VN-Interview: Stefan Stachniß – Innovation in der Geschichtsvermittlung

Der neue Obmann des Geschichtsvereins Bludenz setzt sich für vielseitige Zugänge zur Regionalgeschichte ein.
Bludenz Der Geschichtsverein Region Bludenz wählt laut den Statuten alle drei Jahre einen neuen Vorstand. Nachdem Michael Kasper, der mittlerweile zum Direktor des Landesmuseums ernannt wurde, die letzten drei Jahre als Obmann tätig war, ist seit einigen Monaten der Bludenzer Stadtarchivar, Stefan Stachniß, sein Nachfolger.
Herr Stachniß, worin liegt der Unterschied zwischen Ihrer Arbeit als Stadtarchivar und als Obmann des Geschichtsvereins Region Bludenz?
STACHNISS Der Unterschied liegt grundsätzlich einmal in der Form der Anstellung beziehungsweise in der ehrenamtlichen Tätigkeit. Als Stadtarchivar ist man mit einem vielseitigen Spektrum an Aufgaben betraut. Es umfasst unter anderem die Bewertung von Dokumenten, deren Ordnung, Erschließung und Verwaltung sowie die Bereitstellung. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Schriftgut aus der Verwaltung. Wir sind aber auch erfreut, wenn Dokumente aus dem Privaten ans Stadtarchiv übergeben und damit Lücken geschlossen werden können.
Wie sieht Ihr weiterer Aufgabenbereich aus?
STACHNISS Anfragenbeantwortung von Interessierten, wie etwa Genealogen, Historikern und Forschungs- oder Ausstellungsprojekte zählen zu meinen Aufgaben, genauso wie die Organisation von Veranstaltungen zu historischen Themen. Als Vereinsobmann beim Geschichtsverein bin ich Vorsitzender bei den Sitzungen und der Jahreshauptversammlung sowie für koordinierende und verbindende Aufgaben zuständig. Als Obmann hat man auch die Möglichkeit, entsprechende Schwerpunkte zu setzen und die Vereinstätigkeit weiterzuentwickeln. Dabei darf ich auf ein eingespieltes Team im Vorstand zurückgreifen, das bereits seit vielen Jahren die Vereinstätigkeit bestens stützt.
Es gibt also auch Überschneidungen?
STACHNISS Überschneidungen gibt es insbesondere bei Veranstaltungen sowie bei inhaltlichen Fragestellungen und Forschungsarbeiten. Von den kurzen Informationswegen und vom Austausch profitieren die Stadt, die Mitglieder des Geschichtsvereins und die Besucher von Veranstaltungen.
Michael Kasper hat eher einen regionalen Schwerpunkt im Montafon gesetzt. Rückt nun Bludenz durch Ihre Tätigkeit als Obmann wieder mehr in das Zentrum des historischen Interesses?
STACHNISS Durch meine Verbindung zum Stadtarchiv wird hier fast schon automatisch ein Bludenz-Schwerpunkt gesetzt. Dies wird sich bei Veranstaltungen oder durch unterschiedliche Projekte sowie Forschungsarbeiten und deren Förderung zeigen. Trotzdem sind wir ein Verein der Region, dies zeigt sich auch in dem bunten Programm in den Tälern rund um Bludenz. Da dürfen wir auf ein schönes Netzwerk mit aktiven Mitgliedern und vielen Experten zurückgreifen.
Ein Projekt des Geschichtsvereins Region Bludenz ist die Erforschung der Keller in der Altstadt. Wurde damit schon begonnen und was erhoffen Sie sich von den Ergebnissen?
STACHNISS Zu diesem Projekt gibt es erste Überlegungen und Vorbereitungen, hier müssen aber zunächst noch grundsätzliche Rahmenbedingungen wie die Finanzierung geklärt werden. Aus der Erforschung der Keller erhoffen wir uns neue Erkenntnisse zur Stadtgeschichte, dies soll die bisherige Forschung ergänzen und bestenfalls Antworten auf Fragen, die Schriftquellen nicht beantworten können, liefern.
Gemeinsam mit dem Historiker Christof Thöny möchten Sie die Stadtgeschichte von Bludenz auch Schülern und Schülerinnen näherbringen. In welcher Form wird die Geschichtsvermittlung erfolgen?
STACHNISS Über das Förderprogramm culture connected wurde bereits mehrmals eine Zusammenarbeit mit Schulklassen ermöglicht. In Workshops lernen die Schülerinnen und Schüler die Geschichte der Stadt und das Stadtmuseum kennen. Anschließend erarbeiten sie Inhalte und Führungen und treten selbst als Kulturvermittler auf. Dadurch wird jungen Menschen die Geschichte vor Ort nähergebracht, diese Form der Vermittlung soll weiterhin stattfinden.
Ein aktuelles Projekt ist eine Online-Plattform für den Friedhof in Bludenz. Was beinhaltet dieses Projekt?
STACHNISS Im Rahmen des Stadtlabors Bludenz und gemeinsam mit dem Verein ProFrieda werden die Informationen des Friedhofs besser zugänglich gemacht. Es wird ein digitaler Friedhofsplan online gestellt, worin nach Verstorbenen gesucht werden kann. Sowohl Grabplatz als auch Geburts- und Sterbedaten können herausgefunden werden, dies wird als Serviceleistung unter anderem für genealogische Forschung eine Erleichterung sein. Zudem werden Informationen über die Geschichte des Friedhofs selbst, Ehrengräber oder Persönlichkeiten vermittelt.
Wie sieht es mit dem weiteren Ausbau des Stadtlabors Bludenz aus? Was ist dort noch geplant?
STACHNISS Die Plattform wird neben der Verlinkung zu ProFrieda und der Seite für die persönlichen Geschichten und Erinnerungen ein Bludenz-Lexikon erhalten. Fakten rund um die Geschichte der Stadt werden dort in kompakter und übersichtlicher Form präsentiert. Unsere Experten aus dem Geschichtsverein liefern dafür die Texte. BI
zur person
STEFAN STACHNISS
GEBOREN 1992
FAMILIE ledig
WOHNORT Schnifis
BERUFLICHER WERDEGANG Masterstudium der Geschichte an der Universität Innsbruck, seit 2019 Archivar in Bludesch, seit 2020 Archivar in Bludenz, Bürs und Nüziders
HOBBYS Lesen und Karate