Kostenfreie Menstruationsartikel an Bludenzer Schulen fix

VN / 29.03.2023 • 19:00 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
Kostenfreie Menstruationsartikel an Bludenzer Schulen fix
Wie das Klopapier in Schultoiletten sollen auch Menstruationsartikel auf den Mädchen-WCs selbstverständlich werden, fordert Nadine Kasper. Canva/Adobe/Die Grünen

Auf Initiative der Offenen Liste Bludenz – Die Grünen gibt es ab dem Schuljahr 2023/24 kostenlose Menstruationsartikel an den Bludenzer Schulen. Dieser Antrag, der in der jüngsten Stadtvertretungssitzung einstimmig beschlossen wurde, stieß beim Team Mario Leiter auf Verwunderung und Unverständnis, war es doch die SPÖ, die so einen ähnlichen Antrag in der Landtagssitzung zur Abstimmung brachte und dieser von den Grünen abgelehnt wurde.

Bludenz In der Stadtvertretung wurde auf Initiative der Offenen Liste Bludenz – Die Grünen einstimmig beschlossen, in den Schulen, die von der Stadt erhalten werden und in denen Bedarf besteht, kostenlose Menstruationsartikel zur Verfügung zu stellen. Ab dem Schuljahr 2023/24 werden somit Schülerinnen an der Mittelschule, an der Polytechnischen Schule und am Sonderpädagogischen Zentrum kostenlos mit Hygieneartikeln versorgt. Obwohl alle dem Antrag zugestimmt haben, wollte das Team Mario Leiter (SPÖ) eines klarstellen: Nämlich, dass die SPÖ in der Landtagssitzung zuerst diesen Antrag eingebracht hatte – und es die Grünen waren, die den Antrag auf kostenlose Menstruationsartikel in den Mittelschulen, Polytechnischen Schulen und Berufsschulen ablehnten. Landtagsabgeordnete der Grünen Vorarlberg, Nadine Kasper, dementiert diesen Vorwurf, denn für sie ging der Antrag der SPÖ nicht weit genug und außerdem habe sie bereits in einer Presseaussendung vom 1. Dezember kostenlose Menstruationsartikel an Schulen gefordert.

Die Grünen zeigen sich in ihrer Presseaussendung erfreut über den Beschluss in der Bludenzer Stadtvertretungssitzung. „Wenn Mädchen kostenlose Hygieneartikel vorfinden, ist das ein Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit“, betont Lukas Zudrell, Sprecher der Offenen Liste Bludenz – Die Grünen. Für viele Mädchen seien Tampons und Binden ein kostenintensiver und manchmal unerschwinglicher Luxus. „Wenn sie diese Produkte nicht verwenden können, bleiben sie oft aus Scham oder Angst vor Stigmatisierung zu Hause und verpassen dadurch wichtige Unterrichtsinhalte. Das beeinträchtigt ihre schulische Leistung.“

Ein Tabu und für viele nicht leistbar

„Mädchen haben ein Recht auf Bildung und dürfen nicht durch ihre Periode davon abgehalten werden“, unterstreicht Grünen-Gesundheitssprecherin Nadine Kasper. „In vielen Familien ist das Thema Menstruation immer noch ein Tabu und viele Mädchen und Frauen können es sich nicht leisten, Hygieneartikel zu kaufen. Wir wollen sicherstellen, dass Schülerinnen sich auf ihre Bildung konzentrieren können, ohne sich Sorgen um ihre Menstruation machen zu müssen.“

Die Entscheidung der Stadt Bludenz sei ein wichtiger Schritt in Richtung Chancengleichheit, streicht Zudrell hervor. „Wir sind stolz darauf, dass wir als Stadt Bludenz hier eine Vorreiterrolle in Österreich einnehmen.“ Die Kosten für die Hygieneartikel an den drei Schulen in Bludenz (Volksschulen sind ausgenommen) belaufen sich auf 2200 Euro jährlich. Lukas Zudrell bezog sich in der Stadtvertretungssitzung auf eine Studie aus dem Vereinigten Königreich, die besagt, dass nach Einführung der kostenlosen Hygieneartikel 84 Prozent der Schülerinnen von „positiven Auswirkungen“ gesprochen haben.
Wie genau die Menstruationsartikel an den Schulen ausgegeben werden sollen, darüber war sich Lukas Zudrell noch nicht ganz im Klaren. Deshalb lautete der Antrag, dass die Stadt die Menstruationsartikel zur Verfügung stellt und die Schulen das bestmögliche System für die Verteilung der Menstruationsartikel ausarbeiten.

Die Frage nach dem Ursprung

Bernhard Corn, Team Mario Leiter, begrüßte den Antrag der Grünen, hatte doch Ende Jänner die SPÖ selbst den Antrag, Menstruationsartikel an allen Vorarlbergern Schulen zu stellen, im sozialpolitischen Ausschuss des Landtags eingebracht. Im Landtag wurde dieser Anfang März zur Abstimmung gebracht, doch „ist er genau mit der Stimme der Grünen nicht durchgegangen. Die FPÖ und die Neos hätten dem Antrag zugestimmt und wir natürlich“, so Corn. Dass die Offene Liste Bludenz – Die Grünen den Antrag jetzt wieder einbringen, obwohl sie diesen bereits abgelehnt hatten, „ist ein bisschen verwirrend“.

Auch Joachim Weixlbaumer, Fraktionsvorsitzender FPÖ Bludenz, bestätigte Bernhard Corns Rückblende: „Die Initiative ist damals von der SPÖ ausgegangen. Die Grünen waren damals wenig begeistert von dieser Initiative.“ Olga Pircher, Team Mario Leiter, las der Vollständigkeit halber den ursprünglichen Antrag der SPÖ vor: „Die Landesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit dem Vorarlberger Gemeindeverband Maßnahmen in die Wege zu leiten, damit in den Mädchentoiletten aller Mittelschulen, Polytechnischen Schulen und Berufsschulen kostenfreie Menstruationsartikel zur Verfügung gestellt werden. Die von den Gemeinden in ihrer Rolle als Schulerhalter dafür aufgebrachten Kosten sollen vom Land übernommen werden.“ „Wenn damals die ÖVP und die Grünen über ihren Schatten hätten springen können“, so Pircher weiter, „dann hätten wir die Sache gleich beschließen können.“

Unter anderem wird die Polytechnische Schule in Bludenz mit Menstruationsartikeln ausgestattet. <span class="copyright">meznar-media</span>
Unter anderem wird die Polytechnische Schule in Bludenz mit Menstruationsartikeln ausgestattet. meznar-media

Antrag ging nicht weit genug

Die Gründe für die Ablehnung des SPÖ-Antrags erklärte Nadine Kasper auf VN-Nachfrage. Für sie ging der Antrag der SPÖ nicht weit genug, denn das Land Vorarlberg ist nur für die Landesschulen zuständig, in denen dann auch ab dem neuen Schuljahr Menstruationsartikel bereitgestellt werden – so der Beschluss des Landtags –, aber für alle anderen Schulen kann das Land eine solche Forderung gar nicht umsetzen. Mittelschulen, Polytechnische Schulen und Berufsschulen fallen nicht in den Kompetenzbereich des Landes, sondern der Gemeinden und Städte, die Schulerhalter sind. „Wir wollten aber sofort tätig werden“, so Nadine Kasper. Ihr Appell an die Gemeinden/Schulerhalter lautet dementsprechend, dem guten Beispiel des Landes zu folgen. „Es würde mich sehr freuen, wenn ab dem neuen Schuljahr auf allen Schul-WCs kostenfreie Menstruationsartikel zur Verfügung stehen. Zudem sind wir das erste Bundesland österreichweit!“

Laut Nadine Kasper seien schon einige Gemeinden dran, kostenfreie Menstruationsartikel an Schulen umzusetzen. In Bludenz und Hohenems wurde es bereits beschlossen. In Bürs gebe es eine Initiative und im Montafon will Nadine Kasper ebenfalls aktiv werden und einen Vorschlag in die nächste Standessitzung einbringen.

Nichtdestotrotz begrüßt auch das Team Mario Leiter den Antrag. Bernhard Corn schlug vor, dass man bei einem Beschluss mit allen Direktoren und Direktorinnen Kontakt aufnehmen und jede Schule für sich das beste Konzept ausarbeiten soll. Bei allen Schulen soll das Angebot niederschwellig sein. Sozialstadträtin Andrea Mallitsch brachte es schlussendlich auf den Punkt, nämlich, dass es diesem Antrag zuzustimmen gilt, egal von welcher Fraktion er gestellt wurde. VN-JUN

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