Ein Glücksfall für die Geisteswissenschaft

Kultur / 12.04.2023 • 14:20 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
Konrad Paul Liessmann, der bekannteste Philosoph Österreichs, wird am Donnerstag 70 Jahre alt.<span class="copyright"> Florian Lechner</span>
Konrad Paul Liessmann, der bekannteste Philosoph Österreichs, wird am Donnerstag 70 Jahre alt. Florian Lechner

Konrad Paul Liessmann kann am 13. April seinen 70. Geburtstag feiern.

Wien Bereits im Alter von 17 Jahren wusste Konrad Paul Liessmann, was er einmal werden möchte: “Philosophieprofessor”. Seinen Traum konnte er eindrucksvoll verwirklichen, heute ist Liessmann, der am 13. April 70 Jahre alt wird, der wohl bekannteste lebende Philosoph des Landes.

Für sein langjähriges Engagement und seine Verdienste um Kultur und Wissenschaft wurde Liessmann mit dem Montfortorden in Gold ausgezeichnet. <span class="copyright">Florian Lechner</span>
Für sein langjähriges Engagement und seine Verdienste um Kultur und Wissenschaft wurde Liessmann mit dem Montfortorden in Gold ausgezeichnet. Florian Lechner

Dazu hat seine Lust am öffentlichen Auftritt, seine Bereitschaft, zu allen erdenklichen Gegenwartsthemen mit Aufklärung und Einwendung den philosophischen Unterbau beizusteuern, und sein nicht zuletzt durch die Gründung des “Philosophicum Lech” 1997 unter Beweis gestelltes offensives Werben für die Sinnhaftigkeit eigenständigen Denkens ebenso beigetragen wie seine unermüdliche Publikationstätigkeit.

Liessmann schrieb 1989 seine Habilitation über den "Begriff der Distanz als ästhetische Kategorie".   <span class="copyright">Florian Lechner</span>
Liessmann schrieb 1989 seine Habilitation über den "Begriff der Distanz als ästhetische Kategorie". Florian Lechner

Zu den erfolgreichsten Werken des Philosophen und Kulturpublizisten zählen Auseinandersetzungen zum Thema Bildung: “Theorie der Unbildung” (2006), “Geisterstunde. Die Praxis der Unbildung” (2014) und “Bildung als Provokation” (2017). Ansonsten reicht das weite Spektrum seiner Publikationen von Kitsch bis Kierkegaard und von Marx bis zur Modernen Kunst. Zuletzt erschienen “Alle Lust will Ewigkeit” (2021) über die Aktualität von Friedrich Nietzsche, “Lauter Lügen”, ein Sammelband mit 80 Essays, Kolumnen und Glossen, sowie ein Aufsatz in dem Band “Canceln. Ein notwendiger Streit”.

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Geboren am 13. April 1953 in Villach studierte Liessmann nach der Matura 1971 Philosophie, Germanistik, Geschichte, Psychologie und Soziologie an der Universität Wien. 1976 erlangte er den Magistertitel, drei Jahre später wurde er Assistent, wurde mit einer Arbeit über “Anfang und Ende der Philosophie – Studien zum Verhältnis von Theorie und Praxis im griechischen und nachhegelschen Denken” zum Dr. phil. promoviert und schrieb 1989 seine Habilitation über den “Begriff der Distanz als ästhetische Kategorie”. 1995 wurde Liessmann zum außerordentlichen Universitätsprofessor ernannt, ab 2011 bekleidete er eine Professur für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik. Seit 2021 ist er emeritiert, aber keineswegs untätig.

Laudator Konrad Paul Liessmann anlässlich der Verleihung “Paul Watzlawick Ehrenring” an Robert Pfaller.  <span class="copyright">APA/HANS PUNZ</span>
Laudator Konrad Paul Liessmann anlässlich der Verleihung “Paul Watzlawick Ehrenring” an Robert Pfaller. APA/HANS PUNZ

Liessmann, der sich zum Denken am liebsten aufs Rennrad setzt, wurde unter anderem mit dem Staatspreis für Kulturpublizistik (1997) und dem Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels (2003), als “Wissenschafter des Jahres 2006”, mit dem Donauland Sachbuchpreis und dem Preis der Havel-Stiftung (beide 2010) sowie dem Watzlawick-Ehrenring der Wiener Ärztekammer (2016) ausgezeichnet.

 Liessmann hielt im Jahr 2016 die  Festrede bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele.  <span class="copyright">APA/NEUMAYR/MMV</span>
Liessmann hielt im Jahr 2016 die Festrede bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele. APA/NEUMAYR/MMV

Für sein langjähriges Engagement und seine Verdienste um Kultur und Wissenschaft wurde Liessmann im Rahmen des 25. Philosophicums Lech vom Land Vorarlberg mit dem Montfortorden in Gold ausgezeichnet.

Barbara Schöbi-Fink über Liessmann:  "Sein Wirken als Philosoph und Kulturpublizist ist von großer Bedeutung."  <span class="copyright">Roland Paulitsch</span>
Barbara Schöbi-Fink über Liessmann: "Sein Wirken als Philosoph und Kulturpublizist ist von großer Bedeutung." Roland Paulitsch

Landesstatthalterin Dr. Barbara Schöbi-Fink gratuliert dem bedeutenden Philosophen: “Konrad Paul Liessmann ist ein scharfsinniger Denker und unermüdlicher Kritiker gesellschaftlicher Entwicklungen. Mit klugen Analysen und pointierten Argumenten bringt er komplexe Zusammenhänge auf den Punkt und setzt sich dabei stets für die Wahrung von Bildung und Kultur ein. Sein Wirken als Philosoph und Kulturpublizist ist von großer Bedeutung für die intellektuelle Auseinandersetzung unserer Zeit. Vorarlberg verdankt Herrn Liessmann das Philosophikum Lech, er prägt als wissenschaftlicher Leiter dieses Festival über wesentliche Fragen unserer Gesellschaft seit Anbeginn.”

Der damalige Kulturlandesrat Guntram Lins, Konrad Paul Liessmann,  Wolfgang Häusler, Kulturmanager in München, Michael Köhlmeier, Ludwig Muxel und Reinhold Bilgeri.  <span class="copyright">Gerda Zimmermann</span>
Der damalige Kulturlandesrat Guntram Lins, Konrad Paul Liessmann, Wolfgang Häusler, Kulturmanager in München, Michael Köhlmeier, Ludwig Muxel und Reinhold Bilgeri. Gerda Zimmermann

Die Idee, die einzigartigen Bedingungen von Lech als Ort der Begegnung zu nutzen, um den philosophischen Austausch zu pflegen, entsprang einem Gespräch zwischen dem seinerzeitigen Bürgermeister Ludwig Muxel und dem Schriftsteller Michael Köhlmeier. Zu ihnen stießen der damalige Kulturlandesrat Guntram Lins und Wolfgang Häusler, Kulturmanager in München. Als wissenschaftlicher Leiter wurde Konrad Paul Liessmann eingeladen – das Philosophicum Lech war geboren. Der Erfolg des Philosophicums zeigt sich auch am Publikumszuspruch. Die Zahl der Interessierten ist von rund 100 im Jahr 1997 auf mittlerweile mehr als 700 gestiegen.

Legendär ist der philosophisch-literarische Vorabend, an dem Michael Köhlmeier atmosphärische Nacherzählungen zum jeweiligen Thema und Konrad Paul Liessmann daran anschließende Ad-hoc-Interpretationen zum Besten geben.  <span class="copyright">Florian Lechner</span>
Legendär ist der philosophisch-literarische Vorabend, an dem Michael Köhlmeier atmosphärische Nacherzählungen zum jeweiligen Thema und Konrad Paul Liessmann daran anschließende Ad-hoc-Interpretationen zum Besten geben. Florian Lechner

Michael Köhlmeier kennt Liessmann seit vielen Jahren: “Wir beide unterhalten eine Art von Freundschaft, wie sie wohl selten geworden ist. In früheren Zeiten hätten wir uns ein Leben lang gesiezt, aber uns mit Vornamen angesprochen. Immer war diese Freundschaft von großem Respekt getragen. Wir sind über die Arbeit zueinander gekommen, über die Philosophie und die Literatur – über das Philosophicum Lech, dem Konrad Paul Liessmann nun schon seit sechsundzwanzig Jahren als wissenschaftlicher Leiter vorsteht. Oftmals haben wir gemeinsam ein Thema entwickelt, nie gab es dabei persönliche Reibereien. Ich habe Skepsis von ihm gelernt, das heißt, auch skeptisch zu sein gegenüber den eigenen Gedanken. Sie verdienen es, mindestens ebenso streng analysiert und beurteilt zu werden wie die Gedanken anderer. Dass Philosophie jeden angeht, wirklich jeden, dass jeder willkommen ist beim gemeinsamen Denken, dafür steht dieser Mann, der ein Glücksfall ist für die Geisteswissenschaft ist. Dass die bedeutendsten Philosophen im deutschsprachigen Bereich es als eine Ehre empfinden, im Herbst nach Lech eingeladen zu werden, das verdanken wir Konrad Paul Liessmann. Nur in einem bin ich ihm überlegen, dort allerdings haushoch: beim Kochen. Meine Spaghetti Aglio e Olio fand er unübertrefflich. Alles Gute zu Deinem 70. Geburtstag, Konrad. Und wann immer Du Gusto hast, sag es…”.

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