Bauland in Bestlage zum Schnäppchenpreis

Vorarlberg / 05.10.2017 • 19:49 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Ein ÖVP-Gemeindepolitiker hat ein Sechstel des markierten Grundstückes im Ortszentrum von Hard für 50.000 Euro gekauft. Ein Gericht hat den Kaufvertrag mittlerweile für unwirksam erklärt.Vn/Paulitsch
Ein ÖVP-Gemeindepolitiker hat ein Sechstel des markierten Grundstückes im Ortszentrum von Hard für 50.000 Euro gekauft. Ein Gericht hat den Kaufvertrag mittlerweile für unwirksam erklärt.Vn/Paulitsch

1600 Quadratmeter Boden für 50.000 Euro: Grundstücksdeal in Hard birgt politischen Sprengstoff.

Hard Das schriftliche Urteil ist noch druckfrisch. „Im Namen der Republik“ wurde ein Kaufvertrag vom Juni 2015 für unwirksam erklärt. Ein 1600 Quadratmeter großes Grundstück in bester Lage im Ortszentrum von Hard hatte für 50.000 Euro den Besitzer gewechselt. Das örtliche Ersatzmitglied in der Gemeindevertretung, Albert Büchele (51), der in mehreren Ausschüssen der Gemeinde und auch auf einem Parteiticket im Aufsichtsrat der Hypo-Landesbank sitzt, durfte sich nur zwei Jahre lang über das vermeintlich lukrative Grundstücksgeschäft freuen.

Jetzt droht es zum Bumerang zu werden. Der Gerichtsakt, der am Montag Kläger und Beklagten zugeschickt wurde und der auch den VN vorliegt, birgt politischen Sprengstoff. Büchele hat demnach mit Unterstützung seines Parteifreunds, des Landtagsabgeordneten Matthias Kucera (45) als Vertragserrichter, den Boden einem 96-Jährigen mit „deutlichem demenziellem Abbau“ abgekauft. So steht es in der Urteilsbegründung.

Der Verkäufer sei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht mehr geschäftsfähig gewesen, befindet das Gericht auf Basis von Gutachten. „Diesen Eindruck hatte ich keineswegs“, entgegnet Büchele im Gespräch mit den VN. Der Mann habe auf ihn einen geistig guten Eindruck gemacht. Das hätten auch andere so gesehen. Gegen das Urteil, das nicht rechtskräftig ist, werde er jedenfalls Rechtsmittel einlegen.

„Über Wert kann man diskutieren“

Das Grundstück in Bestlage war für den schwarzen Gemeindevertreter ein regelrechtes Schnäppchen. Die im Kaufvertrag eingetragenen 50.000 Euro entsprechen nicht annähernd dem tatsächlichen Wert des Bodens. Vorsichtige Schätzungen gehen von bis zu 870.000 Euro aus. Umgerechnet auf den Quadratmeter hat Büchele also lediglich 31 Euro statt der ortsüblichen 550 Euro bezahlt „Über den Wert kann man diskutieren“, räumt Albert Büchele jetzt ein. Aber: „Der Besitzer wollte verkaufen und nicht umgekehrt.“ Berücksichtigen müsse man auch, dass nur ein Sechstel-Anteil der Grundstücksfläche erworben wurde. „Bei einem Anteilsbesitz kann man nicht einfach einen Bauplatz herausschneiden. Da ist dann auch der Preis ein ganz anderer“, so Büchele.

Unklar ist, ob der laut Gutachter an Demenz erkrankte Grundstücksbesitzer glaubte, er verkaufe landwirtschaftliche Flächen. Offen bleibt also, ob er sich über die tatsächliche Widmungssituation im Klaren war. Gemeindepolitiker Büchele sagt heute, sowohl er als auch der 96-jährige Verkäufer hätten gewusst, dass es sich beim veräußerten Grundstück um Bau-Mischland handelt. Bei Durchsicht der Gerichtsakten könnte man allerdings zu einem anderen Schluss kommen.

Denn selbst Bücheles Rechtsvertreter, Parteifreund Matthias Kucera, soll in einem Schreiben vom 1. Juli 2015 im Zuge der Bestreitung der Anfechtungsansprüche von einem angemessenen Kaufpreis gesprochen haben und dies mit der überwiegenden landwirtschaftlichen Widmung argumentiert haben. So steht es jedenfalls in der Klageschrift. Kucera selbst hat sich dazu und zu allen anderen Fragen gegenüber den VN nicht geäußert. Ihm sei es standesrechtlich als Anwalt verboten, entsprechende Auskünfte zu geben.

Widmungsverhältnisse

Dabei birgt Kuceras Argumentation im Zuge des Zivilprozesses in seiner Funktion als Vertragserrichter auch politischen Sprengstoff. Im betroffenen Zentrumsgebiet gibt es – mit einer einzigen Ausnahme – keine landwirtschaftlichen Widmungen. Die Ausnahme betrifft den Hof von Büchele. Bei einer entsprechenden Umwidmung im Dezember 2013 hat Kucera, damals ebenfalls für die Volkspartei in der Gemeindevertretung, mitabgestimmt. Er hätte also die tatsächlichen Widmungverhältnisse kennen sollen. Das Bild jedenfalls, das dieser Grundstücksdeal hinterlässt, ist für alle Beteiligten wenig schmeichelhaft.

Das zeigen auch weitere Details aus den Gerichtsakten. So wurde dem von Gutachtern für geschäftsunfähig erklärten und mittlerweile auch besachwalteten Verkäufer der Vertrag offensichtlich erstmals direkt beim Notar und gar nicht vom Vertragserrichter vorgelegt. Und damit also unmittelbar bevor er ihn unterschrieben hat. Auch das kann zumindest als „unüblich“ bezeichnet werden.

„Es war sein Wunsch, dass ich ihm das Grundstück abkaufe“, beharrt Büchele auf dem Kauf. Der Verkäufer habe gewollt, dass die Flächen landwirtschaftlich genutzt würden, das sei ihm wichtig gewesen, und dafür werde er, Büchele, sorgen. Es gehe ihm nicht ums Geld, Kapital wolle er keines daraus schlagen. Deshalb will Büchele das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichts auch bekämpfen. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

„Es geht mir dabei nicht ums Geld. Ich habe nicht vor, daraus Kapital zu schlagen.“

Albert Büchele (l.) und Vertragserrichter Matthias Kucera: Grundstücksdeal könnte zum politischen Bumerang werden.
Albert Büchele (l.) und Vertragserrichter Matthias Kucera: Grundstücksdeal könnte zum politischen Bumerang werden.
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