Medizinstudent rettete Verschüttete (20) und weitere Lawinenwunder in Vorarlberg

VN / 23.04.2023 • 18:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Auf dem Rückweg vom geplanten Ziel, den Drei Türmen, wurde die deutsche Gruppe von Wintersportlern von einer Lawine überrascht.  <span class="marker"><span class="copyright">symbol/vn/steurer</span></span>
Auf dem Rückweg vom geplanten Ziel, den Drei Türmen, wurde die deutsche Gruppe von Wintersportlern von einer Lawine überrascht. symbol/vn/steurer

Gruppe von Schneeschuhwanderern und Tourenskigehern im Montafon von Schneebrett überrascht.

Schruns Hier wanderten einmal mehr die Schutzengel mit, auch wenn eine achtköpfige Gruppe von deutschen Wintersportlern der Gefahr noch rechtzeitig aus dem Weg gehen wollte.

Es war am Samstag gegen 10.30 Uhr, als eine Studentengruppe aus dem Raum Konstanz von der Lindauer Hütte in Richtung Drei Türme aufstieg. Fünf der Wintersportler waren mit Schneeschuhen, drei mit Tourenskiern unterwegs.

Gegen 13.15, es war auf einer Seehöhe von etwa 2000 Metern, erkannten die Deutschen, dass es aufgrund der tageszeitlichen Erwärmung und der damit ansteigenden Lawinengefahr zu gefährlich wurde, den Weg fortzusetzen. Außerdem wurde es ihnen zu steil. Also kehrten sie um. Doch es war bereits zu spät.

Komplett verschüttet

Die Schneeschuhwanderer befanden sich erst wenige Meter im Abstieg, als sich etwa 200 Meter oberhalb von ihnen plötzlich ein 100 Meter breites Schneebrett löste. Eine 20-jährige Schneeschuhwanderin wurde von ihm erfasst, etwa 40 Meter weit mitgerissen und dabei komplett verschüttet.

Sie konnte kurze Zeit später von zwei ihrer Kameraden ausgegraben werden, war jedoch nicht mehr ansprechbar. Ihr Glück: Bei einem Mitglied der Gruppe und Ersthelfer handelt es sich um einen Medizinstudenten. Er reanimierte sie bis zum Eintreffen des ÖAMTC- Notarzthubschraubers „Christophorus 8“.

Zum Spital geflogen

Die junge Frau wurde mittels Taubergung geborgen und ins Krankenhaus überstellt. Drei weitere Schneeschuhwanderer wurden beim Lawinenabgang teilverschüttet, konnten aber von ihren Kameraden unverletzt ausgegraben werden oder aber auch sich selbst aus den Schneemassen befreien. Zum Zeitpunkt des Unfallereignisses herrschte Lawinenwarnstufe 3 mit dem Hinweis auf raschen Festigkeitsverlust der Schneedecke aufgrund der warmen Temperaturen.

 Die fünf Schneeschuhwanderer führten keine Lawinenverschüttetensuchgeräte (LVS) mit sich, die Skitourengeher hingegen waren mit LVS-Geräten, Schaufeln und Sonden ausgerüstet.

Hunderte Rettungskräfte beteiligten sich an dem Einsatz nach dem Abgang eines Schneebretts in Zürs noch bis in die Nacht hinein. <span class="copyright">VN</span>
Hunderte Rettungskräfte beteiligten sich an dem Einsatz nach dem Abgang eines Schneebretts in Zürs noch bis in die Nacht hinein. VN

“Nur” Beinahekatastrophen

In der vergangenen Wintersaison 2022/23 gingen mehrere Lawinenabgänge für die Verunfallten recht glimpflich aus.

Schlagzeilen machte eine Beinahekatastrophe, die sich am 25. Dezember im Bereich des Trittkopfs bei Zürs ereignete. Kurz vor 15 Uhr löste sich ein gewaltiges Schneebrett und verlegte die darunterliegende Piste auf einer Länge von 500 bis 600 Metern. Zehn Skitouristen aus mehreren Nationen wurden von der Lawine erfasst und teilweise schwer verletzt. Wie durch ein Wunder war jedoch kein Todesopfer zu beklagen.

Auch Hubschrauber wurden bei dem gigantischen Rettungseinsatz in Zürs eingesetzt. <span class="copyright">vn/paulitsch</span>
Auch Hubschrauber wurden bei dem gigantischen Rettungseinsatz in Zürs eingesetzt. vn/paulitsch

Gleich 14 deutsche Skitourengeher wurden am Samstag, den 11. März 2023, von einer Lawine unterhalb der Drusenfluh mitgerissen. Doch sie alle hatten unwahrscheinliches Glück.

Vier der Tourengeher wurden komplett verschüttet, andere nur teilweise. Doch sie konnten sich entweder selbst aus den Schneemassen befreien oder wurden von anderen Gruppenmitgliedern ausgegraben. Die Deutschen, von denen drei nur leicht verletzt wurden, konnten selbst zur Lindauer Hütte wandern oder wurden von der Bergrettung aufgegriffen.

Bergrettungs-Einsatzleiter Rainer Schuchter zeigt auf die Stelle des glimpflich ausgegangenen Lawinenabgangs nahe der Drusenfluh.<span class="copyright"> vn/sohm</span>
Bergrettungs-Einsatzleiter Rainer Schuchter zeigt auf die Stelle des glimpflich ausgegangenen Lawinenabgangs nahe der Drusenfluh. vn/sohm

Rückgang von Lawinentoten

Auch bei alpinen Unglücksfällen gilt natürlich: Kein Todesfall ist der beste Fall. Dennoch musste in der aktuellen Saison 2022/23 bisher ein tödlicher Lawinenunfall in Vorarlberg beklagt werden. Am 3. Februar war ein 55-jähriger Mann im Kleinwalsertal unter ein Schneebrett geraten und konnte von den Einsatzkräften nur noch tot geborgen werden.

Je einen Lawinentoten gab es in Vorarlberg auch in den beobachteten Zeiträumen in den Jahren 2021/22, 2020/21 und 2019/2020. Im Vergleich zu den vorherigen Wintern kann hier jedoch von einem deutlichen Rückgang gesprochen werden.

Eine absolute Katastrophensaison für Vorarlberg war hingegen der Winter 2018/2019: Damals, am 12. Jänner 2019, waren in Lech nördlich der Rüfikopf-Seilbahn vier deutsche Wintersportler von einem Schneebrett erfasst und getötet worden. Bereits eine Woche zuvor war es in Vorarlberg zu zwei tödlichen Lawinenunfällen gekommen. In Schoppernau kam ein 26-jähriger Deutscher bei einem Lawinenabgang ums Leben, dasselbe Schicksal ereignete am selben Tag einen 32-jährigen Landsmann im freien Skigelände in Damüls.

Das vierte Todesopfer vom Lawinenunglück im Jänner 2019 in Lech konnte erst Tage später aus einem Lawinenkegel geborgen werden.<span class="copyright"> Polizei</span>
Das vierte Todesopfer vom Lawinenunglück im Jänner 2019 in Lech konnte erst Tage später aus einem Lawinenkegel geborgen werden. Polizei

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