Rufe nach Reform der Pendlerpauschale werden lauter

Aufgrund der Teuerung wurde die Pendlerpauschale erhöht. Experten fordern nun wieder einen Fokus auf den Klimaschutz.
Wien “Die Spritpreise haben sich normalisiert, darum sollte auch die Pendlerpauschale wieder auf das frühere Niveau zurückgeführt werden”, forderte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr Montagabend via Nachrichtendienst Twitter. Es ist ein Thema, das die Gemüter und das Klima gleichermaßen erhitzt. Denn Mitte 2022 wurde die Pendlerpauschale und der Pendlereuro angesichts der massiven Preissteigerungen zeitlich befristet erhöht. Mit 30. Juni endet nun die Entlastungsmaßnahme, die dem Klimaschutz zuwiderläuft. Nun wird über eine Verlängerung und eine Reform in unterschiedliche Richtungen debattiert.
Eine Stimme, die eine Verlängerung fordert, obwohl der Spritpreis wieder gesunken ist, gehört Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Ihr Parteikollege und der zuständige Finanzminister Magnus Brunner berät sich aktuell mit Experten über die Sinnhaftigkeit einer Fortführung. “Alle Maßnahmen werden auf ihre Notwendigkeit und Wirksamkeit analysiert. Aufgabe des BMF ist und bleibt, die langfristige Entwicklung und das Budget im Auge zu behalten”, hieß es wenig konkret aus dem Finanzministerium.
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Pkw wird klar bevorzugt
“Die OSZE drängt seit 1997 darauf, umweltkontraproduktive Maßnahmen zu reformieren”, sagt Wirtschaftswissenschafter Karl Steininger. Er forscht zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels und leitet das Wegener Center für Klima und Globalen Wandel in Graz. Der ursprüngliche Zweck, nämlich Pendler zu unterstützen, solle weiter erfüllt werden – aber eben nicht mit umweltschädlichen Mitteln, sagt der Experte und nennt Ideen: “Ein Element, das vermutlich sinnvoll ist, ist nicht mehr den gesamten Weg vom Wohnort zum Arbeitsplatz zu fördern, sondern nur den Teil des Weges, der zum ersten, gut bedienten, öffentlichen Verkehrsknotenpunkt führt.” Es gehe um eine gleichmäßigere Behandlung der Verkehrsmittel, derzeit werde der Pkw klar bevorzugt.
Pendler erhalten in Österreich die pauschale Unterstützung je nach Entfernung vom Arbeitsplatz und Möglichkeit auf Öffis umzusteigen. Dazu kommt der “Pendler-Euro”, der derzeit als Steuerfreibetrag die Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer senkt. Davon profitieren Menschen umso mehr, je mehr sie verdienen. Im Vorjahr wurde die Pendlerpauschale um 50 Prozent erhöht, während der Pendler-Euro sogar vervierfacht wurde.

Vorhaben im Regierungsabkommen
Nicht nur für die Umwelt, sondern auch soziale Aspekte sprechen für ein Ende der Pendlerpauschale, wie sie derzeit umgesetzt wird. “Die Steuerklasse bestimmt, wieviel man bekommt. Insofern geht das meiste Budget aktuell an Pendler im Bezirk Mödling in Niederösterreich, da dort die reichsten Haushalte sind. Es ist aus sozialen Gesichtspunkten hinterfragenswert, ob man dort am stärksten fördern muss.” Auch für neue Entscheidungen über einen Wohnort ist die Pendlerpauschale kontraproduktiv.
Soziale und ökologische Punkte liefern Gründe zur Reform, sagt Steininger: “Wenn die Pendlerpauschale nun ausläuft, könnte der Zeitpunkt gleich für eine große Reform genutzt werden, die beide Aspekte sinnvoll berücksichtigt.” Das türkis-grüne Regierungsprogramm legte eigentlich schon 2020 im Kapitel zur öko-sozialen Steuerreform eine “Ökologisierung und Erhöhung der Treffsicherheit des Pendlerpauschales” als Vorhaben fest. Das Ziel der Ökologisierung der Pauschale bleibe aufrecht, hieß es jüngst aus dem Klimaschutzministerium. Eineinhalb Jahre hat die Regierung noch Zeit, diese Hausaufgabe zu erledigen.
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