autorin Lidwina Boso, nahm teil: „Ich bin heute mit dem Cousin von Chantal, Livio, hier. Eigentlich bin ich im Malen eine totale Niete, aber es macht mir trotzdem Spaß. Während ich sonst mit Worten jongliere, mische ich nun erstmals Farben. Das ist etwas komplett Neues für mich.“

Unbeschwerter Zugang

Zeichnen und Malen zählten immer schon zu den Lieblingsbeschäftigungen von Chantal Boso Flores. Bereits in ihrer Kindheit vertiefte sie sich stundenlang ins Malen. „Ich war von Farben fasziniert. Und wenn ich gemalt habe, dann war ich so ganz in meiner Welt. Für mich gab es kaum etwas Schöneres“, erinnert sich die gebürtige Bludenzerin. Nicht zuletzt durch diese Erfahrung entschied sie sich, an der Angel-Academy in Florenz Kunst zu studieren, später vertiefte sie ihre Kenntnisse im Porträtzeichnen am Cecil Studio. Nach Abschluss des Studiums hatte sie fünf Monate an dem Film „The Peasants“ in Polen mitgearbeitet, bevor sie sich entschloss, wieder nach Bludenz zurückzukehren. Ihr Atelier befindet sich im Würbel-Areal, wo sie auch Auftragsarbeiten annimmt, die sie in der sogenannten Carvaggio-Technik ausführt.

Workshops mit Kindern leitet sie gerne: „Kinder sind völlig fokussiert, wenn sie am Zeichnen sind. Sie gehen, im Gegensatz zu Erwachsenen, völlig unbeschwert an die Sache heran.“ Bei diesem Workshop stehen Tiere im Mittelpunkt: „Wir malen heute nach Vorgaben. Kinder lieben Tiere. Ich habe ihnen bei der Auswahl als Vorgabe die Frage gestellt: Wenn ein Elternteil ein Tier wäre, was wäre das für eins? Für die Eltern gab es dieselbe Frage im Umkehrschluss.“

Gemalt wurde mit Acrylfarben. Neben den Primärfarben gab es eine weitere, reichhaltige Angebots­palette, welche ausprobiert wurde. Es wurden eifrig neue Farbkombinationen erstellt, untereinander verglichen und zur Anwendung gebracht. Chantal Boso Flores blieb immer ruhig und geduldig, Fragen beantwortete sie der Reihe nach: „Mir gefällt das Unterrichten sehr. Ich kann mir gut vorstellen, das später auch einmal hauptberuflich auszuüben. In den Workshops lerne ich auch viel über mich selber. Ich weiß zwar, dass ich früher sehr viel gemalt habe, kann mich nun aber wieder besser an meine Malmotive erinnern, die ich eigentlich vergessen hatte. Kinder sind so interessiert und offen, außerdem sind sie nicht so schnell frustriert, wenn etwas einmal nicht so gelingen sollte, wie sie es gern hätten.“ BI