Picasso malt Picasso – Der faszinierende Aspekt seiner Selbstporträts

Kultur / 23.07.2023 • 16:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Entgegen der bisherigen Annahme, er habe nach dem Tod seines Freundes Apollinaire keine Selbstporträts mehr gemalt, hat er diese Tätigkeit keineswegs aufgegeben. <span class="copyright">Succession Picasso, 2021</span>
Entgegen der bisherigen Annahme, er habe nach dem Tod seines Freundes Apollinaire keine Selbstporträts mehr gemalt, hat er diese Tätigkeit keineswegs aufgegeben. Succession Picasso, 2021

Ein neues Buch enthüllt die visuelle Autobiografie des Jahrhundertmalers.

München Am 8. April 2023 jährte sich zum 50. Mal der Todestag des Jahrhundertmalers Pablo Picasso (1881-1973). Während sein Werk und sein Beitrag zur Kunstwelt ausgiebig erforscht und dokumentiert wurden, blieb ein faszinierender Aspekt weitgehend im Dunkeln: seine Selbstporträts. Anlässlich dieses besonderen Jubiläums rückt nun ein neues Buch den Ausnahmekünstler und seine Selbstporträts in den Mittelpunkt: “Picasso malt Picasso – Selbstporträts 1894 bis 1972” von Pascal Bonafoux.

Anlässlich des 50. Todestags des Jahrhundertmalers Pablo Picasso rückt ein neues Buch den Ausnahmekünstler und seine Selbstporträts in den Mittelpunkt.   <span class="copyright">Succession Picasso, 2021</span>
Anlässlich des 50. Todestags des Jahrhundertmalers Pablo Picasso rückt ein neues Buch den Ausnahmekünstler und seine Selbstporträts in den Mittelpunkt. Succession Picasso, 2021


Über einen Zeitraum von fast acht Jahrzehnten, von seinem ersten Selbstporträt im Alter von nur dreizehn Jahren im Jahr 1894 bis zu seinem letzten 1972 kurz vor seinem Tod, hat sich Picasso immer wieder in Skizzen, Briefen und auf Leinwänden verewigt. Der französische Schriftsteller, Ausstellungskurator und Kunsthistoriker Pascal Bonafoux hat sich in vierzigjähriger Forschungsarbeit diesem bisher wenig erforschten Kapitel im Werk Picassos gewidmet. Dabei ist es ihm gelungen, 169 Zeichnungen, Gemälde und Fotografien zusammenzutragen, von denen viele der Öffentlichkeit bisher verborgen geblieben waren.

"Picasso malt Picasso - Selbstporträts 1894 bis 1972" von Pascal Bonafoux.  <span class="copyright">Succession Picasso, 2021</span>
"Picasso malt Picasso - Selbstporträts 1894 bis 1972" von Pascal Bonafoux. Succession Picasso, 2021

Das Buch enthüllt Picassos visuelle Autobiografie und gibt Einblicke in die verschiedenen Facetten seiner Persönlichkeit. Doch Picasso wäre nicht Picasso, wenn er sich in seinen Selbstporträts nicht auch der Maskerade und der Selbstinszenierung bedient hätte. Seine Werke zeugen von einem kreativen Spiel mit dem eigenen Ich, in dem er sich selbst nicht unbedingt ähnlich sah. Diese Selbsterkundung zeigt, dass Picasso nicht nur Maler, sondern auch subtiler Beobachter und Meister der Täuschung war.

Pablo Picasso bleibt auch 50 Jahre nach seinem Tod eine faszinierende Persönlichkeit.  <span class="copyright">Succession Picasso, 2021</span>
Pablo Picasso bleibt auch 50 Jahre nach seinem Tod eine faszinierende Persönlichkeit. Succession Picasso, 2021

Besonders spannend ist die Erkenntnis, dass Picasso entgegen bisheriger Annahmen das Selbstporträt nach dem Tod seines Freundes Apollinaire 1918 keineswegs aufgegeben hat. Eine Begegnung mit Picassos Witwe Jacqueline ermöglichte es dem Kunsthistoriker Bonafoux, diese bisher wenig bekannten Werke in einem chronologischen Katalog zusammenzustellen. Der bislang unerforschte Zugang zu Picassos Selbstporträts eröffnet auch neue Perspektiven auf seine Rolle als Mitbegründer der kubistischen Malerei und seine Bedeutung als Wegbereiter avantgardistischer Kunstströmungen.

Ein im April 1949 in Vallauris aufgenommenes Porträt zeigt den spanischen Maler Pablo Picasso auf einem Foto. <span class="copyright">AFP-FOTO</span>
Ein im April 1949 in Vallauris aufgenommenes Porträt zeigt den spanischen Maler Pablo Picasso auf einem Foto. AFP-FOTO

Picassos Kunst offenbart aber auch die Vielschichtigkeit und Rätselhaftigkeit des Künstlers. Bonafoux betont, dass es kaum möglich sei, die Bilder durch einfache Interpretationen zu erschließen. Picasso selbst habe gesagt, dass die Erklärung von Bildern oft in die Irre führe und seine Werke Rätsel aufgeben wie die Sphinx.
Die Selbstporträts zeigen Picasso in verschiedenen Lebensphasen – als Jugendlichen, als erfolgreichen Künstler in seiner Blütezeit und als alten Mann. Mal realistisch, mal zerlegt er sein Gesicht in Einzelteile, arrangiert Augen, Nase und Mund neu und inszeniert sich auf fotografischen Selbstporträts in Macho-Posen. Doch hinter der Fassade verbergen sich auch Ängste und Unsicherheiten, die seine Selbstporträts zu einem Spiegel seiner Seele machen.

Pablo Picassos "Selbstporträt mit Palette" von 1906. <span class="copyright">AP Foto/Museum für Moderne Kunst</span>
Pablo Picassos "Selbstporträt mit Palette" von 1906. AP Foto/Museum für Moderne Kunst

Pablo Picasso bleibt auch 50 Jahre nach seinem Tod eine faszinierende Persönlichkeit, deren Selbstporträts weiterhin Rätsel aufgeben. Mit “Picasso malt Picasso – Selbstporträts 1894 bis 1972” liefert Pascal Bonafoux der Kunstwelt einen unverzichtbaren Schatz bisher kaum bekannter Werke und öffnet die Tür zu einem tieferen Verständnis des Mannes, der zu Recht als der berühmteste Künstler des 20. Jahrhunderts gilt.

Pascal Bonafoux „Picasso malt Picasso – Selbstportraits 1894 bis 1972“

Aus dem Französischen von Michaela Angermair und Sibylle Nottebohm

224 Seiten, 169 Farbtafeln