Von wegen Sozialschmarotzer

Vorarlberg / 24.05.2016 • 19:55 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Armutsfalle Kinderreichtum? Von der Mindestsicherung profitieren vor allem auch größere Familien.  Foto: APA
Armutsfalle Kinderreichtum? Von der Mindestsicherung profitieren vor allem auch größere Familien. Foto: APA

Von der Mindestsicherung profitieren vor allem auch Kinder: Anteil beträgt 36 Prozent.

WIEN, BREGENZ. (joh) Seit Monaten diskutieren Bundes- und Landespolitiker über die bedarfsorientierte Mindestsicherung. Reformbedarf gibt es hier zwar immer; angesichts der Debatte darf man aber nicht vergessen, worum es geht: Um ein bis zwei Prozent der Gesamtausgaben, die die Gebietskörperschaften tätigen. Tendenz steigend. 2014 wurden österreichweit 673 Millionen Euro für Geldleistungen im Rahmen der Mindestsicherung aufgewendet. In Vorarlberg waren es 19,9 Millionen bzw. 1,2 Prozent der Landesausgaben. Das war weniger als in Wien (3,5 Prozent) und mehr als in Kärnten (0,4 Prozent).

Arbeitslosigkeit als Grund

Diese Unterschiede legen bereits nahe, was entscheidend ist: die Arbeitslosigkeit zum einen und der Migrantenanteil (Stichwort Flüchtlinge bzw. Integrations- und Bildungsdefizite) zum anderen. In der Bundeshauptstadt ist beides vergleichsweise hoch, mit dem Ergebnis, dass sich nahezu zwei von drei der insgesamt über 250.000 Mindestsicherungsbezieher vom Boden- bis zum Neusiedlersee in Wien befinden.

Die Mindestsicherung (Richtsatz für Alleinstehende: 630,76 Euro pro Monat) ist in der Regel ein Ausgleich für jemanden, der zum Beispiel sehr lange arbeitslos ist und daher nur noch eine verhältnismäßig niedrige Notstandshilfe bezieht; oder für jemanden, der zwar arbeitet, aber kaum etwas verdient („Working poor“). Außerdem soll es sich um eine Überbrückungshilfe handeln; und tatsächlich beträgt die durchschnittliche Bezugsdauer hierzulande sechs Monate.

Versucht man anhand der Statistiken, die das Land führt, den typischen Bezieher darzustellen, kommt man zu einem überraschenden Ergebnis: Es handelt sich nicht um einen Mann im besten Alter, der am liebsten in der Hängematte liegt.

Die Mehrheit der Bezieher ist seit Einführung der Leistung weiblich: Im vergangenen Jahr betrug der Anteil der Frauen in Vorarlberg 50,7 Prozent. Ein großer Teil ist minderjährig: 36,1 Prozent der insgesamt 11.611 Personen, die hierzulande 2015 von der Hilfe profitiert haben, sind unter 18 Jahre alt. Ein Viertel, und damit überdurchschnittlich viele, lebte im Übrigen in einem Haushalt mit drei und mehr Kindern, also einer Großfamilie.

Hoher Migrantenanteil

55,8 Prozent haben die österreichische Staatsbürgerschaft. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Migrantenanteil wesentlich höher ist als in der Gesamtbevölkerung. Was ganz offensichtlich auch an der Qualifikation liegt. Wer gut Deutsch kann und über eine höhere Bildung verfügt, hat eher einen Job und wird daher kaum auf die Mindestsicherung angewiesen sein. Andernfalls schaut es schlecht aus, wie die Zahlen zeigen: Zwei Drittel der Bezieher haben maximal einen Pflichtschulabschluss.

So unterschiedlich wie die Aufwendungen nach Bundesländern ist auch der Bevölkerungsanteil der Mindestsicherungsbezieher: 2014 waren es österreichweit laut Statistik Austria drei Prozent. Gut jeder Dreißigste also. In Kärnten war es mit 0,9 Prozent nicht einmal jeder Hundertste, in Vorarlberg mit 2,7 Prozent fast jeder Vierzigste, und in Wien mit 7,9 Prozent fast jeder Zwölfte.

Von wegen Sozialschmarotzer

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