Hell oder dumpf
In zahlreichen Kommentaren zur Bundespräsidentenwahl werden Phrasen von „Gräben, die nun überwunden werden müssen“ bemüht oder wird sorgenvoll vor einer Spaltung der Gesellschaft gewarnt. Diese Gefahren werden völlig überzeichnet dargestellt. Man sollte sich auch in Österreich daran gewöhnen, dass Wahlen in einer Demokratie etwas Alltägliches sind.
Ebenso alltäglich ist es in einer Demokratie, dass die Kandidaten für Richtungsentscheidungen stehen. Die in Österreich jahrzehntelang praktizierte Koalition von SPÖ und ÖVP hat zwar häufig bewirkt, dass es im Grunde gleichgültig war, wie die Wähler abgestimmt haben, weil am Ende doch für alle Beteiligten dasselbe herauskam. Den Normalzustand sollte diese österreichische Besonderheit, nämlich, dass Wahlen relativ wenig verändern, eigentlich nicht darstellen.
Auch knappe Wahlentscheidungen dürften in einer Demokratie kein Grund sein, dass gleich von tiefen Gräben und Spaltungen geraunt wird. Ich bin sicher, dass die meisten Wähler ihre Entscheidung gelassener abgewogen haben, als die vielen Besorgten annehmen. Manchen wird die Wahl leicht gefallen sein, für nicht wenige handelte sich um eine Entscheidung zwischen zwei mehr oder weniger schlechten Alternativen. Für andere Wähler wiederum waren die Alternativen so schlecht, dass sie sich nicht an der Wahl beteiligten oder ungültig wählten.
Was natürlich auffällt, ist das unterschiedliche Wahlverhalten von Stadt- und Landgemeinden. Auch hier konstatieren viele Besorgte, dass die Städte liberal und weltoffen, die Landgemeinden konservativ und isolationistisch entschieden hätten. In Vorarlberg, wo sich die Wahlergebnisse mitunter zwischen den Gemeinden ein- und derselben Talschaft unterscheiden, ist diese Erklärung besonders lustig, kann man damit doch jahrhundertealte Hänseleien zwischen den Gemeinden aufwärmen.
Tatsächlich kommen eben ein bedächtiger Universitätsprofessor und sein Kontrahent, der auf jugendliche Tatkraft setzt, in jeweils verschiedenen Milieus unterschiedlich gut an. So kann man Wahlverhalten auch interpretieren, ohne gleich auf beleidigende Weise zwischen hellen und dumpfen Wählern unterscheiden zu müssen.
Was natürlich auffällt, ist das unterschiedliche Wahlverhalten von Stadt- und Landgemeinden.
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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