Tödlicher Streit zwischen Rockern und Skins

VN / 01.05.2023 • 05:30 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Tödlicher Streit zwischen Rockern und Skins

Erinnerungen eines Chefermittlers: Norbert Schwendinger über eine Auseinandersetzung, bei welcher ein 20-Jähriger sein Leben verlor.

Lauterach Unauffällig steht es heute da, jenes Haus an der Lauteracher Bundesstraße. Schon lange ist dort Ruhe eingezogen. Kaum jemand weiß mehr von der infernalischen Fehde, ja des beinahe schon mörderischen Gemetzels zwischen Skinheads und „Outsider“-Rockern, zu dem es am 8. Februar 2009 in und vor diesem Gebäude gekommen war. „Überall Blut, schreiende Menschen und zerstörtes Inventar“, erzählte ein Augenzeuge damals den VN. Und ein 20-jähriges Todesopfer, niedergestreckt mit mehreren Messerstichen.

Grablichter beim Clubheim der Outsiders. <span class="copyright">VLACH</span>
Grablichter beim Clubheim der Outsiders. VLACH

Norbert Schwendinger, damals Leiter des Morddezernats, erinnert sich noch an jedes Detail. Und auch daran, wie harmlos das Ganze im Grunde begonnen hatte: „Eine Gruppe von Skinheads feierte zunächst in Wolfurt den Geburtstag eines 20-jährigen Mitglieds. Dann beschlossen sie, sich im Musikpark A 14 noch einen Abschlussdrink zu genehmigen“, schildert der ehemalige Chefermittler.

Ein Skinhead musste damals mit dem Leben bezahlen. <span class="copyright">VLACH</span>
Ein Skinhead musste damals mit dem Leben bezahlen. VLACH

Der Weg dorthin führte am Clubheim der „Outsider“ an der Lauteracher Bundesstraße vorbei. Hier brannte noch Licht, es schien gefeiert zu werden. Schwendinger: „Die Skins, einzelne von ihnen mit den Rockern befreundet, gingen rein und bestellten Bier, das sie auch bekamen.“

Die Feuerwehr durchsucht das "Outsider"-Clubheim nach einem Anschlag.
Die Feuerwehr durchsucht das "Outsider"-Clubheim nach einem Anschlag.

Die Uhr schlug 3.30 Uhr morgens. Alkohol war bereits reichlich geflossen. Nur noch ein Funke genügte, um eine Auseinandersetzung auszulösen. Und so kam es dann auch. „Erst war es ein verbaler Streit. Schließlich wurden die Skins von den Outsidern aufgefordert, das Lokal zu verlassen. Und als dann auch noch die Freundin eines Rockers es wagte, dieser Aufforderung Nachdruck zu verleihen, fühlten sich die Skins in der Ehre gekränkt“, erinnert sich der pensionierte Kriminalist.

Wahllos auf Anwesende eingeschlagen

Und schon flogen die Fetzen. Ein Outsider, der früher selbst mal Mitglied bei den Skinheads war, ging in einen Vorraum, griff zu einem Baseballschläger, kehrte in die Clubräume zurück und schlug damit wahllos auf die Anwesenden ein.

Tödlicher Streit zwischen Rockern und Skins
VN-Bericht vom 11. Februar 2009.

„Beim Ersten, den er erwischte, handelte es sich um ein eigenes Clubmitglied“, erinnert sich Schwendinger. Ein weiterer, 26-jähriger Outsider besorgte sich hinter dem Tresen ein Messer mit einer 36-Zentimeter-Klinge und stach
damit auf die Anwesenden ein, unter anderem auch auf die eigenen Leute.

Tödlicher Streit zwischen Rockern und Skins
Das Clubheim wurde Tage nach der Tat von drei Unbekannten verwüstet.

Und ausgerechnet jener 20-jährige Skinhead, der Geburtstag hatte und abseits von der Rauferei stand, bezahlte die Aggression des Wütenden mit seinem Leben. Er wurde von ihm durch mehrere Messerstiche tödlich verletzt. „Wir rückten nach der Alarmierung mit einem gewaltigen Polizeiaufgebot an“, erinnert sich Schwendinger, „sämtliche Streifen vom Rheintal bis nach Feldkirch wurden zusammengezogen. Und das war auch überaus notwendig. Es ging eine Zeit lang, bis die Situation beruhigt werden konnte und Licht ins Dunkel gebracht wurde.

Tödlicher Streit zwischen Rockern und Skins
Die Verdächtigen wurden schnell gefasst.

Und die Bilanz unter den Streitparteien: ein Toter, ein lebensgefährlich Verletzter und neun Leichtverletzte.“ Der 26-jährige Outsider und Messerstecher wurde später am Landesgericht Feldkirch wegen Mordes und Mordversuchs zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt.

zur person

Norbert Schwendinger

Chefermittler in 28 vollendeten und 60 versuchten Mordfällen in Vorarlberg)

Geboren 5. Dezember 1958 Familie in Lebensgemeinschaft, zwei Kinder

Laufbahn 1979 bis 1991: Gendarmeriebeamter auf den Dienststellen Höchst und Lochau; 1991 bis 1996: Kriminalbeamter bei den Abteilungen Raub und Diebstahl; 1996 bis 2008: Leiter der Diebstahlsgruppe im Landeskriminalamt; 2008 bis 1. August 2019: Leiter der Abteilung LKA 1 Leib/Leben (Mordkommission); am 1. August 2019 ging der heute 63-Jährige in Pension

Buchtipp: Tatort Vorarlberg, wahre Kriminalfälle (zwei Editionen). Die Bücher sind im Buchhandel (u.a. Das Buch im Messepark) erhältlich.

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