Warum der Funken und die Funkenhexe zweierlei sind

Die Funkenhexe ist eine relativ junge Erscheinung in der Funkentradition.
Dornbirn Die Klimakleber-Funkenhexe im Montafon hat eine grundsätzliche Diskussion angestoßen: Muss es eine Funkenhexe sein, was muss überhaupt auf dem Funken stehen oder ist die Hexe unumstößliches Brauchtum?

Der Funkensonntag und der Funken selbst zählen seit 2010 zum immateriellen Kulturerbe Vorarlbergs und Österreichs. Im damaligen Antragsformular findet die Funkenhexe keine Erwähnung. Vielmehr ist die Rede vom Kinderfunken, Fackelschwingen und Funkoküochle. Und auch der Ursprung findet Erwähnung: der Ausklang der Alten Fasnacht.
Von Toten, Geistern und Hexen
Zu seinen Ursprüngen im Mittelalter ging es wohl etwas gruseliger zu in der Fasnacht, wie die Forschung ausgibt. So verkleidete man sich als Kämpfer und Geister und zog als Heerscharen durch die Orte, als Funken verstand man damals noch schwingende Fackeln oder Scheibenschlagen. Mit der Zeit entwickelte sich aus dem Totenkult eine Geisterabwehr und schlussendlich Faschingsumzüge und geschichtete Funkenfeuer. Es ist daher kein Zufall, dass Funken- und Fasnatzunft vielerorts dasselbe ist.

“Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Hexe auf den Funken gestellt, weil es ansonsten niemanden interessierte”, erklärt Historiker Manfred Tschaikner, Experte für die Geschichte der Hexenverfolgung und des Vorarlberger Funkenbrauchs. Bis dahin verbrannten die Funkenzünfte Staudenfunken, das Interesse am Brauchtum nahm ab. Gleichzeitig gab es in der aufflammenden Romantik ein Bedürfnis nach Volkstümlichem, Märchen waren populär. Mit der Funkenhexe zog man daher eine romantische Verbindung zu den Märchen. “Mit diesem romantischen Nervenkitzel hat man den Funken über die nächsten 150 Jahre gerettet”, räumt Tschaikner ein. Aber die Funkenhexe ist damit dasselbe wie heute das Feuerwerk oder die Musikbeschallung: Unterhaltungsprogramm, um Leute anzuziehen.
Die Fruchtbarkeit im Fokus
Tschaikner geht sogar so weit, dass die Hexe und ihre Verbrennung sogar vom ursprünglichen Brauchtum ablenkt. “An sich ist es ein alter Fruchtbarkeitsbrauch, wie man ihn in jeder Kultur kennt”, erklärt der Historiker. Der Tenor ist hier oft derselbe: Neues (Leben) entstehe im Abschied vom Alten, wie der Phoenix aus der Asche. Die Idee sei damit die Neugeburt, nicht das Vertreiben und Vernichten böswilliger Naturgeister. Tod und Auferstehung von Vegetation im Übergang von Winter und Frühjahr sind allgegenwärtig in der Mythologie. So ist auch der Tod Jesu am Kreuz die Vorbedingung, um in der Auferstehung die Erlösung der Menschen bringen zu können, erinnert Tschaikner. Diese Wahrnehmung der Welt spiegelt sich daher auch im Funken wider. “Dieses Verständnis ist verloren gegangen”, ist er überzeugt. “Wir müssen uns wieder fragen, warum gehen wir zum Funken.”
Von der Fasnachtsschlacht zur Hexenverbrennung – aus der Geschichte des Vorarlberger Fasnacht- und Funkenbrauchtums von Manfred Tschaikner
Auch die Debatte ist nicht neu: Mitte der 1990er diskutierte man gerade in Bludenz groß die Verbindung zwischen der Funkenhexe und den Hexenverbrennungen am Ende des Mittelalters. “In der traditionellen Fasnacht war ein Symbol verbreitet, welches die Fasnacht selbst verkörperte und am Fasnachtsdienstag verbrannt oder vergraben wurde”, erinnert Historiker Manfred Tschaikner bereits 1996 im “Bludenzer“. Dabei handelte es sich grundsätzlich um einen Mann, nicht um eine Hexe.

Diese Fasnachtverkörperung wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts nach und nach von der Winterhexe abgelöst. “Im Schwäbischen, wo ebenfalls die alemannische Fasnacht gefeiert wird, ist belegt, daß (sic!) die Hexe erst 1933 Einzug ins Brauchtum hielt”, wusste Tschaikner 1996.
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