Zwischen Reinheit und Revolution

Gesund / 30.06.2023 • 12:01 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Das Frauenmuseum Hittisau eröffnet am 2. Juli eine Ausstellung zum Thema Schmutz und Geschlechterordnung.  <span class="copyright">Volker Haefele (7)</span>
Das Frauenmuseum Hittisau eröffnet am 2. Juli eine Ausstellung zum Thema Schmutz und Geschlechterordnung. Volker Haefele (7)

Das Frauenmuseum Hittisau eröffnet am 2. Juli die Ausstellung “Blitzblank! Vom Putzen – innen, außen, überall”.

Hittisau Die Ausstellung “Blitzblank” widmet sich in sechs Aspekten dem Schmutz in nahezu allen Facetten, wobei soziale, kulturelle, ökonomische, ökologische und religiöse Aspekte im Kontext der Geschlechterordnung den Ausstellungsschwerpunkt bilden.

Die Care-Arbeit bleibt immer noch ein blinder Fleck der herrschenden Ökonomie.
Die Care-Arbeit bleibt immer noch ein blinder Fleck der herrschenden Ökonomie.

Die Definition von Schmutz ist nicht einfach, wie die Direktorin des Frauenmuseums Stefania Pitscheider-Sorapera erklärt. Sie führt das Beispiel an, dass Erde in einem Blumentopf angemessen ist, aber auf dem Tisch als Schmutz gilt.

Männer beteiligen sich immer noch kaum an der Hausarbeit.
Männer beteiligen sich immer noch kaum an der Hausarbeit.

Die Errungenschaft der Zivilisation manifestiert sich in Hygiene und Sauberkeit. Beispielhaft dafür steht die Eindämmung des Kindbettfiebers durch Desinfektion. Doch nicht selten kehrt sich die Zivilisierung der Natur in ihr Gegenteil um, indem Putzmittel und Kosmetika vorwiegend in Plastik verpackt werden.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Youtube angezeigt.

Die allgegenwärtige Präsenz von Mikroplastik illustriert die Ausstellung anhand der “In your Face”-Kampagne von Ocean-Now: Gesichter, die wie mit einer Schönheitsmaske, mit Mikroplastik übersät sind.

Werke der Künstlerin Ona B.
Werke der Künstlerin Ona B.

Ein Frauenmuseum kommt nicht umhin, den Geschlechterkampf zu thematisieren, der sich in Paarbeziehungen und Wohngemeinschaften besonders in Putzkonflikten manifestiert. Neben zahlreichen Künstlerinnen, die sich gegen stereotype Rollenzuweisungen wie “Ein Mädchen, das nicht nett und rein ist, wird niemals eine gute Hausfrau sein” zur Wehr setzten, ist auch historische Werbung im FMH zu sehen, die oft reaktionäre, sexistische oder rassistische Stereotype reproduziert.

Die Errungenschaft der Zivilisation manifestiert sich in Hygiene und Sauberkeit.
Die Errungenschaft der Zivilisation manifestiert sich in Hygiene und Sauberkeit.

Binäre Zuordnungen wie Reinheit und Unreinheit prägen auch religiöse Bräuche und Rituale. Noch heute gilt in vielen Kulturen die Menstruation als unrein und ist von Tabus umgeben, die Frauen zeitweise aus der Gesellschaft isolieren. Wie die Besucherinnen und Besucher das bewerten – als Ausgrenzung oder “Safe Space” – bleibt ihnen selbst überlassen.

Die Definition von Schmutz ist nicht einfach.
Die Definition von Schmutz ist nicht einfach.

Die Care-Arbeit bleibt immer noch ein blinder Fleck der herrschenden Ökonomie, obwohl feministische Ökonominnen seit langem eine Care Revolution fordern. Männer beteiligen sich immer noch kaum an der Hausarbeit. Trotz einer umstrittenen und frühzeitig abgesetzten Kampagne des Frauenministeriums namens “Ganze Männer machen halbe halbe” wurde die geteilte Hausarbeit in Österreich gesetzlich als Teil der ehelichen Pflichten verankert.

Die "Frankfurter Küche" von Margarete Schütte-Lihotzky.
Die "Frankfurter Küche" von Margarete Schütte-Lihotzky.

Besonderer Stolz der Ausstellerinnen ist die “Frankfurter Küche”, die Mutter aller Einbauküchen und Symbol rationaler Haushaltsführung. Gerettet aus dem Sperrmüll, wurde sie für ihre Erfinderin Margarete Schütte-Lihotzky zum Fluch, da Lihotzky – wie viele bürgerliche Frauen – auf ihre Küche reduziert wurde. Sie wurde sogar von Feministinnen kritisiert, die ihr vorwarfen, mit der Küche die Hausfrauenarbeit lediglich effizienter zu gestalten, statt sie in Frage zu stellen. VHA