Immer mehr Senioren in der Schuldenfalle
Katharina Wiesflecker und Peter Kopf vom ifs fordern Ende der Rückzahl-Mindestquote.
Bregenz. (VN-hk) Ein Leben mit Schulden zermürbt. Es macht zum gesellschaftlichen Außenseiter und zerstört die Lebensfreude – oft in den besten Jahren. Nicht nur für die Betroffenen bedeutet ein Neustart im Zeichen von schwarzen Zahlen eine riesige Erleichterung, auch die Volkswirtschaft profitiert davon, wenn aus Geldempfängern nämlich Einzahler ins System werden.
3100 Klienten
„Die Verschuldung betrifft immer noch mehr Männer als Frauen. Das Verhältnis beträgt 60 Prozent zu 40“, informiert der Geschäftsführer der ifs-Schuldenberatung, Peter Kopf. 3100 Menschen haben im Jahr 2014 Rat und Unterstützung bei der ifs-Schuldenberatung gesucht. „Das ist ein Einpendeln auf hohem Niveau“, interpretiert Sozial-Landesrätin Katharina Wiesflecker (50) diese Zahl. Zum Vergleich: 2012 registrierte die ifs-Schuldenberatung 2800 Klienten, 2013 waren es 3300. Betrüblich ist, dass sich immer mehr ältere Menschen überschulden. Gründe: Die Scheidungsrate bei älteren Menschen nimmt zu, ebenso die Zahl der Familiengründungen bei Personen in höherem Alter. „In den Anfängen der ifs-Schuldenberatung sah man höchst selten eine ältere Person im Wartezimmer. Das hat sich geändert“, berichtet Peter Kopf, der heute selber seinen 60. Geburtstag feiert.
Die Gründe für Überschuldung sind gleich geblieben: Jobverlust, Scheidungen, Bürgschaften, explodierende Wohnungskosten, niedriges Einkommen, Krankheit, nicht leistbarer Konsum. Sowohl Kopf als auch Wiesflecker erneuern in diesem Zusammenhang eine schon längst erhobene Forderung: die Abschaffung der Mindest-Rückzahlquote von zehn Prozent bei einem Privatkonkurs. „Das ist für viele Menschen einfach nicht realisierbar. Denken Sie zum Beispiel an eine Alleinerzieherin, die ihre Schulden aus einer Bürgschaft für ihren Ex-Partner hat und durch diese Hürde ihr Leben lang nicht entschuldet wird“, argumentiert Kopf. Eine zusätzliche Forderung von Wiesflecker und Kopf: Die Erhöhung der Mindestsicherung von derzeit etwa 900 Euro auf mindestens 1200 Euro.
Erfolgserlebnisse
Anlässlich ihrer Bilanz kann die ifs-Schuldenberatung auch mit einigen Erfolgserlebnissen aufwarten. Dazu zählt etwa die monatliche Auszahlung der Familienbeihilfe, aber auch die Bilanz in Sachen Finanzführerschein. In das Jahr 2015 blicken
die Soziallandesrätin und der ifs-Schuldenberatung-Geschäftsführer dennoch mit bangem Blick. Grund dafür ist u. a. die Entwicklung auf dem Währungssektor. Die Freigabe des Frankenkurses und die damit für die Kreditnehmer einhergehenden Zahlungsprobleme haben schon zu verstärkten Anfragen geführt.
Zehn Prozent Rückzahlquote ist für viele nicht machbar.
Peter Kopf
Stichwort
Privatkonkurs. Ziel des Schuldenregulierungsverfahrens ist ein wirtschaftlicher Neubeginn. Zu den Voraussetzungen zählen tatsächliche Zahlungsunfähigkeit, die Verpflichtung, keine neuen Schulden zu machen, sowie die Möglichkeit, einen bestimmten Betrag zurückzahlen zu können. In dieser Zeit lebt der Betroffene am Existenzminimum. Die Schuldner sind bei Einhaltung der Zahlungen wieder schuldenfrei. Gläubiger erhalten einen Teil ihrer Forderungen zurück. Die Mindestrückzahlungsquote beträgt zehn Prozent. Ein Privatkonkurs dauert sieben Jahre.
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