Bludenz und Bürs planen gemeinsames Heizwerk

Die Bludenzer Stadtvertretung ebnet den Weg zum neuen Nahwärmenetz in Bludenz-Bürs, indem sie die Gesellschaftsgründung der Nahwärme Bludenz-Bürs GmbH beschließt. An dem Nahwärmeprojekt beteiligt sind die illwerke vkw, die Stadt Bludenz und die Agrargemeinschaft Bürs. Ziel ist es, möglichst viel industrielle Abwärme und wenig Biomasse zu nutzen.
Bludenz, Bürs Im Rahmen der jüngsten Sitzung der Stadtvertreter von Bludenz wurde die Gesellschaftsgründung der Nahwärme Bludenz-Bürs GmbH beschlossen, ein gemeinsames Vorhaben von illwerke vkw, Stadt Bludenz und Agrargemeinschaft Bürs. Martin Seeberger, Bereichsleiter Energieeffizienz/Alternativenergien bei illwerke vkw, sagte: „Wir haben von unterschiedlichen Ebenen Druck bekommen, aus fossiler Energie auszusteigen.“ Das neue Heizwerk ist eine Antwort auf diese Herausforderung.

„Raus aus Öl und Gas“ ist in aller Munde. Seeberger wies darauf hin, dass in Vorarlberg noch immer über 60.000 Erdgas- und Ölheizungen im Einsatz sind. Besonders in Bludenz ist der Anteil an erneuerbarer Energie mit 14 Prozent noch gering, während 51 Prozent der Haushalte mit Gas und 36 Prozent mit Öl heizen. Aus diesem Grund soll ein Nahwärmenetz aufgebaut werden, das nicht nur mit Biomasse, sondern auch mit industrieller Abwärme betrieben wird.

Industrielle Abwärme bevorzugt
Als Schlüsselprojekt wurde das Lünerseekraftwerk 2 genannt, von dem man die Abwärme nutzen kann. Ziel ist es, „so viel wie möglich industrielle Abwärme und so wenig wie möglich Biomasse zu verwenden“, so Seeberger. Auch die Firmen Mondelez, Fohrenburg und Getzner sind dazu bereit, ihre industrielle Abwärme für das Heizwerk herzugeben. Solange das Lünerseekraftwerk 2 noch nicht gebaut ist, soll die industrielle Abwärme (25 Prozent) vor allem im Sommer eingesetzt werden. Im Winter, wenn der Heizbedarf steigt, kommt die Biomasse (75 Prozent) unterstützend zum Einsatz. Die zwei Biomassekessel sind technisch auf dem neusten Stand. Zusätzlich wird es einen Ausfallkessel geben, als Redundanz, um ein schnell reagierendes Backup-System im Hintergrund auf fossiler Basis zu haben.
Das erste Ziel des Projekts ist es, rund 15 GWh Wärme zu verkaufen, was etwa 300 Gebäuden entspricht. Dies würde eine jährliche CO2-Einsparung von 3500 Tonnen ermöglichen. Das Wärmenetz selbst soll eine Länge von elf Kilometern haben.

Christian Meusburger, Leiter des Wärmeservices bei illwerke vkw, erläuterte das technische Konzept und betonte, dass das Heizwerk nahe dem Umspannwerk Bürs errichtet werden soll, um die Abwärme des Lünerseekraftwerks 2 effizient nutzen zu können. Jedoch ist eine definitive Standortentscheidung noch nicht gefällt, sondern wird nach der Gesellschaftsgründung mit allen Beteiligten ausgearbeitet. Außerdem gab er einen Überblick über die geplanten Hauptabnehmer, zu denen das Landeskrankenhaus, das ÖBB-Bahnhofsquartier, städtische Gebäude und die Südtiroler Siedlung in Bludenz sowie Firmen im Gemeindegebiet Bürs wie der Zimbapark, Lünerseepark, Schmidt’s und das Gewerbegebiet Bremschlstraße zählen. Das Netz könne man anschließend sukzessive ausbauen. Das Heizwerk Quadrella und das bestehende Nahwärmenetz der Firma Getzner könnten integriert werden. Eine Netzverdichtung im Ortskern Bürs sowie eine Netzerweiterung in Bludenz Unterfeld sind ebenfalls möglich.

Bürgermeister Simon Tschann freut sich, dass die Stadt dazu bereit ist, in die Energieversorgung einzusteigen. „In Zeiten wie diesen und mit Blick in die Zukunft ist es notwendig, solche Projekte zu realisieren“, sagte Tschann. „Ich bin begeistert, dass ein zukunftsweisendes und innovatives Projekt in unserer Region realisiert wird und eine nachhaltige Alternative am Energiemarkt darstellt.“
Die Kosten für das Projekt sind mittlerweile stark gestiegen und belaufen sich auf insgesamt 23,4 Millionen Euro, davon entfallen elf Millionen Euro auf das Heizwerk, zehn Millionen Euro auf das Nahwärmenetz und 2,4 Millionen Euro auf Planungs- und Nebenleistungen. Zum Vergleich: In der Machbarkeitsstudie, die im Frühling 2022 ausgearbeitet wurde, lagen die Gesamtkosten noch bei 16,7 Millionen Euro. Die Stadt Bludenz wird hierzu einen Beitrag von rund zwei Millionen Euro leisten. Die Projektbeteiligten können auf Fördermittel des Landes in Höhe von 25 Prozent (maximal sechs Millionen Euro) hoffen. Hinzu kommen Kapitaleinlagen der Gesellschafter in Höhe von 32,5 Prozent sowie in gleicher Höhe Fremdkapital, die den Großteil der Kosten decken sollen.

800.000 Euro Vorschuss
Um dieses Projekt realisieren zu können, braucht es erst einmal eine Gesellschaft, die Nahwärme Bludenz-Bürs GmbH. Die Stadt Bludenz wird sich mit 26 Prozent an der Gesellschaft beteiligen, 69 Prozent hält die illwerke vkw und fünf Prozent die Agrargemeinschaft Bürs. 800.000 Euro Vorschuss braucht die Gesellschaft. Das ist das Risikokapital, das man aufbringen muss, sonst ist die neu gegründete Gesellschaft nicht handlungsfähig bzw. liquide. Die 800.000 Euro dienen dazu, dass Planungsleistungen vergeben werden können. Für die Stadt Bludenz bedeutet das, dass sie 200.000 Euro vorstrecken muss. Dieser Betrag soll aus der Haushaltsrücklage entnommen werden.

Die Gründung der Gesellschaft ist bis Ende 2023 vorgesehen, gefolgt von der Bewilligungsplanung und Planungsphase nächstes Jahr. Der Baubeschluss soll Ende 2024/Anfang 2025 erfolgen, sodass 2025 mit dem Bau des Heizwerks und mit dem Anschluss des Wärmenetzes begonnen werden kann. VN-JUN

Statements von Stadtvertretern
Bernhard Corn (Team Mario Leiter): Wir vom Team Mario Leiter unterstützen das Projekt ganz klar. Es ist ein Leuchtturmprojekt. Wenn wir die Umweltproblematik anschauen, sind wir ganz klar gefordert, Maßnahmen zu setzen. Mit einem solchen Projekt setzen wir ein starkes Zeichen. Es hat keinerlei Zweifel daran gegeben, dass man dieses Projekt umsetzen will.
Joachim Weixlbaumer (FPÖ): Es ist ein wichtiges Signal, wenn wir uns weiter auf dem Pfad der erneuerbaren Energien bewegen. Wir werden mit diesem Nahwärmeprojekt ein Stück weit auch ein Dienstleister für die Kunden, die dann von fossilen Energien zu erneuerbaren Energien umsteigen werden. Mit den illwerken vkw haben wir einen starken Partner.
Lukas Zudrell (Grüne): Das Projekt ist absolut zukunftsweisend. Zwei Biomassekessel und die Abwärme vom Lünerseekraftwerk 2 sowie die industrielle Abwärme zu nutzen, ist absolut sinnvoll. Lkws dürfen aber nicht durchs Dorf rollen. Eventuell kann man einen Gleisanschluss prüfen.
Christoph Summer (ÖVP): Wir sind alle der gleichen Meinung, dass es ein zukunftsweisendes Projekt für Bludenz ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass es ein richtig lässiges Projekt wird.