Philosophicum Lech in die 26. Auflage gestartet

Vorträge und Diskussionen über Hoffnung und die damit verbundenen Herausforderungen.
Lech Das Philosophicum Lech ist am Dienstagnachmittag mit zwei Diskussionen inoffiziell in seine 26. Saison gestartet. Der wissenschaftliche Leiter Konrad Paul Liessmann definierte den Satz „Alles wird gut“ als treibende Kraft, sich dafür einzusetzen, dass die Dinge besser werden. „Hätten wir diese Zuversicht nicht, würden wir nach dem Motto ‘nach uns die Sintflut’ handeln. Das Wesen der Hoffnung besteht darin, an positive Entwicklungen zu glauben, auch wenn es wenig Grund dafür gibt.“ Hoffen gegen die rationale Angst, auch das gehöre zum Begriff der Hoffnung.

Es gebe viele Gründe zu verzweifeln, wenn man über den Krieg in der Ukraine spreche, könne man trübsinnig werden. Trotz der vielen Opfer sei aber eines sicher: „Das offensichtliche Scheitern von Putins Plänen gibt Hoffnung, weil es zeigt, dass autokratische Willkürherrschaft in Europa keinen Platz hat.“

Ludwig Muxel, Obmann des Trägervereins, sprach von einer neuen Ära, wenn die Konferenz ab nächstem Jahr in den Räumen der Lech Welten, dem neuen Gemeinde- und Kulturzentrum, stattfinden kann. Mit ausverkauften oder fast ausverkauften Vorträgen habe man in diesem Jahr eine Größe erreicht, die man nicht weiter steigern wolle, um dem Publikum die Möglichkeit zu geben, sich an den Diskussionen zu beteiligen.

Seit vielen Jahren hat der philosophisch-literarische Auftakt am Mittwochabend durch Konrad Paul Liessmann mit dem Mitbegründer des Philosophicums, Michael Köhlmeier, Tradition. Der Literat gibt den Impuls, der Philosoph interpretiert, diesmal unter dem Motto „Die Büchse der Pandora“, eben jene Büchse, die Sterblichkeit, Krankheit, Laster – und auch die Hoffnung enthielt. Aber ist Hoffnung nicht etwas Gutes? Für Nietzsche war die Hoffnung das schlimmste aller Übel, denn „der Mensch, so sehr er auch von den anderen Übeln gepeinigt wird, wirft das Leben nicht weg, sondern lässt sich immer wieder quälen“ und verlängert so letztlich die Qual.

Anhand dreier Erzählungen von Michael Köhlmeier, der Geschichte von der schönen Pandora, dem Umgang Jesu mit Lazarus und dem Schicksal des fliegenden Holländers, der durch einen Fluch dazu verdammt ist, mit seinem Geisterschiff bis zum Jüngsten Tag über die Meere zu irren, ging Liessmann der Frage nach, ob die Hoffnung das Schlimmste ist, was uns Menschen widerfahren kann, oder ob ihr nicht doch etwas Tröstliches innewohnt.
Beim Magna Impulsform am Donnerstag vor der offiziellen Eröffnung diskutierten namhafte Expertinnen und Experten mit Konrad Paul Liessmann unter der Moderation von Michael Fleischhacker zum Thema „Lasst alle Hoffnung fahren – Stehen wir am Eingang zur Hölle?“ Nein, sagte die Journalistin Nermin Ismail: „Wenn eine Hoffnung stirbt, entsteht vielleicht eine neue.“ Und Helga Rabl unterstützte Stadler: „Hoffnung ist eine Orientierungshilfe in unsicheren Zeiten.“ Auch Pater Martin Werlen ist überzeugt: „Hoffnung ist keine reine Projektion des Menschen, auch Tiere haben Hoffnung, Hoffnung ist in der ganzen DNA der Schöpfung.“ Jörg Phil Friedrich: „Wenn wir Gott als den unendlichen Schöpfer denken, der uns so viel Freiheit geschenkt hat, dann traut er uns auch zu, verantwortungsvoll damit umzugehen.“ Ganz so positiv sieht es Liessmann allerdings nicht: „Hoffnung ist immer ein Einspruch gegen eine unerbittlich erscheinende Wirklichkeit. Diese Hoffnung lässt uns aber auch unerträgliche Zustände ertragen.”

Von Freitag bis Sonntag wird konkretisiert, was wir von den biologischen Voraussetzungen, der Sterblichkeit oder den Fortschritten der künstlichen Intelligenz erwarten oder erhoffen können. Eingeladen sind unter anderem die Philosophinnen und Philosophen Christine Abbt, Catrin Misselhorn, Christian Dries und Peter Strasser sowie die Rhetorikerin Francesca Vidal, der Historiker Philipp Blom, der Ökonom Fred Luks, der Theologe Hartmut von Sass, die Biochemikerin Renée Schroeder und der Soziologe Harald Welzer.
Am Freitagabend findet die Verleihung des Tractatus, des Essaypreises des Philosophicums, statt. Das Programm ist ab Samstag auf www.vol.at abrufbar.