Ausdrucksstarke Hommage an Franz Michael Felder

Sophia Weinmann (38) illustriert ein Bilderbuch für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren.
Bregenz/Dornbirn Die Vorarlberger Künstlerin Sophia Weinmann illustrierte im Auftrag des schweizerischen NordSüd Verlags ein ganz besonderes Bilderbuch. “Ich war ein unruhiger Kopf – Aus dem Leben des Franz Michael Felder” richtet sich mit einer Botschaft an Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren: Lasst euch nicht kleinreden, von niemandem. Die Bebilderung entstand während ihrer Schwangerschaft: in Begleitung und Verbindung mit ihrem kleinen Sohn in ihrem Bauch, tauchte sie ein Stück weit in ihre eigene Kindheit ein. Das macht das 64-Seiten zählende Werk, gemeinsam mit den Texten des renommierten Autors Heinz Janisch, zu einer zarten und gleichsam ausdrucksstarken Hommage an eine große historische Persönlichkeit aus dem Bregenzerwald. Die 38-jährige Ausnahmekünstlerin gibt im Interview mit den VN Einblick in einen außergewöhnlichen Schaffungsprozess.

VN: Das Bilderbuch “Ich war ein unruhiger Kopf – Aus dem Leben des Franz Michael Felder” wird am Samstag, 18. November um 15 Uhr im Spielboden Dornbirn präsentiert. Ist es das erste Bilderbuch, das Sie illustriert haben?
Sophia Weinmann: Tatsächlich habe ich bereits zwei Kinderbücher illustriert. Zum einen die von Kurt Dornig verlegte Geschichte von Daniil Charms („Die Reise nach Brasilien“). Da sind die Illustrationen auch in der Ausstellung “Sechs auf einen Streich” in der Galerie QuadrART in Dornbirn zu sehen gewesen. Außerdem durfte ich vor vielen Jahren eine eigens für mich geschriebene Geschichte von Monika Helfer mit dem Titel „Runde Augen“ illustrieren. Diese wurde allerdings nie veröffentlicht und blieb einer unserer gemeinsamen, verborgenen Schätze. Neu für mich hingegen war die Zusammenarbeit mit einem Verlag.
VN: Bilderbücher tragen zwei Ebenen in sich: eine Bild- und eine Textebene. Welche Geschichte erzählen Ihre Illustrationen? Welche Schwerpunkte haben Sie in die Bildaussage gesetzt?
Sophia Weinmann: Da ich auch in meinen eigenen künstlerischen Bildern zumeist erzählerisch oder manchmal auch in Kombination mit Text arbeite, hat sich der Prozess nicht so stark unterschieden, wie man vielleicht annehmen würde. Die größte Herausforderung war für mich wohl, dass ich erst am Ende meiner Schwangerschaft mit dem Felder-Projekt beauftragt worden war und es so in einem enorm intensiven Schaffensprozess innerhalb einer sehr besonderen Zeit entstanden ist. Der Verlag gab mir von Anfang an ein ungewöhnlich hohes Maß an Freiheit in meiner persönlichen Vorgehensweise und setzte sehr viel Vertrauen in mich, da es im Grunde nur diese einmalige Chance gab, die Bilder für das Buch noch vor der Geburt meines Kindes zu verwirklichen.

VN: Sie zeichnen von Hand mit Tusche und so wie Sie es im Augenblick des Zeichnens spüren. Was haben Sie beim Entstehen der 25 Illustrationen gespürt?
Sophia Weinmann: Die große Liebe zu den Tieren einerseits und zur Literatur andererseits, die ich mit Felder teile und deswegen sehr mitfühlen konnte, spiegelt sich wohl auch in meinen Bildern wider. Ich kenne die Enge, die das Aufwachsen im Bregenzerwald für einen kreativen Geist bisweilen darstellen kann, selbst von früher sehr gut. Deshalb habe ich versucht, der Magie Weite und dem Zauber des Schreibens und Lesens Felders Ausdruck zu verleihen. Auch für mich waren die Bücher in jungen Jahren ein unermesslich kostbarer Zufluchtsort und sie haben mir geholfen, meinen eigenen Geist zu weiten und zu beflügeln.
VN: Welche Rolle spielte Ihre Schwangerschaft für den künstlerischen Prozess?
Sophia Weinmann: Durch das Zeichnen der Felder-Illustrationen während dem Ende meiner Schwangerschaft konnte ich – in Begleitung und Verbindung mit meinem kleinen Sohn in meinem Bauch – ein Stück weit in meine eigene Kindheit eintauchen. Ich habe mich mit dem Geist von Felder während der Arbeit sehr verbunden gefühlt. Fast so, als wäre er persönlich da gewesen, um mir und meinem Kind einen Blick in sein einmaliges Leben und Empfinden zu gewähren. Das war sehr berührend. In Vorausschau darauf, bald einen eigenen kleinen Buben durchs Leben begleiten zu dürfen und zeitgleich im Rückblick das Leben eines anderen kleinen Jungen, der groß wird, denkt, liebt, lebt und stirbt in Bilder zu fassen, das war sehr eindrücklich und besonders für mich. Ich habe wirklich jede freie Minute und jeden Tag gezeichnet, und zwar bis zum dem tatsächlichen Tag der Geburt. So sind alle fertig geworden. Alle bis auf eine. Mein Sohn entschied, sich zwei Wochen zu früh auf den Weg zu machen.
VN: Können Sie sich vorstellen, weitere Kinderbücher zu illustrieren? Oder sehen Sie sich zukünftig als Sophia Weinmann in der Gegenwartskunst, in der Sie bereits eine renommierte Rolle innehaben?
Sophia Weinmann: Auch wenn ich wohl innerhalb der Bildenden Kunst am meisten zuhause bin, kann ich mir sehr gut vorstellen, weitere Kinderbücher zu illustrieren – besonders, wenn mir ein solch großes Maß an künstlerischer Freiheit in der Umsetzung gewährt wird, wie es bei diesem Projekt der Fall war.
VN: Werden Sie auch wieder zu Ihrem Pseudonym Sophie Thelen zurückkehren?
Sophia Weinmann: Mein Pseudonym Sophie Thelen hat zwar eine sehr große persönliche Bedeutung für mich – die Lebensphase, die von diesem Namen umhüllt und begleitet wurde, ist nun aber ganz abgeschlossen. Mit der Geburt meines Sohnes hat ein vollkommen neuer Lebensabschnitt für mich und für uns als Familie begonnen. Deswegen werde ich in Zukunft mit meinem echten Namen, Sophia Weinmann, weiterarbeiten – sowohl in der Bildenden Kunst als auch im Illustrationsbereich, je nachdem, was sich ergibt und was sich richtig anfühlt.

VN: Was fasziniert Sie an der Persönlichkeit Franz Michael Felder?
Sophia Weinmann: Ich finde es faszinierend, wie Franz Michael Felder durch seinen besonderen, feinsinnigen Geist Weite und Licht in die engen und dunklen Täler des Bregenzerwaldes hineinzuholen vermochte. Er musste viele schwere Schicksalsschläge verkraften und hat in seinen Werken auf wunderbare, eindrückliche Weise große Literatur aus den Missständen und Sorgen gemacht, die er zu bewältigen hatte. Er fand – trotz Widerständen – den Mut, aufzustehen, sich gegen Ungerechtigkeiten einzusetzen und sich für die Schwachen, Armen und Unverstandenen stark zu machen. Das beeindruckt mich tief.

VN: Wie war die Zusammenarbeit mit dem langjährigen und renommierten Kinderbuchautor Heinz Janisch?
Sophia Weinmann: Die Zusammenarbeit mit Heinz Janisch war einfach nur wunderbar! Abgesehen davon, dass er ein großartiger Autor ist und mir sein Text eine fantastische Vorlage zum Zeichnen bot, wäre dieses Buch ohne die Begegnung mit ihm niemals entstanden! Nur durch sein großes Vertrauen in meine Fähigkeiten und seine kostbare Wertschätzung, welche er mir von Anfang an entgegenbrachte, habe ich den Mut fassen können, das Buchprojekt, trotz der nahenden Geburt meines Sohnes, anzunehmen. Heinz war – wider meine Sorgen und Zweifel – felsenfest davon überzeugt, dass ich es schaffen könnte, noch vor der Geburt die wichtigsten Bilder entstehen zu lassen. Durch seine besondere Zuversicht und seinen liebevollen Zuspruch wagte ich es und stürzte mich, gewissermaßen in letzter Sekunde, ins Buchabenteuer.
VN: Die Veröffentlichung des Bilderbuches steht unmittelbar bevor. Wie geht es Ihnen?
Sophia Weinmann: Ich freue mich sehr darauf, das Buch zum ersten Mal in den Händen halten zu dürfen und auf das Wiedersehen mit Autor Heinz Janisch, meinen Verleger Herwig Bitsche, Kurt Dornig, der das Layout gestaltet hat und den liebevollen Mitarbeitenden aus dem NordSüd Verlag, sowie Walter Fink vom Felder Verein. Sie alle haben mich sehr unterstützt und es ermöglicht, dass dieses Buch entstehen konnte. Jetzt bleibt mir zu hoffen, dass ich alle Veranstaltungen – zusammen mit meinem kleinen Sohn – gut meistern werde.
VN: Ein Blick in die Zukunft: Was kommt als nächstes?
Sophia Weinmann: Für nächstes Jahr habe ich bereits zwei Ausstellungseinladungen erhalten. Auf alles, was ich gemeinsam mit meinem kleinen Sohn beruflich schaffen kann, freue ich mich von Herzen, aber selbstverständlich bleiben er und die Fürsorge für ihn vorerst das Allerwichtigste für mich.
CRO
Zur Person:
Name: Sophia Weinmann
Wohnort: Bregenz
Familie: verheiratet, ein Sohn (Ehemann: Robert Weinmann, Sohn: Oskar Weinmann)
Studium: Hochschule für Gestaltung und Kunst Luzern, Universität für Angewandte Kunst Wien (Mag. Art), La Cambre Brüssel, Hochschule für Bildende Kunst Dresden (Meisterschüler-Diplom)
Veranstaltungen:
Freitag, 17. November, 17 Uhr
Buchhandlung Rapunzel Dornbirn
Signierstunde mit Heinz Janisch und Sophia Weinmann
Samstag, 18. November, 15 Uhr
Spielboden Dornbirn
Lesung und Gespräche: Heinz Janisch und Sophia Weinmann
Musik: Evelyn Fink-Mennel und die fiddlecats
Sonntag, 19. November, 11 Uhr
Gebhard-Wölfle-Saal Bizau
Lesung und Gespräche: Heinz Janisch und Sophia Weinmann
Musik: Evelyn Fink-Mennel und die fiddlecats
Sonntag, 19. November, 18 Uhr
Theater Kosmos Bregenz
Vernissage der Ausstellung der Illustrationen von Sophia Weinmann
Es sprechen Walter Fink, Felder-Verein, und Herwig Bitsche, NordSüd Verlag.
Die Künstlerin ist anwesend.