Streit um Funkenzunft

Der Historiker Manfred Tschaikner zweifelt am 350-Jahr-Jubiläum der Funkenzunft Bludenz.
bludenz. Die Funkenzunft Bludenz feiert ihr 350-jähriges Bestehen mit großem Pomp: Am kommenden Sonntag veranstaltet sie den Landesnarrentag. Tausende Besucher werden erwartet, Dutzende Sponsoren unterstützen die Veranstaltung. Auf Werbeplakaten und im Internet wird mit dem Jubiläum geworben. Der Historiker Manfred Tschaikner lässt sich davon nicht beeindrucken. Er bezweifelt, dass der Verein tatsächlich so alt ist, wie er vorgibt zu sein.
Tschaikner kennt sich aus im Mittelalter, hat unter anderem zu Hexenverbrennungen in Vorarlberg publiziert. Er hält es für ausgeschlossen, dass es im Jahr 1664 so etwas wie eine Funkenzunft gegeben hat. Tschaikner hat sich durch die Stadtratsprotokolle jener Zeit gewühlt und nicht einen einzigen Hinweis auf den Verein gefunden. „Ich kenne jeden Zettel“, sagt er. Auch die Umstände sprechen laut dem Experten dagegen. Einerseits hätten Zünfte im Mittelalter einen völlig anderen Zweck gehabt – sie waren offizielle Zusammenschlüsse von Handwerkern. Andererseits habe sich das Wesen der Fastnacht seit jener Zeit gravierend verändert. Dem unorganisierten Wesen der Festlichkeiten von damals würde ein Verein im heutigen Sinne nämlich strikt zuwiderlaufen. Deswegen wirft Tschaikner den Bludenzer Funkenzünftlern eine „komplette Geschichtsverfälschung und -fälschung“ vor. Im besten Fall, so der Historiker, sei der Verein 80 bis 90 Jahre alt.
Die Funkenzunft hält ihrerseits dagegen. Für Alt-Zunftmeister Anton Kuthan ist es nur logisch, dass es kein gestempeltes Dokument gibt, in dem die Gründung des Vereins festgehalten wird. Das, meint er, widerspreche dem anarchischen Kern der Fastnacht: „Der Narr stellt sich ja außerhalb der gesellschaftlichen Ordnung, damit er sie hinterfragen kann.“
Rückendeckung
Das Gründungsjahr 1664 beruhe auf internen Überlieferungen. In jenem Jahr habe es einen Zusammenschluss gegeben, um die „überschäumende Fasnat in Schranken zu weisen“. Hier sieht Kuthan den Ursprung seines Vereins.
Rückendeckung erhält die Funkenzunft vom Verband Vorarlberger Fastnatzünfte (VVF) und der Stadt Bludenz. VVF-Präsident Michèl Stocklasa will sich nicht darüber streiten, ob ein Verein „zehn Jahre älter oder jünger ist.“ Denn: „Vieles in der Fasnat ist überliefert und muss nicht auf das Jahr genau stimmen.“ Der Bludenzer Bürgermeister Mandi Katzenmayer räumt zwar ein, dass es im Stadtarchiv keinen Hinweis auf das Alter des Vereins gebe. Unterschied mache das sowieso keinen: „Durch den Landesnarrentag ist eine landesweite Großveranstaltung in Bludenz zu Gast.“ Dementsprechend hoch ist auch die Unterstützung ausgefallen – knapp 20.000 Euro in direkten Aufwendungen und Leistungen der Stadt.