Fracking: Konzession am See wird zum Handelsgut

Vorarlberg / 19.12.2013 • 19:17 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Fracking: Konzession am See wird zum Handelsgut

Schiefergas am Bodensee: Briten erhalten Konzession und dürfen sie verkaufen.

Freiburg. (VN-tm) Heute gibt das Regierungspräsidium Baden-Württemberg offiziell bekannt, dass die beiden Konzessionen des britischen Unternehmens Parkyn Energy Germany, das auf einem 2574 Quadratkilometer großen Gebiet am Bodensee nach Schiefergas suchen will, verlängert werden. Und dies, obwohl die Briten offen zugaben, dass sie ernsthaft erwägen, die Konzessionen in der Folge zu verkaufen.

Koalition auf Distanz

Es hat noch einmal gedauert. Bereits im September ließ Joachim Müller-Bremberger von der Bergbehörde in Freiburg durchblicken, dass die Konzessionen nach einjährigem Hin und Her erteilt würden. Die Proteste aus 108 betroffenen Kommunen und Behörden am Ufer des Trinkwasserspeichers Bodensee entzündeten sich an der Förderung der begehrten Rohstoffreserven. Beim sogenannten „Fracking“ wird Wasser mit Chemikalien vermischt unter hohem Druck ins Gestein gepresst, um das Gas so freizukriegen.

Der Cocktail ist so giftig, dass CDU und SPD im Koalitionsvertrag darauf Bezug nehmen: „Nach den vorliegenden Untersuchungen zur Umweltrelevanz ist der Einsatz der Fracking-Technologie bei der unkonventionellen Erdgasgewinnung – insbesondere bei der Schiefergasförderung – eine Technologie mit erheblichem Risikopotenzial“, steht da. „Die Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt sind wissenschaftlich noch nicht hinreichend geklärt. Trinkwasser und Gesundheit haben für uns absoluten Vorrang. Den Einsatz umwelttoxischer Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten lehnen wir ab.“ Von einem deutschlandweiten Verbot ist freilich nicht die Rede.

Als am Bodensee die Parkyn Energy Germany nach Monaten auf der Wartebank im Herbst mit Unterlassungsklage drohte, kam wieder Bewegung in ihr Anliegen. Bei der Parkyn Energy Germany handelt es sich um eine Tochter der Firma 3Legs Ressources mit Sitz auf der Isle of Man. In deren Quartalsbericht vom 22. August 2013 wurde offen darüber diskutiert, dass sie ihre Aufsuchungslizenzen in Baden-Württemberg zu Geld machen will. Dient der Antrag auf Verlängerung der Lizenzen demnach ausschließlich zum Aufrechterhalten eines möglichst großen Claims, den man anschließend gewinnbringend verkaufen will?

Das haben die Behörden nun noch einmal geprüft. Und kamen zum Schluss, dass allfällige Verkaufsabsichten keinen Hinderungsgrund für die Lizenzvergabe darstellen, heißt es im Umweltministerium in Stuttgart.

Stichwort. Parkyn Energy

Die Parkyn Energy Germany mit Sitz in Dublin ist eine 100-prozentige Tochter des britischen Unternehmens 3Legs Resources. Seit 2007 sucht und erschließt die Firma nichtkonventionelle Öl- und Erdgasvorkommen. 3Legs besitzt Lizenzbeteiligungen in Polen und Deutschland. In Polen bezeichnen sich die Briten als „das führende Unternehmen bei der Erschließung von Schiefergas“. Auf den Konzessionsfeldern Konstanz und Biberach wollen die Briten einerseits Tonschiefer aus dem ältesten Erdzeitalter, dem Paläozoikum, in 2500 bis 3000 Metern Tiefe erkunden, andererseits das konventionelle Lagerstättenpotenzial 1500 bis 2000 Meter tief im Erdreich abschätzen. Dafür bieten die verlängerten Konzessionen zwei Jahre Zeit. Die Briten werden das Gebiet in 120 Kilometer lange Blöcke unterteilen. Speziallastwagen werden in Kolonnen diese Strecken abfahren. Sie senden Schallwellen ins Erdreich, etwa zwischen Ravensburg und Pfullendorf. Sind die vermuteten Schiefergasvorkommen tatsächlich ergiebig, wird die Parkyn Energy Germany den Rohstoff mittels Fracking heben wollen oder die Daten verkaufen. Rechtlich, heißt es im baden-württembergischen Umweltministerium, sei das unbedenklich.