Hoch lebe das Ehrenamt

Der Höchster Eric J. Jaeger kümmert sich um die historische Aufarbeitung und die Archivarbeit in der Gemeinde Höchst.
Von Lena Gruber
Höchst Es sind alte Urkunden, Verträge und jede Menge Fotos, die sich in den Archivräumen der Gemeinde Höchst stapeln. Für die Gemeinde sind die Dokumente jedoch von historischer Bedeutung und es wäre viel zu schade, sie dem Verfall oder gar der Vernichtung preiszugeben. Dass dem nicht so ist, dafür sorgt Eric J. Jaeger (57) mit einem engagierten Team an seiner Seite.
Auf den Spuren der eigenen Wurzeln
„Ich wollte immer schon wissen woher ich stamme und wie ich verwurzelt bin“, erzählt der in Höchst lebende Eric J. Jaeger. Sowohl die Großeltern mütterlicherseits als auch väterlicherseits stammen aus der Rheindeltagemeinde, sind aber anfangs des 20. Jahrhunderts nach New York ausgewandert. Seine Eltern und er haben dann in Amerika das Licht der Welt erblickt. „Bereits mit 15 Jahren habe ich ein Interesse für Geschichte entwickelt und angefangen, Dinge, die mir meine Oma erzählt hat, aufzuschreiben“, kann sich der Höchster noch erinnern. Im selben Alter konnte er sich zudem für die Ahnenforschung begeistern. Inzwischen betreibt der studierte Wirtschaftsingenieur seit rund 40 Jahren Ahnenforschung – und das mit großer Leidenschaft. Beim Ahnenforschungsverein in Lustenau gilt er als Spezialist für die US-Themen.

Hüter der Kulturschätze
Wie eine ordnende Hand wühlt er sich durch das Konvolut an Papier, bewertet, sortiert und geht der Ahnenforschung nach. „Wir sind ein ganzes Team und arbeiten seit 2014 in unterschiedlichen Gruppen“, betont Jaeger. Inzwischen gibt es ein Fototeam, aber auch ein Schaudepot, in dem alte Gegenstände aufbewahrt und der Bevölkerung gezeigt werden.
Ich habe meine Stunden einmal hochgerechnet. Ich investiere ungefähr 500 ehrenamtliche Stunden in die Aufbereitung der Höchster Geschichte.
Eric J. Jaeger, 57, Ahnenforscher und Hobbyarchivar

„Viele Menschen hatten Geräte und wenn man sie nicht mehr gebraucht hat, hat sich die Frage gestellt, was man damit macht“, so der Höchster. Während es anfänglich 200 Exponate waren, ist das im Jahr 2017 gegründete Höchster Schaudepot inzwischen stolzer Besitzer von rund 700 Gegenständen. Dabei ist vom Mixer bis zum Pflug alles mit dabei. Das Schaudepot weist somit eine Vielzahl an Museumsstücken auf. Sie stammen größtenteils aus dem frühen 20. Jahrhundert und veranschaulichen den Alltag in der Rheindeltagemeinde durch Arbeits- und Alltagsgegenstände. „Die Menschen haben kleinere Häuser und wissen nicht, wo sie das ganze Zeug unterbringen sollen“, weiß der Ahnenforscher.
Geschichte als Film festhalten
Die Geschichten vergangener Zeiten sollen aber auch für jüngere Generationen anschaulich gemacht werden, weshalb der Ahnenforscher sein Wissen in diversen Filmen zur Schau stellt. „Bei meinem Dokumentarfilm zum Bombenkrieg haben wir drei Termine vereinbart und mit zehn Leuten pro Vorführung gerechnet. Dass der Film auf so reges Interesse gestoßen ist, dass wir schlussendlich den ganzen Pfarrsaal gefüllt haben, hat mich wirklich überrascht“, so Jaeger. Für ihn ist es aber auch ein Zeichen dafür, dass die Menschen durchaus an der Geschichte der Gemeinde interessiert sind und zugleich eine Bestätigung, sich weiter dafür zu engagieren. Neben einem Film zum Bombenkrieg gab es auch schon eine Produktion über die Firmen Blum und Grass, die in der Gemeinde Höchst tief verwurzelt sind.

Zeitintensiv
Die Teamarbeit hervorzuheben ist Jaeger wichtig, denn nur gemeinsam funktioniert so ein großes Vorhaben. Alle Museumsstücke werden umgelagert, gereinigt und konserviert. Abschließend werden die Objekte fotografiert, beschrieben und in einer Datenbank erfasst. „Die Arbeit ist sehr zeitintensiv, ich verbringe oft ganze Abende, um Interviews mit älteren Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohnern zu führen“, erzählt Jaeger. Hinzu kommt noch die Koordinierung der Termine mit Zeitzeugen sowie die anschließende Archivarbeit. Wenn der Hobbyarchivar mit seinem Stativ und Kamera auftaucht, kann es schon einmal vorkommen, dass seine Interviewgäste nervös werden. Mit „g’hörigem“ Höchster Smalltalk gelingt es ihm aber immer wieder, die Zeitzeugen in den Bann zu ziehen. „Einmal hat mir eine Person sieben Stunden lang ihre Lebensgeschichte erzählt“, lacht der Höchster. Dass die Menschen mit ihm die intimsten, guten sowie schlechten Momente teilen, schätzt der Hobbyarchivar.

Andere engagieren sich ehrenamtlich bei der Feuerwehr, bei der Rettung oder beim örtlichen Musikverein. Ich engagiere mich ehrenamtlich für die geschichtliche Aufarbeitung in der Gemeinde.
Eric J. Jaeger, 57, Ahnenforscher und Hobbyarchivar
Die Dorfgeschichte ist aber auch eng an den Höchster Dialekt geknüpft. „Die jüngere Generation spricht meist den Vorarlberger Standard-Dialekt, weshalb viele urhöchster Worte zunehmend verloren gehen“, bedauert der Wirtschaftsingenieur.
Ehrenamt schätzen
„Alles was in der Zeitung steht, ist wiederzufinden. Die mündlichen Erzählungen über alte Haushaltsgeschichten gehen aber mit dem Aussterben der älteren Generationen verloren“, weiß Jaeger. Deshalb möchte er seine Arbeit auch an die Jüngeren weitergeben. „Es hat viel mit der Erziehung zu tun, wie Kultur bzw. Geschichte in der Familie vermittelt und auch gelebt wird“, glaubt der 57-Jährige. Dennoch hat er Verständnis dafür, dass es nicht jeden interessiert. „Man muss das zur Kenntnis nehmen. Es ist gut, dass jede und jeder andere Vorlieben hat“, erzählt Jaeger.

Seiner Ansicht nach ist das Ehrenamt besonders in Vorarlberg aber ein wichtiges Gut. „Wir werden unser gesellschaftliches Niveau nur halten können, wenn das Ehrenamt weiterlebt”, so der gebürtige Amerikaner.
Sein Ziel ist es, „in der Datenbank jede Höchsterin und jeden Höchster zu erfassen und anschließend ein Buch darüber zu schreiben“, verkündet er stolz. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Rheindeltagemeinde erfordert sehr viel Zeit. „Ich helfe und es ist keine Einbahnstraße. Ich bekomme es doppelt und dreifach zurück, in dem ich anderen Menschen in der Gemeinde eine Freude mache“, freut sich Jaeger.
ERic J. Jaeger
GEBURTSDATUM 19. Mai 1966 in Jersey City, USA
WOHNORT Höchst
AUSBILDUNG Studium zum Wirtschaftsingenieur an der Fachhochschule Dornbirn
BERUFLICHE TÄTIGKEITEN 11 Jahre Betriebsleiter bei der Firma Grass in Höchst, 11 Jahre Betriebsleiter bei der Firma Beiser in Götzis, 12 Jahre Leiter der Supply Chain bei der IDENTEC SOLUTIONS in Lustenau
FAMILIE verheiratet mit Birgit, Vater von 3 Kindern: Benedict (29), Vincent (27) und Madeleine (25)
HOBBYS Ahnenforschung, Arbeiten beim Schaudepot
MOTTO Alles für zukünftige Generationen bewahren!