Bludenzer Bettelverbot gekippt

Das Verfassungsgericht erklärte das Bludenzer Bettelverbot für ungültig.
Bludenz, Wien Die Wortfolge “Im Namen der Republik” hat in Vorarlberg bereits für Furore gesorgt. Mit diesem Satz beginnen die Erkenntnisse des österreichischen Verfassungsgerichtshofs (VfGH), der jüngst etwa in Hohenems und Bludenz für Wahlwiederholungen sorgte oder zuletzt das Bregenzer Bettelverbot teilweise aufhob. Nun hat der VfGH wieder etwas bekannt gegeben: Die Höchstrichter hoben das Bettelverbot in Bludenz komplett und ab sofort auf.
Der VfGH stellte fest: “Das zeitlich unbeschränkte und örtlich nicht differenzierte Verbot war von der Stadtvertretung nicht ausreichend begründet.” Laut Landespolizeigesetz darf stilles Betteln nämlich nur verboten werden, wenn es dadurch zu Missständen kommt. Ein Verbot muss zudem örtlich und zeitlich begrenzt sein. Es ist also zulässig, auf Märkten oder Veranstaltungen das stille Betteln zu verbieten. Das Dornbirner Bettelverbot wurde deshalb auch bestätigt. In Bludenz hoben die Höchstrichter die Verordnung nun komplett auf, es fehlten getrennte Regeln zu Marktzeiten und Veranstaltungen. Aggressives Betteln ist in Vorarlberg sowieso verboten.
Der Dornbirner Anwalt Anton Schäfer war es, der die Verordnung vor die Höchstrichter brachte. Er ist sauer: “Seit zwei Jahren weisen wir darauf hin, dass die Verordnung in diesem Ausmaß rechtswidrig ist. Dennoch wurden unsere Beschwerden am Landesverwaltungsgericht lange Zeit nicht bearbeitet.” Strafen, die nicht beeinsprucht wurden, behalten ihre Gültigkeit. “Eine Mutter von fünf Kindern muss beispielsweise 38.000 Euro bezahlen.” Er vertritt Notreisende im Land ehrenamtlich, auch an anderen Fronten. So bearbeite er 91 Anzeigen, die von der BH Bludenz ausgestellt wurden, weil Menschen ohne behördliche Bewilligung eine Straßenzeitung verkauft hätten. “Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch schon festgestellt, dass gar keine behördliche Bewilligung erforderlich ist,” fährt Schäfer fort. Er warte schon lange auf Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichts, damit er auch damit vor das Höchstgericht ziehen könne.
Zumindest zum Bludenzer Bettelverbot ist nun eine Entscheidung da. „Wir werden das Schreiben des VfGH genau studieren und dann eine neue Verordnung ausarbeiten“, kündigt der Bludenzer Bürgermeister Mandi Katzenmayer (ÖVP) an. Das von der Stadtvertretung im November 2015 beschlossene Bettelverbot habe einen guten Dienst getan. „Wir waren damit konfrontiert, dass aufgrund der Belästigungen der Bettler viele einen Bogen um die Innenstadt gemacht haben. Ich bekenne mich zur Hilfe für notleidende Menschen. Das ist aber der falsche Weg.” Karin Fitz vom grünen Koalitionspartner sieht das anders. “Wir haben damals gegen die Bettelverordnung gestimmt. Es freut uns, dass die Aufhebung unsere Position bestätigt. Bettelverbote sind keine Lösung. Die Armut muss vor Ort bekämpft werden”, sagt Fritz. Landeshauptmann Markus Wallner sicherte indes rechtliche Hilfe für eine Neuformulierung des Bettelverbots zu. Landesvolksanwalt Bachmayr-Heyda hofft ebenfalls, dass nun eine verfassungskonforme Regel geschaffen wird. Die Aufhebung des aktuellen Verbots sei zu erwarten gewesen.
Bachmayr-Heyda ist es auch, der für einen weiteren Brief mit dem Beginn “Im Namen der Republik” verantwortlich sein wird. Er hat die Mindestsicherung angefochten. Eine Entscheidung ist allerdings nicht so schnell zu erwarten.
„Seit zwei Jahren weisen wir darauf hin, dass die Bludenzer Verordnung rechtswidrig ist.“
