Angeblich falscher Vorarlberger Zahnarzt im Visier der Justiz

Ermittlungen wegen des Verdachts der Kurpfuscherei, des Betrugs und der Körperverletzung gegen vermeintlichen Dentisten.
Feldkirch Bereits seit dem Jahr 2016 prescht die Vorarlberger Zahnärztekammer gegen einen ihrer Meinung nach „falschen Zahnarzt“ vor. Damals erfuhr die Kammer von einer Firma im Bezirk Bregenz, deren Schild den Anschein erweckte, es handle sich um eine Zahnarztpraxis. Tatsächlich war jedoch keine der dort angeführten Personen als Zahnarzt in der Kammer eingetragen.
Sie hatten also zu diesem Zeitpunkt keine zahnärztliche Berufsberechtigung in Österreich. Es wurde Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz erstattet und ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.

Wie sich herausstellte, allerdings nur mit eingeschränktem Erfolg. Denn einer der Mitarbeiter dieser angeblichen Praxis gab sich weiterhin als Zahnarzt aus und führte auch Behandlungen durch. Mit haarsträubenden Folgen für unbedarfte Patienten, die sich dem scheinbaren Dentisten anvertrauten.
Qualen nach der Behandlung
So meldeten sich im Jahr 2021 unabhängig voneinander mehrere Patienten bei der Beschwerdestelle der Zahnärztekammer Vorarlberg. Sie berichteten von starken Schmerzen infolge der Behandlung durch den vermeintlichen Zahnarzt. Die Kammer beauftragte daraufhin einen Sachverständigen mit der Erstellung von Gutachten.
Hausdurchsuchung
Susanne Dilp, Pressesprecherin der Zahnärztekammer, gegenüber den VN über das Ergebnis: „Der Sachverständige erkannte einen unmittelbaren Zusammenhang der Beschwerden mit der vermeintlichen zahnärztlichen Behandlung, worauf eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch eingebracht wurde. Es bestand der Verdacht der Körperverletzung, des Betrugs und der Kurpfuscherei. Soweit der Kammer bekannt ist, hat die Polizei die Ermittlungen aufgenommen. Und auch eine Hausdurchsuchung durchgeführt.“

Schmerzengeldforderungen
Parallel dazu haben mittlerweile mehrere geschädigte Patienten eine Zivilklage gegen den Betreffenden eingereicht. Gefordert werden unter anderem Schmerzengeld, Sanierungskosten und Rückforderung der Honorarnoten. Von der Polizei konnten bisher konkret 61 Personen eruiert werden, die in den vergangenen Jahren vom Mitinhaber der Firma zahnärztlich „behandelt“ worden waren. Davon hatten bzw. haben 18 Personen teilweise massive gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten.
Auftrag der Staatsanwaltschaft
Insgesamt 16 Personen schlossen sich als Privatbeteiligte dem Strafverfahren an. Ein von der Staatsanwaltschaft beauftragter Sachverständiger ist aktuell mit der Fertigstellung der Gutachten beschäftigt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist ein zivilrechtliches Verfahren gegen den Beklagten am Landesgericht Feldkirch im Gange.
Chronologie des Falles
April 2016
Die Landeszahnärztekammer Vorarlberg verfasst ein Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft Bregenz wegen fehlender zahnärztlicher Berufsberechtigung von mehreren Personen einer Firma für zahnmedizinische Produkte im Bezirk Bregenz. Insgesamt sechs Personen waren auf dem Firmenschild als Zahnärzte angeführt, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt keine in Österreich anerkannte Ausbildung vorweisen konnten bzw. die teilweise vorgelegten Dokumente nicht anrechenbar waren. Laut Informationen der Kammer wurde daraufhin eine Verwaltungsstrafe verhängt.

Mai 2019
Es folgten weitere Information an die BH Bregenz, dass der Mitinhaber der Firma vermutlich weiterhin zahnärztliche Behandlungen anbietet, obwohl er nicht als Zahnarzt anerkannt ist. Es lag der Kammer bis dato nicht einmal ein Ansuchen auf Anrechnung irgendeiner entsprechenden Ausbildung vor.
März 2021
Weitere Hinweise an die BH Bregenz im Zusammenhang von nichtzulässigen zahnärztlichen Behandlungen.
Juni & September 2021
Zwei Beschwerden von Patientenwegen möglicher Fehlbehandlungen durch den vermeintlichen Zahnarzt in der besagten Firma, laut Aussage der Patienten jeweils von dem Mitinhaber durchgeführt, langten bei der Schlichtungsstelle der Zahnärztekammer ein. Daraufhin wurde von der Kammer ein gerichtlich beeideter Sachverständiger beauftragt. Sein Gutachten ergab einen unmittelbaren Zusammenhang mit den Schmerzen der Betroffenen und der Behandlung durch den vermeintlichen „Zahnarzt“.
Oktober 2021
Aufgrund dessen wurde von der Kammer eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragt, eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Feldkirch zu übermitteln.
Sommer 2022
Erste Zivilrechtsklage gegen den Mitinhaber der besagten Firma eingebracht. Derzeit werden weitere Klagen eingebracht, bisher insgesamt zehn Zivilrechtsklagen.
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