Nach Sensation in Salzburg: Kommunisten wollen auch in Vorarlberg punkten

Politikwissenschaftlerin Katrin Praprotnik sieht den Nährboden für weitere Erfolge.
Magdalena Raos, Julia Schilly
Schwarzach, Wien Kay-Michael Dankl ist eine Sensation gelungen. Mit seiner KPÖ Plus holte er aus dem Stand 11,7 Prozent bei der Salzburger Landtagswahl. Neben der FPÖ zählen die Kommunisten also zu den großen Gewinnern in dem Bundesland. In der zweitgrößten Stadt Österreichs, Graz, stellen sie bereits seit 2021 mit Elke Kahr die Bürgermeisterin, gehören in der Steiermark auch dem Landtag an. Angesichts dieser Erfolge stellt sich die Frage, ob die KPÖ zukünftig auch bundespolitisch reüssieren kann. 2024 findet die nächste Nationalratswahl statt. Auch in Vorarlberg geht kommendes Jahr eine Landtagswahl über die Bühne.
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Schwieriges Pflaster Vorarlberg
Vorarlberg ist traditionell eher ein schwieriges Pflaster für Kommunisten. Das letzte Mal eigenständig bei einer Landtagswahl trat die KPÖ 1989 an und konnte nur 0,7 Prozent der Stimmen holen. Innerhalb des Bündnisses „Gsiberger“ gelang 2009 ebenfalls kein Einzug in den Landtag. Bei der Vorarlberger Wahl 2024 will die KPÖ Plus jedenfalls auf dem Wahlzettel stehen, sagt deren Sprecher Andreas Spechtenhauser VN-Gespräch. „Es ist geplant, dass wir antreten.“

Er selbst war ebenfalls gerade in Salzburg und hat dort die KPÖ-Plus-Kolleginnen und -Kollegen im Wahlkampffinale unterstützt. Spechtenhauser räumt ein, dass die Vorarlberger Kommunisten im Vergleich zu Salzburg nicht ganz so strukturiert sind, zudem gebe es kein eigenes Parteiheim. „Die Themen, die Inhalte sind mehr oder weniger die gleichen“, ist er aber überzeugt und verweist zum Beispiel auf das Wohnen. Zudem habe es viele freiwillige Helferinnen und Helfer gegeben, die etwa an Infoständen tätig waren oder Flyer verteilt haben. „Es ist alles recht spontan und plötzlich entstanden“, erzählt Spechtenhauser.
Kennzeichen Kapitalismuskritik
Johann Brandner war zwischen 1980 und 1991 Parteichef, gilt als Urgestein der Kommunisten in Vorarlberg. Er ist zwar mittlerweile nicht mehr Mitglied, hat den kommunistischen Erfolg in Salzburg aber aus der Ferne genau beobachtet. „Bei der KPÖ liegen im Grunde genommen soziale, sozialpolitische, sozialökonomische Fragestellungen in der D.N.A.“ Anhand dieser würden sie sich auf bestimmte Aspekte konzentrieren. „Es fällt auf, dass das Wohnen in Graz Thema war, und jetzt auch noch einmal in Salzburg.“ Dankl, früherer Grüner und Salzburger Gemeinderat, hatte sich im Wahlkampf tatsächlich vor allem auf leistbares Wohnen konzentriert – und damit Erfolg gehabt.

Für Brandner ist klar: „Als kleinere Partei muss man einen politischen Schwerpunkt setzen. Es geht nicht, dass man zehn Themen auftut.“ Dazu komme der persönliche Einsatz. „Die Leute quatschen nicht nur, die sind bei den Betroffenen. Das geschah in Graz und auch in Salzburg.“
Die Persönlichkeit der handelnden Personen in der Partei spielt aus Branders Sicht eine gewichtige Rolle. Gleichzeitig unterstreicht der langjährige Vorarlberger KPÖ-Chef: „Es geht schon um Kapitalismuskritik. Das ist es, was Kommunisten grundsätzlich auszeichnet.“
Darüber hinaus hätten sich auch die Rahmenbedingungen geändert. „Früher gab es das negative Beispiel mit dem real existierenden Sozialismus. Das war abschreckend.“ Zudem habe sich die KPÖ mittlerweile kritisch mit dieser Frage auseinandergesetzt. „Niemand will etwas Totalitäres. Das traue ich mich mit Sicherheit zu sagen.“
Unzufriedenheit steigt
Für Politikwissenschaftlerin Katrin Praprotnik ist der Erfolg der Kommunisten in Salzburg eine Kombination aus zwei Faktoren, wie sie den VN sagt: Die traditionellen Wählerbindungen nehmen ab, die Bereitschaft zum Wechselwählen wachse. Zweitens herrscht eine große Unzufriedenheit in der Bevölkerung. “Derzeit sagen laut ORF-Wahlbefragung 41 Prozent in Salzburg, dass es sich negativ entwickle. Das waren bei der letzten Landtagswahl halb so viele Personen.”
Auch die Perspektive der jungen Generation sei negativ. 61 Prozent der Befragten erwarten, dass es künftigen Generationen schlechter gehe. 2018 waren es 30 Prozent.” Diese Kombination ist der Nährboden für Oppositionsparteien und Parteien außerhalb der politischen Vertretungen, um sehr achtsame Erfolge zu erzielen.”

Kurzfristige Wahlentscheidung
In Salzburg war auch Dankl ein Grund für das gute Abschneiden, sagt Praprotnik. Er hätte seine Inhalte glaubwürdig vertreten können. “Mehr als 50 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben sich erst zwei bis drei Wochen vorher, oder sogar in den letzten Tagen erst für die KPÖ entschieden. Zum Vergleich: In der Gesamtwählerschaft haben sich die Menschen nur zu 30 Prozent so kurzfristig entschieden.
Die derzeit geschwächte Lage der SPÖ war ein weiterer Baustein des Erfolgs der Kommunisten. “Die Wählerstromanalyse zeigt, dass viele von der linken Seite kamen.” Das betreffe aber nicht nur die SPÖ, sondern auch enttäuschte Wählerinnen und Wähler der Grünen. “Als Juniorpartner in einer Regierung kann man generell nicht so stark das eigene Profil zeigen. Gerade die Grünen können sich nicht mehr als Kontrolleurpartei positionieren.”
Chancen in Vorarlberg
Praprotnik sieht prinzipiell die Möglichkeit für weitere Erfolge der Kommunisten, auch in Vorarlberg. Abnehmende Parteibindung und eine große Anzahl an Unzufriedenen: Dieser Grundsätzliche Befund stimme auch im Land. “Daher haben auch in Vorarlberg neue Akteure ein gewisses Potenzial.”
Voraussetzung sind Spitzenkandidaten und inhaltliche Positionierungen. Gerade in Salzburg sei es nicht so sehr um die kommunistische Ideologie gegangen, sondern mehr um persönliche Themen wie leistbares Wohnen und steigende Preise. Ein letzter Punkt sei, so Praprotnik, wie sich die Teuerung und Inflation weiter entwickeln: “Man wählt ja nicht nur das zukünftige Programm, sondern auch die Vergangenheit – und diese ist die wirtschaftliche Bilanz im eigenen Geldbörsl.”
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