Der Dreck der anderen
Der Löffel hat sich einen Wurstsemmel gekauft und während er nun den Bahnsteig entlangschlurft, lässt er doch glatt erst das Papier fallen und dann die Serviette. Fällt einfach zu Boden. Geht ihn nichts mehr an. „Weil das eh die Putzkolonne wegräumt“, schnaubt er. „Dafür sind die doch da!“ Gut, nicht heute. Nicht, wenn so verrückte Erwachsene seinen Weg kreuzen.
Aber er ist kein Einzelfall. Man braucht nur am See entlangspazieren. Wenige Wochen, nachdem Freiwillige bei der Flurreinigung die Wege gesäubert haben, dann weiß man: Der junge Mann mit dieser vagen Ahnung von Bartwuchs im Gesicht ist kein Einzelfall. Er gehört einer großen Familie an, die ihr eigener Lebensraum nicht kümmert. So, als lebten sie woanders.
Aber sie leben hier. Leben in den Dörfern, die sie verwüsten. Kippen den Sperrmüll in den Auwald gleich hinterm Haus. Sorgen dafür, dass öffentliche Toiletten immer kurz vor der Totalrenovierung stehen. Dabei reißen sie die üblichen, abgestandenen Witze über Putzfrauen und Müllmänner. Und finden Ausländer zum Speiben. Weil in ihre kleinen, so selten beanspruchten Gehirne der eine entscheidende Gedanke einfach keinen Einlass findet: Wie unsäglich dankbar sie eigentlich dafür sein müssten, dass es jemanden gibt, der ihren Dreck wegräumt. Den Dreck der anderen.
redaktion@vn.at
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.
Kommentar