Sporschill: „Herbert Sausgruber ist sich für gar nichts zu schade“

Seit 50 Jahren kann sich Georg Sporschill auf Herbert Sausgruber verlassen.
Götzis. Samstagabend war die Götzner Kulturbühne AMBACH brechend voll, Roma-Kinder aus Rumänien musizierten gemeinsam mit den „Laguzzen“ aus Vorarlberg und der „Sibiblue Friendship Band“ des Industriellen Norbert Zimmermann aus Wien. Als dann die elfjährige Ema aus einem Slum im siebenbürgischen Hosman mit voller Stimme ein Lied sang, war das Publikum nicht mehr zu halten. Begeisterung, aber auch Rührung, waren groß. Das Konzert fand zugunsten des Sozialprojektes „Elijah“ statt. Organisiert hatte es Alt-Landeshauptmann Herbert Sausgruber. Er unterstützt damit auch seinen langjährigen Freund (seit 50 Jahren), Jesuitenpater Georg Sporschill, der hinter dem Projekt steht. Die VN haben sich mit den beiden unterhalten.
Herr Dr. Sausgruber, seit Sie als Landeshauptmann zurückgetreten sind, hört man von Ihnen nur noch im Zusammenhang mit dem Sozialprojekt „Elijah“ von Pater Georg Sporschill. Was hat Sie dazu bewogen, sich gerade hier zu engagieren?
Sausgruber: Das ist ein Pionierprojekt: Pater Sporschill und Ruth Zenkert gehen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie der Vorarlbergerin Angela King dorthin, wo die Not am schlimmsten ist. Sie reden nicht theoretisch herum, sondern packen an und geben damit den Roma eine Chance. Wenn man die Situation vor Ort sieht, müsste man aus Stein sein, wenn einen das nicht bewegen würde: Wie Familien mit Kindern in Slums leben, in einem Mitgliedsland der EU, also bei uns in Europa – das ist eine Schande. Da muss man Menschen, die konkret anpacken, unterstützen.
Sie selbst sind Obmann des „Elijah“-Unterstützungsvereins. Was heißt das?
Sausgruber: Ich stehe im Hintergrund, leiste organisatorische Beiträge und helfe, Unterstützer zu finden.
Pater Sporschill, wie haben Sie den Alt-Landeshauptmann für die Zusammenarbeit gewonnen? Ist es „nur“ die Freundschaft zwischen Ihnen aus der gemeinsamen Zeit im Innsbrucker Priesterseminar?
Sporschill: Die Wurzel ist sicher, dass wir uns seit 50 Jahren kennen: Zuerst waren wir gemeinsam im Priesterseminar, dann haben wir beide im Amt der Landesregierung gearbeitet (Sporschill war vor seinem Ordenseintritt in der Erwachsenenbildung tätig; Anm.). Und als der Landeshauptmann, der nur zwei Tage älter ist als ich, in Pension gegangen ist, habe ich mir gedacht, er hat sicher noch mindestens so viel Energie wie ich zur Verfügung. Also habe ich den Herbert gebeten, mich zu unterstützen. Und er hat sofort Ja gesagt.
Hat Sie das überrascht?
Sporschill: Nein. Es hat mich auch nicht überrascht, dass ihn das Amt des Landeshauptmanns menschlich nicht verändert hat. Und zwar in dem Sinn, dass er sich für nichts zu schade ist. Für keinen Dienst. Und sei er noch so klein, er leistet ihn.
Herr Dr. Sausgruber, was ist das Besondere an Georg Sporschill?
Sausgruber: Da gibt es einiges zu sagen. Vor allem ist er geradezu ein Genie im Ansprechen von Menschen zur Mitarbeit und zur finanziellen Unterstützung. In Kombination mit Ruth Zenkert, die die operative Führung bei dem Projekt hat, ergibt das eine große Wirkung.
Vor zweieinhalb Jahren sind Sie, Georg Sporschill, mit Ruth Zenkert, nach Hosman im rumänischen Siebenbürgen gezogen, um mit den dortigen Roma zu leben. Viele andere Sozialprojekte sind in der Vergangenheit gescheitert. Wie geht es Ihnen?
Sporschill: Wir sind angetreten, um ein Experiment zu machen. Und bei einem Experiment weiß man nie, was zum Schluss herauskommt. Unser Ehrgeiz ist es, zu versuchen, mit der Roma-Bevölkerung zusammenzuleben. Das ist spannend, es geht um zwei Fragen: Nehmen sie das an, halten wir das aus? Heute kann ich immerhin schon sagen, dass wir in den drei Dörfern (Hosman, Nou, Tichindeal; Anm.) viele Freunde gefunden haben. Einige von ihnen würden mit uns durch Dick und Dünn gehen. Außerdem haben viele Menschen erkannt, dass man sich selber helfen kann, ja muss. Dadurch ist eine Aufbruchsstimmung entstanden.
Sie arbeiten ja sehr viel mit Musik.
Sporschill: Neben Sozialzentren, in denen sich die Menschen u. a. waschen können, haben wir eine Perle errichtet; das ist die Musikschule, die ein gebürtiger Vorarlberger gestiftet hat: Casa Sonja. Das ist unser Herz. Weil die Musik die Talente unserer Kinder am meisten anspricht, und weil sich daraus Freude, Disziplin, Arbeit und vieles mehr entwickeln können.
Wie können Vorarlberger helfen?
Sausgruber: Wir brauchen immer Unterstützung. Zum einen ist ein solches Projekt mit laufenden Kosten verbunden, die gedeckt werden müssen. Zum anderen stehen neue Investitionen an. Z.B. die Casa Stella Matutina, ein Haus, in dem Jugendliche, Mitarbeiter und Gäste unterkommen sollen.
Brauchen Sie auch Mitarbeiter, die zu Ihnen nach Rumänien kommen?
Sporschill: Mitarbeiter für ein halbes Jahr oder länger, die auch Rumänisch lernen wollen, sind herzlich willkommen. Wobei man wissen muss, dass man in einer christlichen Gemeinschaft lebt, die einen einfachen Lebensstil pflegt. Die Arbeit kann hart sein. Erfreulicherweise sind aber schon sehr viele Vorarlbergerinnen und Vorarlberger zu uns gekommen und haben mitgeholfen.
Herr Dr. Sausgruber, Sie haben eingangs erwähnt, dass die Situation der Roma eine Schande für Europa ist. Nun könnte man an die Politik appellieren, etwas zu unternehmen. Zeigt das Projekt Elijah aber nicht auch, dass es möglich ist, wirkungsvolle Schritte ehrenamtlich und sprichwörtlich „von unten“ her zu setzen?
Sausgruber: Ja. Bei Elijah geht es um die Arbeit vor Ort. Wie Pater Sporschill und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leben und was sie tun, ist entscheidend. Das ist der Kern der ganzen Geschichte. Und für uns stellt sich die Frage: Was können wir beitragen? Die Antwort ist einfach: Sie unterstützen, so gut es geht.
Beim Benefizkonzert im Götzner Kulturzentrum AMBACH am vergangenen Samstagabend sangen, musizierten und tanzten eine Jazzband aus Wien, ein Frauenchor aus Vorarlberg, ehemalige Straßenkinder aus Bukarest sowie eine Mädchengruppe aus Nou: Zeigt das nicht, was aus „Elijah“ entstehen kann?
Sporschill: Das ist das Geheimnis des Sozialprojekts „Elijah“. Ich bin kein Klassenkämpfer. Mein Wunsch ist, dass verschiedene Gruppen einander groß machen. Und wenn professionelle Jazzmusiker, der Frauenchor, ehemalige Straßenkinder, die ihr Talent leben können, sowie Roma miteinander ein so wundervolles Konzert zusammenbringen, dann ergibt das ein Bild, das für das Ziel unseres Projekts, ja für ganz Europa steht.









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