Ladendieb geschnappt: Mehr als nur ein „glücklicher Zufall“

VN / 07.06.2023 • 18:35 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Eva Rietschel gelang es, den Dieb von Brillen aus ihrem Geschäft zu fassen.<span class="copyright"> vn/jun</span>
Eva Rietschel gelang es, den Dieb von Brillen aus ihrem Geschäft zu fassen. vn/jun

Wie Eva Rietschel, Filialleiterin von „Sehen Wutscher“ im Zimbapark, besondere Zivilcourage zeigte.

BÜRS „Ich habe doch nichts gemacht.“ Eva Rietschel ist bescheiden. Für sie war ihr Eingreifen selbstverständlich, als sie mithilfe der Polizei einen Ladendieb geschnappt hat. Am 23. Dezember 2022 kam der georgische Staatsangehörige in das Optikergeschäft „Sehen Wutscher“ im Zimbapark und schaute sich um. Es war ein Tag vor Weihnachten, da war einiges los im Laden. „Ich habe nicht mitgekriegt, dass er da etwas gestohlen hat“, erinnert sich die Filialleiterin zurück. Erst zwei, drei Stunden später ist ihr und ihren Kolleginnen aufgefallen, dass zwei hochwertige Sonnenbrillen fehlten. Auf dem Überwachungsvideo konnte Rietschel dann sehen, dass der Mann sogar zweimal in den Laden spaziert ist und je eine Brille in seinem Ärmel verschwinden lassen hat. Der Mann war Mitte 40, nicht auffällig gekleidet, er fiel keinem auf. „Er war ein Profi“, sagt sie.

Überwachungsvideo

Nach der Sichtung des Überwachungsvideos rief sie die Polizei an und erstattete Anzeige. „Ich habe mich geärgert, dass zwei Brillen weg waren. Die waren zusammen 700 Euro wert.“ Die Polizei wollte die Aussage erst nach den Feiertagen aufnehmen, wenn es etwas ruhiger ist, doch dann lief alles anders als erwartet. Am Tag darauf, also an Heiligabend, ermöglichte ein Zufall die Verhaftung des Ladendiebes.

Vor ihrem Geschäft erkannte die Filialleiterin den Verdächtigen, wie er den Zimbapark verlassen wollte. <span class="copyright">vn/jun</span>
Vor ihrem Geschäft erkannte die Filialleiterin den Verdächtigen, wie er den Zimbapark verlassen wollte. vn/jun

Die Filialleiterin musste geschäftlich etwas erledigen, ging aus dem Brillengeschäft hinaus und sah in diesem Moment den besagten Mann, wie er von der Ladenpassage in Richtung Ausgang ging. „Ich wollte eigentlich mit der Rolltreppe hochfahren, doch dann lief er mir entgegen, unsere Blicke trafen sich. Er wusste ganz genau, dass ich ihn erkannt hatte.“ Wäre sie wenige Sekunden später aus dem Geschäft gegangen, hätte sie ihn verpasst. „Als er mich gesehen hat, ist er wie ein Teufel aus dem Center gerannt.“

“Noch eine Rechnung offen”

Während der Täter die Flucht in Richtung Lünerseepark ergriff, rief die 38-Jährige die Polizei an. Glücklicherweise wusste die Polizistin am anderen Ende der Leitung genau, worum es geht, hatte sie doch am Tag davor die Anzeige aufgenommen. Eva Rietschel nahm die Verfolgung auf, verlor den Dieb aber aus den Augen. Erst als die Polizei kam, sah sie jemanden, der davonrannte. „Er rannte direkt auf mich zu. Ich dachte mir nur: ‚Freundchen, mit dir habe ich noch eine Rechnung offen. Dich schnappe ich mir. Du hast mir zwei Brillen geklaut.‘“

Rietschel packte den Täter am Arm. Als er sich losreißen wollte, ist er bei diesem Versuch gestürzt. Da vier Polizisten vor Ort waren, konnte der Ladendieb gefasst und festgenommen werden. Was Eva Rietschel nicht wusste: Er hatte an diesem Tag noch zwei weitere Diebstähle in anderen Läden begangen. In einem Sack hatte er gestohlene Parfums und hochwertige Sonnenbrillen im Gesamtwert von fast 1500 Euro mitgeführt. „Meine Brillen waren aber weg“, ärgert sich die Filialleiterin.

“Für Gerechtigkeit gesorgt”

Zu ihrem beherzten Eingreifen sagt sie: „Für mich hat das nichts mit couragiertem Handeln zu tun. Ich habe in dem Moment auch überhaupt nicht nachgedacht.“ Sie weiß von der Polizei, dass es für sie hätte gefährlich werden können. Für Rietschel war jedoch die Sache klar: „Das geht einfach nicht, dass man Leute beklaut. Ich habe nur für Gerechtigkeit gesorgt und mir gedacht: ‚Du gehörst zur Rechenschaft gezogen.‘“ Ihr ging es schlicht und ergreifend ums Prinzip. „Ich habe wirklich eigennützig gehandelt. Dass er auch noch anderweitig unterwegs war, wusste ich zu dem Zeitpunkt gar nicht. Doch ich würde es genauso wieder machen. Das ist einfach ein Verhalten, das nicht geht – Punkt.“