Stiefvater mit 74 Messerstichen umgebracht

Unter dem Zwang von Dämonen: Der ehemalige Chefermittler Norbert Schwendinger erinnert sich an einen Fall, bei welchem ein 28-Jähriger den Mann seiner Mutter getötet hat.
Feldkirch Am 27. Oktober 2008 rückt ein Aufgebot von Kriminalisten mit Spurensicherung zu einem Mehrfamilienhaus in Feldkirch-Levis an. Im Bad liegt die blutüberströmte Leiche eines 59-jährigen Mannes, sein Körper übersät mit Messerstichen – 74 an der Zahl. Vor dem Haus lässt sich sein 28-jähriger bosnischer Stiefsohn widerstandslos festnehmen. Es ist von Beginn an klar, dass er der Täter ist.

Norbert Schwendinger, damals Leiter des Morddezernates, schildert den Täter als einen Mann, „der sich zum Islam hingezogen fühlte“. Seine Mutter war mit einem gebürtigen Kärntner verheiratet. Doch das Verhältnis zwischen dem 28-Jährigen und seinem Stiefvater war desaströs. Kaum ein Tag, an dem sich die beiden nicht in die Haare gerieten, schilderte ein Nachbar.

Einer der Gründe könnte die Arbeitslosigkeit des Bosniers gewesen sein. „Fakt ist, dass er von seinem Stiefvater aus der Wohnung geworfen wurde“, erinnert sich Schwendinger. Ein Auslöser für einen furchtbaren Akt. Denn nun kam es zu einer dramatischen mörderischen Eskalation, die der damalige Chefermittler so beschreibt: „Der Bosnier ging in seine gegenüberliegende Wohnung und holte dort gleich mehrere Messer. Dann kam es zunächst in der Küche zu einer heftigen wörtlichen Auseinandersetzung.

Schließlich zog der 28-Jährige das erste Messer aus der Hosentasche und stach damit wahllos auf seinen sitzenden Stiefvater ein. Dieser stand auf und versuchte sich zu wehren. Schlussendlich gelang es ihm, den Angreifer an der rechten Hand festzuhalten. Doch der griff mit der linken Hand zu einem weiteren in der Hosentasche mitgeführten Messer, es handelte sich um ein Klappmesser, stieß den Stiefvater zu Boden und stach so lange auf ihn ein, bis der 59-Jährige regungslos da lag.“

Seine Mutter war in jenen schrecklichen Minuten nicht im Haus. Gerichtsmediziner zählten bei der Obduktion des Leichnams 74 Messerstiche. Das Opfer wurde nach der Tat von seinem Stiefsohn ins Badezimmer geschleppt und dort liegen gelassen. Dann zog sich der 28-Jährige aus und duschte. „Danach griff er zu seinem Handy, rief seinen Kumpel an und sagte ihm, dass er seinen Stiefvater umgebracht hat“, erinnert sich Schwendinger.
Anstalt für abnorme Rechtsbrecher
Dieser Kumpel war es dann auch, der umgehend die Polizeiinspektion Feldkirch verständigte. Der 28-Jährige selbst gab an, „von Geistern und Dämonen zu der Tat getrieben worden zu sein“. Gerichtspsychiatrisch wurde ihm später Unzurechnungsfähigkeit attestiert. Er wurde in eine Anstalt für abnorme Rechtsbrecher eingeliefert.
zur person
Norbert Schwendinger
Chefermittler in 28 vollendeten und 60 versuchten Mordfällen in Vorarlberg)
Geboren 5. Dezember 1958 Familie in Lebensgemeinschaft, zwei Kinder
Laufbahn 1979 bis 1991: Gendarmeriebeamter auf den Dienststellen Höchst und Lochau; 1991 bis 1996: Kriminalbeamter bei den Abteilungen Raub und Diebstahl; 1996 bis 2008: Leiter der Diebstahlsgruppe im Landeskriminalamt; 2008 bis 1. August 2019: Leiter der Abteilung LKA 1 Leib/Leben (Mordkommission); am 1. August 2019 ging der heute 63-Jährige in Pension
Buchtipp: Tatort Vorarlberg, wahre Kriminalfälle (zwei Editionen). Die Bücher sind im Buchhandel (u.a. Das Buch im Messepark) erhältlich.