Ungewissheit prägt das Bild

Viele Fragezeichen bei einigen Klubs vor Startschuss in der ICE Hockey League.
Schwarzach Heute startet die neue Saison der win2day ICE Hockey League. Nachdem ich gestern an dieser Stelle die Teams auf den Plätzen 1 bis 6 nach dem Grunddurchgang prognostizieren durfte, finden Sie nachfolgend jene Mannschaften, die auf den Plätzen 7 bis 13 zu finden sein werden.
HCB Südtirol. Die Südtiroler führten vergangene Saison im entscheidenden Finalspiel bis kurz vor Schluss. Salzburg drehte die Partie, und Bozen musste sich mit dem Vizemeistertitel begnügen. Wie jeden Sommer kamen und gingen zahlreiche Legionäre, sieben Neue werden 2023/24 das HCB-Trikot überstreifen. Die desaströse Bilanz in den bisherigen Champions-Hockey-League-Spielen (vier Partien, vier Niederlagen, Torverhältnis 4:21) könnte eine Bozner Untugend noch verstärken: die Ungeduld. Seit Ligazugehörigkeit 2013/14 gab es erst zwei Trainer, die länger als ein Jahr am Stück in Bozen werken durften. Gut möglich, dass es für Neo-Headcoach Niklas Sundblad ein kurzes Engagement wird.
Vienna Capitals. Die Wiener sind eine der stabilsten Organisationen in Österreichs Eishockey. Der zweifache Meister hat sechs Mal in Serie das Halbfinale erreicht und sowohl bei Trainer- als auch Legionärsverpflichtungen in der jüngeren Vergangenheit ein gutes Händchen bewiesen. Heuer hat man mit Marc Habscheid von den Pioneers zwar einen erfahrenen Cheftrainer verpflichtet, allerdings sind gleich die sieben teaminternen Topscorer aus der Vorsaison nicht mehr unter Vertrag. Die Prognose: Wiens Abo aufs Halbfinale endet 2023/24.

HC Innsbruck. Die Tiroler waren letztes Jahr die größte Überraschung der Liga. Am Ende stand zwar das Viertelfinal-Aus, aber Platz drei nach dem Grunddurchgang bescherte den Haien die Teilnahme an der Champions Hockey League. Headcoach Mitch O’Keefe lotste die letzten drei Jahre immer exzellente Legionäre nach Innsbruck, allerdings ist die Kadertiefe stets ein Problem. Verletzungen von Leistungsträgern können die Tiroler nur schwer kompensieren.
Asiago Hockey. „Der Star ist die Mannschaft“ lautet eines der abgedroscheneren Klischees im Teamsport. Bei Asiago ist der Star demgegenüber definitiv der Trainer. Tom Barrasso, zweifacher Stanley-Cup-Champion als Spieler, wurde im Sommer in die Hockey Hall Of Fame gewählt. Als Headcoach führte er Asiago, der mit 6400 Einwohnern mit Abstand kleinste Liga-Ort, in der ICE-Debütsaison gleich in die Pre-Play-offs. Dem gelungenen Einstand folgt heuer eine Konsolidierung.
HK Olimpija Laibach. Beim einzigen slowenischen Vertreter ist der Stamm an einheimischen Spielern solide, das Damoklesschwert namens Finanzen hängt aber immer über dem Team und limitiert oft die Sprünge, die man so am Spielermarkt machen kann. Ein erneutes Verpassen der Play-offs wäre darum wenig verwunderlich.
Bemer Pioneers Feldkirch. Es kann nur besser werden. Der einzige Vorarlberger Erstligist hatte in seiner Premierensaison an mehreren Fronten zu kämpfen: Fehlende Kadertiefe, Verletzungspech und ein Re-Branding, das nicht überall positiv wahrgenommen wurde. Zudem waren die Pioneers 2022/23 ein 50-Minuten-Team. Spiele wurden zwar lange offen gehalten, die Konkurrenz machte aber meist in den letzten zehn Spielminuten kurzen Prozess. Im Frühjahr übernahm Vereinsikone Dylan Stanley das Traineramt. Wenige kennen Team und Umfeld so gut wie er, seine Bekenntnisse zu Jugendarbeit und Entwicklung heimischer Spieler sind anders als bei Branchenkollegen nicht nur welche, die auf der Lippe getragen werden. Dennoch mutet die Kaderqualität im Vergleich zu anderen Vereinen immer noch (zu) mäßig an.
Graz 99ers. Ein Vierteljahrhundert werden die 99ers aus der Steiermark in dieser Saison alt, die wenigen Konstanten dieser Periode sind hohe Personalfluktuation, seltene sportliche Erfolge und das völlige Fehlen einer wie auch immer gearteten Identität. Mit Johann Pennerborn wurde vor eineinhalb Jahren ein Coach verpflichtet, der zuvor jahrelang das schwedische Spitzenteam Färjestad betreute (ein Fußball-Äquivalent: Man stelle sich vor, Hartberg zieht Pep Guardiola an Land). Aber an den drei genannten Punkten konnte auch er in seinem ersten Jahr nichts ändern. Die Zusammensetzung des Kaders trägt nun die Handschrift des Schweden, allerdings sind auf den wichtigen Positionen noch mehr Fragezeichen als bei den Konkurrenten im Tabellenkeller.

Martin Pfanner ist selbstständiger Journalist, TV-Kommentator und Sendungsproduzent. Er arbeitet u. a. für PULS 24 und das Streaming-Portal DAZN. Eishockey und American Football sind seine großen Passionen.