Bregenzerwälder Spirit im Big Apple: Wälderin schneidert für US-Stars

Wie Bregenzerwälder Fleiß und Know-how in New York zu einer ganz eigenen Erfolgsstory führen können, zeigt die Karriere von Rita Meusburger. Die gebürtige Eggerin kreiert dort federführend für Marchesa edle Couture-Roben für das „Who ist Who“ aus Hollywood.
Von Christiane Schöhl von Norman
Die Marke Marchesa wurde im Jahr 2004 von Georgina Chapman gegründet. Du bist seit 2009 dabei. Wie fühlt es sich an, praktisch von der Startphase weg den Erfolg begleiten zu dürfen? Fast alle Hollywoodstars haben irgendwann ein Red-Carpet-Kleid von euch getragen.
Ich empfinde es als eine sehr ehrenvolle Aufgabe, die ich mit viel Leidenschaft ausübe. Über die Jahre habe ich viele Stars kennenlernen dürfen. Dabei ist mir immer ein großes Anliegen, deren Privatsphäre zu wahren und einen respektvollen Umgang zu pflegen. Nur so kann die notwendige Vertrauensbasis für diese enge Zusammenarbeit funktionieren.
Wie bist du eigentlich damals zu Marchesa gekommen?
Mein Weg führte von München zunächst nach London, wo ich 6,5 Jahre für Vivienne Westwood sowie eine Saison für das Label Jasmine di Milo jeweils in einer Führungsposition im Bereich Atelier, Schnitt und Design tätig war. Während der Anstellung bei Jasmine di Milo wurde ich von Marchesa kontaktiert und angeworben. Da New York für mich immer schon einen besonderen Reiz ausstrahlte, nahm ich das Angebot an.

Für welchen Bereich bist du genau zuständig? Deine Berufsbezeichnung ist Head Pattern Maker – das klingt interessant.
Mein Zuständigkeitsbereich umfasst die enge Zusammenarbeit mit Georgina Chapman bereits im Entwurfsprozess – also, wenn es darum geht, neue Designkonzepte zu entwickeln. Zu diesem Zeitpunkt wird zunächst am dreidimensionalen Modell, der Modepuppe, mit dem Material in Form von Drapierungen experimentiert. Im Laufe eines intensiven Austauschs entwickelt sich so von der Grundidee schließlich jene Version, die dann tatsächlich realisiert wird. Die große Herausforderung ist, für meist sehr komplexe Formen praktikable und umsetzbare Schnitte zu kreieren, die für die spätere Produktion die Grundlage bilden. Hierbei kommt meinem umfangreichen Wissen und der eigenen Fähigkeit, sämtliche Abläufe auch selbstständig durchführen zu können, eine wichtige Bedeutung zu.
Ich schätze an meiner Arbeit, dass mir ein großer Vertrauensbonus sowie die gestalterische Freiheit seitens der Firma gewährt wird und ich so auch meine eigenen Ideen und Vorstellungen umsetzen kann. Jedes Jahr arbeite ich an vier Couture Ready To Wear- und zwei Brautkollektionen. Dazu kommen Privatkunden oder Anfragen von Celebrities zu Anlässen wie den Oscars, den Golden Globes, die Met Gala oder auch die Filmfestspiele von Cannes. Speziell in diesem Bereich zeichnet sich meine Tätigkeit durch einen sehr engen Kundenkontakt aus, damit die Vorstellungen und Wünsche der Trägerinnen mit der Integrität von Marchesa in Einklang gebracht werden. Für Anproben finden auch des Öfteren Reisen ins Ausland statt.
Worauf achtest du bei deinen Entwürfen? Wie wird ein Entwurf ikonisch?
Wie eingangs bereits erwähnt, arbeite ich dreidimensional. Das bedeutet, ich lasse mich vom Stoff, der eine besondere eigene Haptik mitbringt, leiten und inspirieren. Auch die spätere Trägerin des Kleides habe ich in diesem Stadium vor Augen. Über die langjährige Erfahrung gelingt es mir, in meiner Vorstellung den Entwurf beispielsweise in unterschiedlichen Größen durchzuspielen. Das beeinflusst die Linienführung und Drapierung, die Proportion und die spätere optimale Passform. Mein Ziel ist es, ein Kleidungsstück zu kreieren, in dem sich die Klientin wohlfühlt. Ikonische Entwürfe besitzen die Fähigkeit, im Gedächtnis zu bleiben. Mit ihrer Originalität und Einzigartigkeit schaffen sie es, dass sie zeitlos erscheinen. Meist trägt auch die Verbindung mit bekannten Persönlichkeiten dazu bei, dass ein Kleidungsstück zur Ikone wird.

Was präferierst du persönlich modisch?
Mir persönlich ist das Thema Nachhaltigkeit im Bereich der Kleidung ein großes Anliegen. Das heißt, dass ich nicht zu jenen gehöre, die ständig neue Kleidungsstücke tragen. Ich besitze ausgewählte Vintage-Stücke etwa von Vivienne Westwood, die auch nach zwanzig Jahren nichts an Aktualität eingebüßt haben. Für viele vielleicht überraschend, bevorzuge ich persönlich das Shoppen im Bregenzerwald, mit dem Effekt, dass ich für diese Kleidungsstücke in New York immer wieder Komplimente auf der Straße erhalte.
Welche Bedeutung hat deine Vorarlberger Herkunft für die Arbeit bei Marchesa?
Die Herkunft ist auf jeden Fall sehr prägend. Wir Bregenzerwälder(innen) gelten als sehr fleißig, verlässlich und handwerklich begabt – das sind alles Eigenschaften, die überall sehr geschätzt werden. Auch die Schulausbildung an der HTL Dornbirn sowie das Erlernen der Herrenschneiderei bei Engelbert Ott in Schlins bildeten eine sehr gute Basis für meine heutige Arbeit. In Vorarlberg findet sich auch ein starker Hang zur Pflege von Traditionen. Dies hat dazu beigetragen, dass ich 1994 in Salzburg einen einjährigen Trachtenlehrgang absolvierte. Dort habe ich Stickerei- und Nähtechniken erlernt, die mir bei Marchesa zugutekommen.
Wir stellen uns eine Modemarke gern als Vertreterin eines bestimmten Frauenideals vor. Wie würde dieses Ideal aussehen?
Marchesa ist eine internationale Modemarke, die sich auf elegante Abendkleider und Brautmode spezialisiert hat. Die Ästhetik ist sehr feminin und romantisch. Neben Berühmtheiten findet das Label auch bei Frauen jeden Alters Anklang, die ein ausgeprägtes Interesse für Ästhetik und Individualität aufbringen.
Mit welchem(r) Designer(in) würdest du dich gerne mal auf einen Kaffee treffen? Mit Madeleine Vionnet, da sie zu den großen Couturiers in Paris gehörte, zur Zeit von Chanel und Schiaparelli. Was Vionnet auszeichnet, sind ihre spektakulären Schnittkonstruktionen, die ihrer Zeit voraus waren und noch heute von Relevanz sind.
Was kannst du noch gut außer Kleider designen? Was ist dein Ausgleich zur Arbeit?
Ich habe ein ausgeprägtes Interesse an Sport. Sei es das aktive Ausüben mit Schifahren oder Wandern, aber auch das Mitverfolgen von Formel 1-, Tennis- oder Wintersportevents. Als Ausgleich pflege ich meine Freundschaften und mache gerne Erkundungen innerhalb der USA, abseits der Metropolen.
Dein Lieblingsplatz in New York?
Hierbei fällt mir sofort die East River Ferry ein, die einen unglaublich imposanten Ausblick auf die Skyline von New York bietet und auch nach 14 Jahren einen Wow-Effekt bei mir auslösen kann. Christiane Schöhl von Norman
