“Die Nachfrage ist zurückgegangen”

Vorarlberg / 24.05.2016 • 22:02 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Im Hilfsgüterlager am Sandgrubenweg sortiert Egon Rusch Kleidungsstücke, die für Flüchtlinge gespendet wurden.  Foto: HRJ
Im Hilfsgüterlager am Sandgrubenweg sortiert Egon Rusch Kleidungsstücke, die für Flüchtlinge gespendet wurden. Foto: HRJ

Egon Rusch versorgt Flüchtlinge mit Hilfsgütern aus städtischem Hilfsgüterlager.

bregenz. (VN-hrj) Der Plastiksack ist vollgestopft mit Kinderbekleidung. „Schöne Sachen sind das“, sagt Egon Rusch zufrieden und beginnt zu sortieren. Im städtischen Hilfsgüterlager mangelt es derzeit nicht an Waren. Auf dem Boden stehen zahllose mit Kleidung gefüllte Kartons, an Ständern hängen Blusen, Hemden, Kleider, Mäntel, Jacken. Das kleine Röhrenfernsehgerät in der Ecke, das Kinderspielzeug daneben, Stühle und eine Holzbank warten darauf, verschenkt zu werden.

Kriege in Nahost haben im letzten Sommer eine enorme Flüchtlingswelle ausgelöst. Knapp 2100 Asylwerber hatte Vorarlberg Ende August im Rahmen der vom Bund vorgegebenen Asylquote aufgenommen. In Bregenz landeten über 200 Asylwerber, meist aus Syrien. Das hatte zur Folge, dass zahlreiche Bürger dem  Amt der Stadt Bregenz Hilfsgüter anboten. „Das musste koordiniert werden“, erzählt Rusch.

So wurde der 59-jährige beim Bürgerservice Angestellte gemeinsam mit der städtischen Integrationsbeauftragten Nesla Güngörmüs für die Koordinierung der Sammlung von Hilfsgütern beauftragt. „Wir haben zwei Tage pro Woche festgesetzt, an denen die gesammelten Sachspenden an zwei Standorten abgegeben werden konnten“, informiert Rusch. Ein Standort war der Pircherhof beim Bürgerhaus, der andere das Stadtteilbüro der Achsiedlung. Am 15. September richtete die Stadt  im ehemaligen Rettungsheim am Sandgrubenweg dieses Hilfsgüterlager ein, das von Rusch betreut wird. Allerdings waren die Garagen, in denen einst Rettungsfahrzeuge geparkt hatten, leer. „Die Kästen hier habe ich geschenkt bekommen“, sagt Rusch, die Kleiderständer habe er aus alten Zeltstangen zusammengebaut.

Exklusive Dessous

„Die meisten Sachspenden, die wir bekommen, sind in Ordnung. Aber hin und wieder ist auch Müll dabei.“ Einmal sprichwörtlich: Jemand hatte einem Sack mit Kleidung Abfälle beigemischt. Hingegen sei einmal ein Maßanzug um 400 Euro abgegeben worden. „Und da war die Frau aus Langen, die pikfeine Wäsche gebracht hat. Alles war gewaschen, gebügelt und in Plastik eingeschweißt“, erzählt Rusch. Er erinnert sich auch an die exklusiven Damen-Dessous, die von einer „sehr feinen Dame“ abgegeben wurden. Diese Spende konnte allerdings nicht ins Sortiment der Hilfsgüter aufgenommen werden. Die Caritas nahm sich ihrer an und verkaufte sie in einem ihrer Carla-Geschäfte.

Mit Flüchtlingen habe Rusch „solche und solche“ Erfahrungen gemacht: „Der Großteil ist angenehm, aber ich habe auch schon Leute wegschicken müssen.“ Berührt hat ihn das Erlebnis mit einer syrischen Familie, die wegen Spielsachen gekommen ist. „Die beiden Kinder haben sich Bücher und Spielzeug ausgesucht. Ich konnte die Freude in ihren Gesichtern lesen, und ich hatte Freude, ihnen zuzuschauen.“

Das Lager sei übrigens keine öffentliche Ausgabestelle, in der sich jeder bedienen könne, klärt Alexandra Kargl, Leiterin der städtischen Abteilung Gesellschaft und Soziales, auf. „Die Ausgabe der Hilfsgüter ist organisiert. Grundsätzlich kommen die Flüchtlinge aus allen Bregenzer Caritas-Quartieren mit ihren Betreuern und suchen sich aus, was sie brauchen.“ Nachdem letzthin kaum mehr Flüchtlinge in Vorarlberg angekommen sind, ist auch die Nachfrage nach Hilfsgütern zurückgegangen. In der Folge wurden die zwei Sammelstellen geschlossen. Das Hilfsgüterlager am Sandgrubenweg bleibt indes bestehen. „Zumindest vorläufig“, sagt Rusch. „Wir wissen ja nicht, ob es nochmals einen Ansturm geben wird.“

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