Die Magie von Geschichten und Kunst

Vortrag von Konrad Paul Liessmann anlässlich des 35-jährigen Jubiläums des Kulturvereins allerArt in Bludenz.
Darum geht’s:
- Vortrag über Kultur von Philosoph Konrad Paul Liessmann
- Kultur hat viele Bedeutungsformen und verzaubert alles, womit sie verbunden ist
- Kunst vermittelt Genuss und Freiheit durch Geschichtenerzählen
Bludenz Mit dem Vortrag „Kultur ist alles, aber nicht alles ist Kultur“ des renommierten Philosophen Konrad Paul Liessmann in der Remise in Bludenz ging am vergangenen Samstag eine abwechslungsreiche Kulturwoche anlässlich des 35-jährigen Bestehens des Kulturvereins allerArt zu Ende. „Professor Liessmann ist in Vorarlberg kein Unbekannter, nicht zuletzt, weil er auch wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech ist, das nächste Woche wieder startet“, erklärte Wolfgang Maurer, Obmann von allerArt, in seiner Begrüßung.

Konrad Paul Liessmann sei einer breiten Öffentlichkeit auch deshalb bekannt, weil er kein „Philosoph im Elfenbeinturm“ sei, sondern sich in Büchern, Kolumnen, Essays und Vorträgen mit dem Zeitgeschehen auseinandersetze: „Er schreibt und spricht über Verschwörungstheorien, über Tendenzen der Unbildung im Schulsystem, über künstliche Intelligenz und Maschinenmenschen, über das Unbehagen in der Demokratie, über die Verflachung der Sprache und über Tendenzen im Kunstbetrieb“.

Und er resümierte: „Er ist ein Aufklärer im besten Sinne des Wortes, der die Hoffnung nicht aufgegeben hat, dass der Nutzen des Denkens für das Leben dessen Nachteile überwiegt. Und er zeigt, was es heute bedeuten könnte, Mensch zu sein“.
Kultur in unterschiedlichsten Bedeutungsformen
„Wenn man von Kultur spricht, weiß man gar nicht, wie viele Kulturen dieses Phänomen in ihrem Namen tragen“, betonte Konrad Paul Liessmann. Er zitierte den Kulturwissenschaftler Thomas Macho: „Kultur ist ein Zauberwort, das alles verzaubert, womit es in Verbindung kommt.“ Konrad Paul Liessmann erläuterte dies an einigen Beispielen wie Jugendkultur, Gesprächskultur oder auch Wohnkultur: „Wenn man das Wort Kultur dranhängt, verzaubert es noch das heruntergekommenste Gebäude.“ Der Begriff ‘Streitkultur’ ist für den Philosophen ein Unwort: „Entweder streitet man oder man hat Kultur. Streiten heißt immer, dass jemand recht haben will – und das ist keine Kultur. Aber auch der Begriff Freizeitkultur ist für mich fragwürdig. Reicht nicht das Wort Freizeit?“.

Liessmann bezog die im Publikum anwesenden Lehrer und Schüler mit aussagekräftigen Beispielen in seinen Vortrag ein: „Mit der Kultur ist es wie mit den Kompetenzen in der Schule. Jedes Fach kann damit in Verbindung gebracht werden.“ Das Wort Kultur stamme vom lateinischen Begriff agricultura ab und bezeichne das Formen, Gestalten und Veredeln einer Naturlandschaft, der Gegenbegriff sei Wildnis: “Das ist unbebaute, sich selbst überlassene Natur, die wir in Österreich kaum noch finden. Kultur hat immer mit Gestaltung zu tun. Der Mensch ist ein zur Kultur verurteiltes Wesen, wir können uns nicht uns selbst überlassen.”

Während früher Gebrauchsgegenstände hergestellt und verschönert wurden, diente die Kunst der Entfaltung von Phantasie, Fiktionen und Geschichten, die schön und spannend waren und die Zeit vertrieben. Die ersten Höhlenmalereien waren die Geburtsstunde der Kunst, ein Ausgleich für die Kranken, Alten, Schwachen und Frauen, die in der Höhle bleiben mussten, während die anderen auf die Jagd gingen“. Kunst vermittle den Genuss, etwas zu erleben, ohne es erleiden zu müssen: „Im Erzählen von Geschichten erleben wir Freiheit“.
BI