Deshalb warf Zustellerin einfach über 200 Paketsendungen in den Wald

VN / 08.03.2023 • 17:50 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Rechtsanwältin Emelle Eglenceoglu (l.) mit ihrer Mandantin am Landesgericht.<span class="copyright"> vn/gs</span>
Rechtsanwältin Emelle Eglenceoglu (l.) mit ihrer Mandantin am Landesgericht. vn/gs

38-jährige Frau am Landesgericht Feldkirch wegen dauernder Sachentziehung verurteilt.

Feldkirch Im November 2022 landeten 218 Postpakete statt bei ihren Adressaten auf dem feuchten Boden eines Waldstückes in Schnepfau. Nur durch Zufall wurden die Sendungen kurze Zeit später von einem Spaziergänger entdeckt und konnten schlussendlich doch ihren Empfängern zugestellt werden.

Ein Spaziergänger hatte den Haufen von Paketen im Wald entdeckt. <span class="copyright">privat</span>
Ein Spaziergänger hatte den Haufen von Paketen im Wald entdeckt. privat

Wie sich herausstellte, waren die Pakete im Gesamtwert von mehr als 5000 Euro von der Fahrerin eines Zustelldienstes aus dem Lieferwagen geworfen und im Wald entsorgt worden. Die 38-jährige Frau wurde daraufhin ihrem Arbeitgeber gekündigt. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch erhob gegen sie Anklage wegen „dauernder Sachentziehung“.  

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Beim Prozess am Landesgericht Feldkirch vergräbt die Angeklagte den Kopf in ihren Händen und schluchzt. „Ich schämte mich damals dafür und schäme mich noch heute“, beteuert sie gegenüber Richter Julian Fettner. Der will von der Beschuldigten nun den Beweggrund für ihr rätselhaftes Tun erfahren.

“Psychisch am Ende”

Worauf ihm die 38-jährige mit einem tristen Sammelsurium von Erklärungen entgegnet: „Ich hatte damals sehr viel Arbeit und war überbelastet. Obwohl ich krank war, hat mich der Chef zum Zustelldienst gezwungen, weil kein Ersatz für mich zur Verfügung gestanden sei. Dann habe ich den Lohn nicht bekommen. Es war einfach alles zu viel für mich, ich war psychisch am Ende.“

Die Beschuldigte vor Richter Julian Fettner: "Schäme mich dafür." <span class="copyright">vn/gs</span>
Die Beschuldigte vor Richter Julian Fettner: "Schäme mich dafür." vn/gs

Mit ihrer Aktion habe sie niemanden schädigen wollen, beteuert die Angeklagte noch eindringlich. Doch damals habe sie in ihrer explodierenden Verzweiflung nicht an die Adressaten gedacht.

Mitarbeiter der Post mussten die aufgefundenen Pakte schließlich an die Empfänger ausliefern. Vor Gericht entschuldigt sich die 38-Jährige bei einem von ihnen, der als Zeuge auftritt, dafür. „Passt schon“, sagt der Mann lächelnd.

“Als Frau nicht mehr Herr der Lage”

Verteidigerin Rechtsanwältin Emelle Eglenceoglu versucht, den Richter für einen außergerichtlichen Tatausgleich (Diversion) zu bewegen. Weil sich ihre Mandantin in einer bedauernswerten Situation befinde und zudem vollumfänglich geständig sei. Auch die damalige Überlastung der Beschuldigten bringt die Anwältin ins Spiel: „Sie war als Frau einfach nicht mehr Herr der Lage.“ Für Richter Fettner kommt eine Diversion allerdings nicht in Frage. Weil die Beschuldigte bereits mit einer Vorstrafe belastet sei.

Doch bei einem möglichen Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Gefängnis zeigt er Milde und verurteilt die 38-Jährige im Sinne der Anklage zu einer Geldstrafe in der Höhe von 280 Tagessätzen a‘ vier Euro (720 Euro), ein Drittel davon bedingt auf Bewährung. Die Verurteilte erbittet Bedenkzeit.

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