Leid, Tod und Auferstehung Jesu Christi

Vorarlberg / 14.04.2017 • 16:07 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Foto: APA

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Das sind jene Ereignisse, die die Kartage und Ostern prägen. Vielleicht sind wir diese „Geheimnisse“ schon so gewohnt, dass wir die Tiefe dieses Geschehens nicht voll erfassen und erfahren können. So scheint es wertvoll zu sein, ähnliche Geschehnisse unserer Zeit zu bedenken: Unter den Juden von Eisysky befand sich am 25. September 1941 auf dem alten jüdischen Friedhof ein Lehrer mit seinem jüngsten Sohn, Zwi, achtzehn Jahre alt. Nackt am Rande des offenen Grabes stehend, hielten sie sich bei den Händen und versuchten, sich während ihrer letzten Minuten gegenseitig Trost zu spenden. Der junge Zwi zählte die Kugeln und den Abstand zwischen den einzelnen Salven. Als Ostrovakas und seine Leute ihre Gewehre anlegten, stürzte Zwi einen Sekundenbruchteil, bevor die Salve ihn traf, ins Grab.

Es war dunkel und kalt

Er fühlte die Körper sich über ihm auftürmen und ihn bedecken. Er fühlte auch die Ströme von Blut um sich herum und den zitternden Haufen sterbender Körper unter sich. Es wurde dunkel und kalt. Das Schießen ließ nach. Zwi arbeitete sich unter den Körpern aus dem Massengrab hervor in die kalte, tote Nacht. In der Ferne konnte Zwi Ostrovakas Leute hören, die singend und saufend ihre große Tat feierten. Am 26. September 1941, nach 800 Jahren, war Eisysky judenfrei. Am anderen Ende des Friedhofs in Richtung auf die große Kirche gab es ein paar christliche Familien. Zwi kannte sie alle. Nackt und blutbesudelt klopfte er an die erste Tür. Sie öffnete sich. Ein Bauer stand da mit einer Lampe in der Hand, die er am selben Tag aus einem jüdischen Haus geplündert hatte. „Bitte lassen Sie mich ein“, flehte Zwi. Der Bauer hielt die Lampe empor und musterte den Jungen eingehend. „Jude, geh zurück ins Grab, wo du hingehörst!“, schleuderte er Zwi ins Gesicht und knallte ihm die Türe vor der Nase zu. Zwi klopfte an andere Türen, die Antwort war die gleiche.

Lass mich ein!

Am Waldrand lebte eine Witwe, die Zwi kannte. Zwi entschloss sich, an ihre Türe zu klopfen. Die alte Witwe öffnete. In ihrer Hand hielt sie ein brennendes Stück Holz. „Lass mich ein!“, bettelte Zwi. „Jude, geh zurück ins Grab auf dem alten Friedhof!“ Sie jagte Zwi mit dem brennenden Holzscheit, als ob sie einen bösen Geist austreiben wollte. Zwi sagte flehentlich: „Ich bin Euer Herr Jesus Christus, ich bin vom Kreuz herabgestiegen. Seht mich an – das Blut, die Schmerzen, das Leiden der Unschuldigen. Lasst mich ein!“ Da bekreuzigte sich die Witwe und fiel zu seinen blutigen Füßen nieder. „Mein Gott, mein Gott“, stammelte sie, immer wieder sich bekreuzigend. Die Tür wurde geöffnet.

Zwi trat ein

Er versprach, ihre Kinder zu segnen, ihren Hof und sie selbst, doch nur unter der Bedingung, dass sie seinen Besuch drei Tage und drei Nächte lang geheim halten würde, und es keiner Menschenseele enthüllen würde, nicht einmal dem Pfarrer. Die Witwe gab ihm Kleider, Essen und warmes Wasser, um sich zu waschen. Bevor er das Haus verließ, erinnerte er sich noch einmal daran, dass der Besuch des Herrn ein Geheimnis bleiben müsse, und zwar wegen seiner besonderen Mission auf Erden. In Bauernkleider gehüllt und mit Nahrungsvorräten für mehrere Tage versorgt, machte Zwi sich auf den Weg in den nahen Wald. So wurde die jüdische Partisanenbewegung in der Nähe von Eisysky geboren.

Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ein tiefes Osterfest und gesegnete Tage! Ostern möge Ihnen vielleicht zu einem kleinen Neuanfang der Freude und des Lebens gereichen!

Dr. Herbert Spieler, Vikar, Frastanz
Dr. Herbert Spieler, Vikar, Frastanz

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