Japan-Rinder auf Wälder Wiesen

Heinz Metzler sorgt dafür, dass das japanische Wagyu-Rind auch im Ländle heimisch wird.
Schwarzenberg. Der Start mit den neuerworbenen Rindern verlief turbulent. Die Tiere rissen nach der Anlieferung aus der eingezäunten Weide aus und rannten wie aufgescheuchtes Wild durch Schwarzenberg. Das sorgte für Gesprächsstoff in dem 1840-Seelen-Dorf. Im „Ochsen“, der „Burawirtschaft“ des Ortes, waren sie wochenlang das Thema – Heinz Metzlers „unbezähmbare, schwarze Bestien“, die sich partout nicht einfangen lassen wollten. „Dies führte natürlich zu noch mehr Unverständnis für diese Rinderrasse in dem von Milchvieh dominierten Bregenzerwald“, erzählt der Besitzer dieser „exotischen“ Tiere, deren ursprüngliche Heimat Japan ist, schmunzelnd. Heute kann Metzler (48) darüber lächeln. Aber inzwischen ist auch mehr als ein halbes Jahr vergangen. Die Wogen haben sich geglättet. „Letzthin fragte mich sogar ein Bauer, ob er das Fleisch dieser Rinder einmal probieren könne, denn es habe ja den Ruf, das beste der Welt zu sein.“ Das Fleisch der Wagyu-Rinder, die weltweit als Kobe-Rinder bekannt sind, hat eine exzellente Marmorierung mit feinen Fettäderchen. „Das macht es unvergleichlich zart und geschmackvoll. Außerdem hat das Wagyu von allen Rinderrassen den höchsten Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Es ist somit das gesündeste Fleisch der Welt“, hebt der Rinderhalter die Vorzüge hervor. Aber es ist auch das teuerste Fleisch der Welt. „Ein Kilogramm Filet vom Wagyu-Rind kostet mehrere Hundert Euro.“ Der hohe Preis ist laut Metzler auf mehrere Faktoren zurückzuführen: „Erstens gibt es in Europa nur einen geringen Bestand an Wagyu-Rindern, da Japan schon vor Jahren ein Ausfuhrverbot verhängt hat. Deshalb ist der Kauf einer Wagyu-Kuh kein Schnäppchen. Bei der letzten Auktion in Münster wurde ein Durchschnittspreis von 14.500 Euro erzielt.“ Neben dem seltenen Vorkommen macht auch die langsame Mast das Fleisch der Wagyu-Rinder zu einem (gefragten) Luxusprodukt. „Diese Rasse legt nur langsam an Gewicht zu und hat mit 36 Monaten das doppelte Schlachtalter im Vergleich zu herkömmlichen Fleischrinderrassen.“
Wollte Hof nicht aufgeben
Metzler geht mit seiner Frau Anita (39) in den Stall und treibt seine Tiere hinaus auf die Weide. Die Herde besteht mittlerweile aus sieben Mutterkühen und fünf Ochsen. Vier davon sind echte Wagyu-Rinder. Der Rest ist eine Kreuzung aus Wagyu- und Aberdeen-Angus-Rindern. „Um ein breiteres Kundenfeld bedienen zu können, ist es besser, beides zu haben“, meint er, „auch die Kreuzungsrinder liefern ein bereits qualitativ sehr gutes Fleisch. Noch besser schmeckt freilich das echte Wagyu-Fleisch, aber das ist auch teurer.“
Mit Brot locken Metzler und seine Frau die Rinder zu sich: „Komm’ Mandi, komm’ Melanie.“ Das Bauernpaar freut sich über die Zutraulichkeit der Tiere. „Am Anfang waren alle ganz scheu, weil sie von einem Großbetrieb kamen“, erzählt Metzler. Der 48-Jährige überlegte lange, ob er die Tiere anschaffen sollte. Zunächst stellte ihn das Leben vor die Entscheidung, den elterlichen Kleinbetrieb zu übernehmen. „Mein Vater erkrankte und war nicht mehr in der Lage, die Landwirtschaft zu betreiben.“ Ad hoc galt es für den gelernten Maschinenschlosser, zwölf Milchkühe und sieben Stück Jungvieh zu versorgen – neben seinem Job. „Ich habe eine Firma und stelle Leichtbau-Bauteile her.“ Schnell liebäugelte er damit, statt Milchkühe Fleischrinder zu halten. „Denn das ermöglicht eine flexiblere Zeiteinteilung der Stallarbeit.“ Aber nach Gesprächen mit Fleischrinderhaltern kamen er und seine Frau zu der Erkenntnis, dass sich die Haltung von „Standard-Fleischrindern“, mit denen der Massenmarkt beliefert wird, bei der Größe ihres Hofes nicht rechnet. Ihre intensiven Recherchen ergaben aber, „dass wir die optimalen Voraussetzungen haben, um Premiumfleisch zu produzieren – in einem natürlichen Umfeld, mit artgerechter Haltung, bestem Futterangebot und mit stressfreier Schlachtung“.
Weil es Metzler wehgetan hätte, den Familienbetrieb aufzugeben und er eine Chance sieht, dass er und seine Familie einmal von der Direktvermarktung des Qualitätsfleisches leben können, entschied er sich dafür, die Landwirtschaft fortzuführen und die Milchkühe gegen Wagyu-Rinder einzutauschen. Die Metzlers kraulen Mandi, der ihnen das Brot aus der Hand frisst. Vor Ort entpuppen sich die unbezähmbaren, schwarzen Bestien als zutrauliche Viecher, die nicht beißen, wie das ein Bauer anfangs angstvoll vermutet hatte.
Ein Bauer befürchtete sogar, dass meine Rinder beißen.
Heinz Metzler

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