Neuer Rekord vor Stichwahl in der Türkei

Präsidentschaftswahl ist im Ausland bereits beendet.
Wolfurt/Ankara Am Sonntag ist es so weit. Dann geht es in einer Stichwahl darum, wer die Türkei zukünftig als Präsident anführt. Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan (AKP) wird von Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu (CHP) herausgefordert. Es ist die erste Stichwahl in der Türkei überhaupt. Und die mobilisiert die Massen. Im Ausland ist die Stimmenabgabe nämlich seit Mittwochnacht beendet.
Erneut wird eine Rekordbeteiligung vermeldet. In Österreich haben laut türkischer Botschaft 67.726 Auslandstürken ihre Stimme abgegeben. Bei der ersten Wahlrunde waren es noch über fünftausend weniger (62.349 Stimmen). Weltweit gaben bis Mittwochabend 1.839.488 Auslandstürken ihre Stimme ab.
So viele Wähler wie noch nie
So viele Wähler wie noch nie waren auch ins türkische Generalkonsulat in Wolfurt gekommen. 17.634 türkische Staatsbürger haben hier ihre Stimme abgegeben. Wie berichtet, kommen die aber auch aus dem Tirol, Deutschland, der Schweiz und Liechtenstein. Zur ersten Wahlrunde waren 16.534 Türken gekommen, während bei der vorangegangenen Wahl 2018 noch 14.448 Stimmen dort abgegeben wurden.

„Grundsätzlich war diese Wahl schon vor der Stichwahl als Wendepunkt dargestellt worden“, sagt der Vorarlberger Politikwissenschaftler und Türkei-Experte Hüseyin Cicek. Nach dem engen Ergebnis im ersten Wahlgang sei es nun beiden Kandidaten klar gewesen, dass sie wieder ihre Leute mobilisieren müssen. Dazu kommen Diskussionen um eine mögliche Wahlmanipulation. „All diese Entwicklungen haben einen Einfluss, dass die Wähler ihren Kandidaten noch mehr unterstützen.“

Als Favorit geht Amtsinhaber Erdogan in die Stichwahl. „Wir müssen die Zahlen sprechen lassen“, sagt Cicek. Die Opposition habe es offenbar nicht geschafft, wichtige Themen anzubringen. „Zudem konnte sie die AKP-Wähler nicht davon überzeugen, dass eine liberale Demokratie für eine positive türkische Zukunft besser wäre als die konservativ islamische Heilspolitik.“ Die am Montag ausgesprochene Wahlempfehlung des drittplatzierten und damit in der Stichwahl ausgeschiedenen Kandidaten und Ultranationalisten Sinan Ogan für Erdogan erhöht dessen Chancen noch weiter.

Neue Töne von Kilicdaroglu
Derweil hat Kilicdaroglu ungewohnte Töne angeschlagen. Während die Opposition bisher im Wahlkampf vor allem die Wiederherstellung der Demokratie in den Mittelpunkt gestellt hatte, umwarb nach der ersten Wahlrunde nun auch Kilicdaroglu die Wähler des rechtsnationalistischen Lagers und kündigte insbesondere mit Blick auf Syrien in ungewohnter Schärfe an, er werde „alle Flüchtlinge nach Hause schicken, sobald ich an die Macht komme“.

Ein Rechtsruck im Land sieht Hüseyin Cicek darin aber nicht. „Es ist schon ganz rechts“, sagt er. Denn auch die regierende AKP sei eine Rechtspartei. Und die hatte ja bei der Parlamentswahl vor knapp zwei Wochen die meisten Stimmen geholt. „Da der Präsident per Dekret aber am Parlament vorbeiregieren kann, ist die Wahl am Sonntag umso wichtiger.“ Dann wird auch in der Türkei gewählt und es zeigt sich, wer für die erste Stichwahl in der Geschichte mehr Wähler mobilisieren konnte.

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