Warum Karlheinz Koch in Meiningen für mehr Transparenz kämpft

Politik / 01.10.2023 • 18:06 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Warum Karlheinz Koch in Meiningen für mehr Transparenz kämpft
Karlheinz Koch (l.) wünscht sich mehr Einsicht in seine Gemeinde. VN/Gabriele Tschütscher, VN/Geraldine Reiner

Die Einstellung zur Transparenz in österreichischen Behörden ist noch immer ein Problem. Das zeigt sich vor allem in kleineren Gemeinden.

Wien, Meiningen Karlheinz Koch hat ein Problem. Der 65-Jährige möchte seit Jahren erfahren, wie hoch der Bezug „seines“ Bürgermeisters ist. Doch Koch darf nicht in den Personalakt von Thomas Pinter schauen – obwohl er Obmann des Prüfungsausschusses in Meiningen ist. Dieser hält in seinem Bericht über den Rechnungsabschluss 2021 fest: „Die Einschau in die monatlichen Gehaltsnachweise und den Jahreslohnzettel wurden seitens des Bürgermeisters und der Gemeindekassiererin abermals verweigert.“ Und weiter: „Der Prüfungsausschuss regt abermals an, solche ‚sensiblen Daten‘ allenfalls von anderer Stelle prüfen zu lassen.“

Aktuell verhandelt die Bundesregierung über die Abschaffung des Amtsgeheimnisses, auf der politischen Agenda steht das seit mittlerweile über zehn Jahren. Das „Forum Informationsfreiheit“ ist mit dem aktuellen Verhandlungsstand – vor allem, was die Rahmenbedingungen für kleinere Gemeinden betrifft – aber unzufrieden.

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„Man soll es wissen dürfen“

Nach der VN-Recherche über die Bezüge aller Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Land meldet sich Koch – mittlerweile pensionierter Finanzbeamter. Ihm sei Transparenz ein großes Anliegen, sagt er den VN, vor allem wenn es um die Verwendung von Steuergeld geht: „Korruption kann man nur mit Transparenz bekämpfen.“ Er betont außerdem, dass er „auf hohe Bezüge keinesfalls neidisch“ sei: „Gute Leute sollen gut bezahlt werden!“ Nur solle man es wissen dürfen. Die VN erhielten im Rahmen ihrer Recherche trotz mehrmaliger Nachfrage keine Antwort auf die Frage nach dem genauen Bezug.

Zwischen 1995 und 2005 war Karlheinz Koch Bürgermeister von Meiningen und 2020 mit Hund Coco zu Besuch in der VN-Redaktion. <span class="copyright">VN/Geraldine Reiner</span>
Zwischen 1995 und 2005 war Karlheinz Koch Bürgermeister von Meiningen und 2020 mit Hund Coco zu Besuch in der VN-Redaktion. VN/Geraldine Reiner

Und Koch darf es auch nicht wissen. Ihm wird von Thomas Pinter die Auskunft darüber ebenfalls verweigert. Dieser schreibt zwar auf VN-Anfrage: „Die Mitglieder des Prüfungsausschusses können selbstverständlich in die Gebarung der Gemeinde Meiningen und in alle Unterlagen Einsicht nehmen.“ Nur nicht in seinen Personalakt, weil der Prüfungsausschuss keine explizite Prüfung des Bürgermeistergehalts, und ob dabei das Gemeindegesetz eingehalten wird, beschließt. Die Mehrheit der Ausschussmitglieder gehört zur Liste der ÖVP. Wie der Bürgermeister. Altbürgermeister Karlheinz Koch ist der einzige „Oppositionelle“ im Prüfungsausschuss und fühlt sich in seiner Kontrolltätigkeit oft alleingelassen.

„Korruption kann man nur mit Transparenz bekämpfen.”

Karlheinz Koch, Obmann Prüfungsausschuss, Meiningen

„Wer zieht deswegen schon vor Gericht?“

Der Umgang mit der Information über das genaue Bürgermeistergehalt ist ein Sinnbild für die Einstellung zur Transparenz in vielen österreichischen Behörden. Oft bleiben explizite Anfragen unbeantwortet oder die Erteilung einer Auskunft wird monatelang hinausgezögert, sagt Markus Hametner, Vorstandsmitglied des „Forum Informationsfreiheit“, zu den VN. Und das sei ein Problem: „Regelmäßig werden Informationen geheim gehalten, bei denen die Verwaltungsgerichte später entscheiden würden, dass das nicht rechtmäßig war. Aber wer zieht wegen solcher Dinge schon vor Gericht?“ Am Vorarlberger Landesverwaltungsgericht wurden im vergangenen Jahr fünf Beschwerden nach dem Auskunftsgesetz behandelt, 2021 war es eine.

Markus Hametner ist Vorstandsmitglied des „Forum Informationsfreiheit“. <span class="copyright">Christian Müller</span>
Markus Hametner ist Vorstandsmitglied des „Forum Informationsfreiheit“. Christian Müller

Die Regierungsparteien verhandeln aktuell über die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Die Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer, sagte zuletzt, dass sich die Gespräche in der Zielgeraden befänden. Im aktuellen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz ist eine Ausnahme für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern angedacht, gewisse Informationen nicht proaktiv veröffentlichen zu müssen. Das sei absurd, sagt Hametner: „Das bedeutet nämlich, dass man Informationen in kleinen Gemeinden nur bekommt, wenn man sich mit dem Bürgermeister anlegen kann und in Zukunft vielleicht nicht mehr auf ihn angewiesen sein wird.“ Wo jeder jeden kennt, spiele außerdem der soziale Druck eine Rolle: Viele Menschen wollen in der Gemeinde nicht als Querulanten gesehen werden.

Intransparentes Förderwesen

Aber gerade in den Kommunen gäbe es einen Schatz an Informationen, die durchaus angefragt werden könnten. Hametner erwähnt etwa Förderungen für Kultur und Sportvereine: „Manche Orte listen das ganz transparent in der Gemeindezeitung auf, andere halten das völlig geheim.“ Doch diese Informationen seien relevant: „Vielleicht möchte ich wissen, mit wie viel Geld der Fußballverein in der Nachbargemeinde gefördert wird, gegen den ich in der Liga spiele.“

„Manche Orte listen die Förderungen für Kultur- und Sportvereine ganz transparent in der Gemeindezeitung auf, andere halten das völlig geheim.“

Markus Hametner, „Forum Informationsfreiheit“

Außerdem könnten Einwohner einer Gemeinde etwa wissen wollen, wie viele Gemeindewohnungen betrieben werden, welche Bauvorschriften für bestimmte Grundstücke gelten oder wie viel öffentliche Gelder in ausgelagerte Betriebe fließen. Doch bei all diesen Themen sind die Bürger und Bürgerinnen für Auskünfte auf eine Gemeinde mit einer Einstellung zu Transparenz angewiesen. Wie Karlheinz Koch das auch wäre.

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