Wozu Gemeinden Bürger verpflichten dürfen

Hand- und Zugdienste, Feuerwehrdienstersatzsteuern: Gemeinden entscheiden selbst.
Schwarzach. Mit dem ersten Schnee sind die Gemeinden wieder gefordert. Straßen müssen geräumt, Gehwege freigeschaufelt werden. Die Kosten dafür tragen die Kommunen. Vielerorts werden aber auch die Bürger in die Pflicht genommen. Dazu bedienen sie sich Gesetzen aus der Vorkriegszeit.
32 Gemeinden des Landes verpflichten ihre Bürger etwa zu Hand- und Zugdiensten. „Die rechtliche Grundlage bildet die Gemeindeordnung 1935“, erklärt Peter Jäger, Geschäftsführer des Vorarlberger Gemeindeverbandes. Vorgängerbestimmungen gingen sogar bis 1864 zurück. Konkret werden Haushaltsvorstände zu Arbeiten und Dienste im Ausmaß von bis zu drei Arbeitstagen verpflichtet. Ersatzweise kann die Arbeitsleistung mit einem Geldbetrag abgegolten werden. Die meisten würden davon Gebrauch machen. Dennoch handle es sich um keine Abgabe, sondern um eine Naturalleistung der Bürger, so Jäger weiter.
Sieben Stunden Gemeindienst
517.229 Euro haben Vorarlbergs Gemeinden im Vorjahr an Ersatzzahlungen für Hand- und Zugdienste eingenommen. Mit 72.211 Euro liegt die Bregenzerwälder Gemeinde Egg an der Spitze. Allgemein sind es vorwiegend Orte im ländlichen Raum, die ihren Bürgern die verpflichtenden Dienste bzw. Ersatzzahlungen vorschreiben. „Hand- und Zugdienste gibt es in Egg seit vielen Jahrzehnten“, sagt Gemeindekassier Robert Hammerer. Jährlich sieben Stunden zu 10,46 Euro werden ersatzweise verrechnet. Zwischen 20 und 30 Bürger würden jedes Jahr die Dienste tatsächlich erfüllen. „Im Frühling Schneestangen einsammeln, im Herbst wieder einschlagen. Straßen räumen, den Wald pflegen, bei der Problemstoffsammlung mithelfen oder Gartenarbeiten verrichten bzw. beim Großputz mithelfen“, zählt Hammerer die Einsatzgebiete auf. Die große Mehrheit der Bürger habe Verständnis für die verpflichtenden Dienste. Nur bei manchen Zugereisten, die wenig Bezug zur Gemeinde haben, sei das anders, sagt Hammerer.
Verständnis hat auch die Bevölkerung in Sulzberg. Dort werden die Hausvorstände gleich zu drei Tagen Dienst verpflichtet. „Wir haben das in den 8oer-Jahren eingeführt“, sagt Bürgermeister Helmut Blank. Die Einnahmen werden zweckgewidmet für die Schneeräumung im gesamten Gemeindegebiet eingesetzt. Blank spricht von einer Solidarabgabe, damit auch Bewohner in abgelegenen Gegenden des Ortes eine geräumte Straße vorfinden. Mit den Einnahmen – etwa 60.000 Euro – können, so Blank, etwa 50 Prozent der Kosten abgedeckt werden. In Sulzberg kaufen sich praktisch alle Hausvorstände von den Hand- und Zugdiensten frei. „Wir haben heuer nur eine Anmeldung zum Dienst“, sagt Blank.
1,81 Euro Ersatzsteuer
Wer keinen Dienst bei der freiwilligen Feuerwehr tut, kann ebenfalls zur Kassa gebeten werden. Gemeinden dürfen eine Feuerwehrdienstersatzsteuer einheben, erklärt Peter Jäger vom Gemeindeverband. Nur acht der 96 Gemeinden im Land machen davon Gebrauch. Die Einnahmenn sind bei maximal 1,81 Euro pro Steuerpflichtigen minimal.
Früher sei es selbstverständlich gewesen, dass man etwas für die Allgemeinheit tut. „Heute ruft man die Gemeinde, wenn was zu machen ist“, sagt der Schwarzenberger Bürgermeister Armin Berchtold. In jedem Weiler hätten sich Freiwillige gemeldet, um im Falle des Falles rasch eingreifen zu können. „Es wäre schon angebracht, dass die, die nicht bei der Feuerwehr sind, auch einen Beitrag leisten“. Die Ersatzsteuer von 1,81 Euro habe nur Symbolcharakter. „Eigentlich sollte sie viel höher sein“, so Berchtold weiter.
Die große Mehrheit der Bürger hat absolut Verständnis für die verpflichtenden Dienste.
Robert Hammerer, Egg
Es ist gut, dass sich Bürger für die Allgemeinheit einsetzen.
Peter Jäger, Gemeindeverband
Gemeindefinanzen: Abgaben und Naturalleistungen in ländlichen Regionen
Alberschwende
Hand- u. Zugdienste 49.922
Feuerw.-dienststeuer* –
Andelsbuch
Hand- u. Zugdienste 42.880
Feuerw.-dienststeuer* –
Bartholomäberg
Hand- u. Zugdienste 25.544
Feuerw.-dienststeuer* –
Bezau
Hand- u. Zugdienste 19.982
Feuerw.-dienststeuer* –
Bildstein
Hand- u. Zugdienste 6350
Feuerw.-dienststeuer* –
Bizau
Hand- u. Zugdienste 9499
Feuerw.-dienststeuer* 338
Blons
Hand- u. Zugdienste 4392
Feuerw.-dienststeuer* –
Brand
Hand- u. Zugdienste 18.144
Feuerw.-dienststeuer* –
Buch
Hand- u. Zugdienste 5771
Feuerw.-dienststeuer* –
Bürserberg
Hand- u. Zugdienste 15.744
Feuerw.-dienststeuer* –
Damüls
Hand- u. Zugdienste 10.200
Feuerw.-dienststeuer* 79
Doren
Hand- u. Zugdienste 12.550
Feuerw.-dienststeuer* –
Düns
Hand- u. Zugdienste 10.275
Feuerw.-dienststeuer* –
Dünserberg
Hand- u. Zugdienste 4202
Feuerw.-dienststeuer* –
Egg
Hand- u. Zugdienste 72.211
Feuerw.-dienststeuer* –
Eichenberg
Hand- u. Zugdienste 5320
Feuerw.-dienststeuer* –
Gaissau
Hand- u. Zugdienste –
Feuerw.-dienststeuer* 622
Klösterle
Hand- u. Zugdienste 1166
Feuerw.-dienststeuer* –
Krumbach
Hand- u. Zugdienste 15.685
Feuerw.-dienststeuer* –
Langen
Hand- u. Zugdienste 19.882
Feuerw.-dienststeuer* –
Langenegg
Hand- u. Zugdienste 10.736
Feuerw.-dienststeuer* –
Laterns
Hand- u. Zugdienste 6844
Feuerw.-dienststeuer* –
Lingenau
Hand- u. Zugdienste –
Feuerw.-dienststeuer* 477
Möggers
Hand- u. Zugdienste 7982
Feuerw.-dienststeuer* –
Raggal
Hand- u. Zugdienste 7209
Feuerw.-dienststeuer* –
Reuthe
Hand- u. Zugdienste 5460
Feuerw.-dienststeuer* –
Riefensberg
Hand- u. Zugdienste 8200
Feuerw.-dienststeuer* –
Satteins
Hand- u. Zugdienste 10.035
Feuerw.-dienststeuer* –
Schnepfau
Hand- u. Zugdienste 5478
Feuerw.-dienststeuer* 135
Schröcken
Hand- u. Zugdienste 2537
Feuerw.-dienststeuer* –
Schwarzenberg
Hand- u. Zugdienste 19.720
Feuerw.-dienststeuer* 688
Silbertal
Hand- u. Zugdienste 8315
Feuerw.-dienststeuer* –
Sonntag
Hand- u. Zugdienste 11.328
Feuerw.-dienststeuer* –
Sulzberg
Hand- u. Zugdienste 60.656
Feuerw.-dienststeuer* –
Thüringerberg
Hand- u. Zugdienste –
Feuerw.-dienststeuer* 177
Weiler
Hand- u. Zugdienste –
Feuerw.-dienststeuer* 33