Hanno Loewy

Kommentar

Hanno Loewy

Rankings

Vorarlberg / 29.05.2016 • 19:01 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Vor Kurzem bekam ich den Tipp, mir ein Ranking anzuschauen, in dem es um den Wettbewerb um die größte Freiheit geht. Österreich ist da auf Platz 28, weit hinter Hongkong und Singapur, Chile und Litauen. Das sei ein Alarmsignal!

Bei genauerem Hinsehen allerdings stutzte ich: In diesem Ranking geht es um „ökonomische Freiheit“. Österreich liegt in dieser Tabelle hinter Georgien und den Vereinigten Emiraten, aber noch vor Norwegen und weit vor Frankreich, Italien und Spanien.

Ein anderes Ranking misst die glücklichsten und unglücklichsten Länder: Österreich liegt aktuell auf Platz 12, direkt hinter Israel und vor den USA, Singapur auf Platz 22. Das ökonomisch superfreie Georgien liegt irgendwo kurz vor Syrien. Am glücklichsten sind Menschen offenbar in den skandinavischen Ländern, in Kanada und der Schweiz.

Im internationalen Ranking der Städte behauptet sich nach wie vor Wien weltweit an der Spitze, was Lebensqualität, bezahlbares Wohnen, soziales Klima, Wirtschaft oder Umwelt angeht. Aber trotzdem herrscht „Angst“. Zumindest behaupten das viele und fordern, diese „Angst“ ernst zu nehmen. „Angst“, damit wird meistens nur das eine gemeint: „Angst“ vor Fremden, vor denen, die dazukommen, die uns etwas wegnehmen, vor denen man sich am besten schützt, indem man sie hinter irgendeinen Zaun verbannt.

Eva Grabherr hat bei ihrer Eröffnungsrede der Emsiana 2016 vorgeschlagen, weniger über „Angst“ zu reden, und sich stattdessen Sorgen zu machen. Das heißt, uns mit den Problemen, die uns verunsichern, zu konfrontieren, ihnen zu begegnen. Aber worum sollten wir uns wirklich sorgen?

In anderen Rankings schneidet Österreich nicht so gut ab. Unser Bildungssystem zum Beispiel hängt eine wachsende Zahl von Kindern ab. In wenigen europäischen Ländern entscheidet der soziale Status der Eltern so sehr über den Bildungserfolg der Kinder wie in Österreich. Soziale Mobilität (oder nennen wir es meinetwegen auch „Erfolg durch Leistung“) sieht anders aus. Wenn es um Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen geht, dann kommt in Europa hinter Österreich nur noch Estland. Bei den Einkommensunterschieden zwischen Arm und Reich sieht es kaum besser aus.

Ja, solche Unterschiede schaffen Unsicherheit; Genauso wie die Kluft zwischen dem Land und den Städten. Die besteht vor allem darin: Das „Land“ kämpft mit Abwanderung; und die Städte freuen sich über Zuwanderung. Wo Menschen zuwandern, wie zum Beispiel auch in Vorarlberg, dort herrschen nach allen Umfragen und Wahlergebnissen – und bei allen Problemen – mehr Zufriedenheit und Glück. Darüber, dass das offenbar an der Hälfte der Republik vorbeigeht, darüber müssen wir uns Sorgen machen.

Zumindest behaupten das viele und fordern, diese ,Angst‘ ernst zu nehmen.

hanno.loewy@vorarlbergernachrichten.at
Hanno Loewy ist Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems.

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