Einer, der die Zeit zurückdreht

Vorarlberg / 27.10.2017 • 19:34 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Einer, der die Zeit zurückdreht

Am Wochenende gibt es für Peter Rangl wieder einiges zu tun.

Bürs Wer Peter Rangls Reich (60) betritt, taucht in eine Welt ein, die einen ordentlichen Tick hat. Standuhren, Wanduhren, Kuckucksuhren – Zeitmesser in verschiedensten Formen und Größen hängen an den Wänden des Wohnhauses sowie an jenen seiner Werkstatt und sorgen für eine fast schon meditative Stimmung.

Rangl ist Uhrmachermeister und restauriert und repariert alte und antike Uhren. Tausende Zeitmesser dürften es inzwischen schon gewesen sein, die er kontrolliert, wenn nötig in ihre Einzelteile zerlegt, gereinigt und mit filigranen Werkzeugen wie Uhrmacherschraubenzieher und Pinzette für seine Kunden und sich selbst wieder in Schwung gebracht hat.

Lebenslange Faszination

Der Bürser hat sich bereits in jungen Jahren dafür entschieden, Uhrmacher zu werden. Im Familienbetrieb absolvierte er die Lehre und übernahm später das Uhren- und Schmuckgeschäft seiner Eltern. Vor rund 20 Jahren entschloss er sich dann, sich auf größere Uhren bzw. auf Reparatur und Restaurierung
zu spezialisieren.

Um die Branche macht er sich keinerlei Sorgen. „Sowohl die Nachfrage als auch das Interesse am Beruf sind nach wie vor groß“, betont er. Während der 60-Jährige dann von einer Bodenstanduhr mit Meereskulisse schwärmt, welche er einst restaurieren durfte, schlägt es in seinem Reich zur vollen Stunde. Für kurze Zeit verwandelt sich dieses in eine klangvolle Welt. In einer Ecke ertönen Schläge, die an den Big Ben in London erinnern. In einer anderen Ecke sind es sanfte Klänge, die an alte Spieluhren erinnern. „Wenn man bedenkt, dass Menschen vor 200 Jahren genau dieselbe Melodie gehört haben, ist dies schon beeindruckend“, sagt Rangl. Dann deutet er auf zwei weitere kostbare Schmuckstücke auf der Werkbank.

Kurbeln statt Strom

Zu sehen sind eine goldene Uhr, auf deren Gehäuse sich Vögelchen in einem Käfig tummeln, sowie eine, die auf den ersten Blick an ein Schmuckkästchen erinnert. Kunstvoll geschwungene Gravuren verleihen der silbern schimmernden Box einen romantischen Touch. „Die goldene Uhr dürfte um die 200, die andere fast 300 Jahre alt sein“, erklärt Rangl und fügt hinzu: „Es ist faszinierend, wenn man bedenkt, mit welch einfachen Hilfsmitteln Uhren früher gebaut worden sind.“ Statt mit Strom und Motoren gingen die Uhrmachermeister mit Kurbeln und Riemen zu Werke.

Der Bürser sieht seinen Auftrag darin, Altes so lange wie möglich zu erhalten, „damit auch die Nachwelt dieses noch sieht“. Wie viele tickende Schmuckstücke er selbst besitzt, vermag er gar nicht zu beziffern. „Ich habe sie nie gezählt. Aber es sind sehr viele“, sagt er und lächelt. Mit Hingabe kümmert er sich um die Zeitmesser und kontrolliert tagtäglich, ob sie richtig eingestellt sind. Als Hilfsmittel dient ihm dabei die moderne Technik. „Nämlich eine solarbetriebene Funkuhr“, gesteht er und schmunzelt.

Jede Menge zu tun gibt es für den Herrn der Zeit an diesem Wochenende wieder. Denn es steht der Wechsel von der Sommer- zur Winterzeit an. Dies bedeutet, dass die Uhren um 3 Uhr um eine Stunde zurückgestellt werden müssen. „Am Sonntagmorgen werde ich dann als Erstes gleich alle Pendel eine Stunde lang anhalten. Bei großen Uhren dürfen die Zeiger nicht zurückgestellt werden, sonst können sich nämlich die Hebel des Schlagwerks verbiegen“, erklärt der Experte noch, ehe er sich wieder an die Arbeit macht.  

Einer, der die Zeit zurückdreht
Zahlreiche Zeitmesser finden sich im Reich des Uhrenliebhabers.
Zahlreiche Zeitmesser finden sich im Reich des Uhrenliebhabers.
Zahlreiche Schmuckstücke und Einzelteile sind in der Werkstatt zu finden.
Zahlreiche Schmuckstücke und Einzelteile sind in der Werkstatt zu finden.
In der Werkstatt des Bürsers Peter Rangl wird die Zeit buchstäblich hörbar. Sein Herz schlägt besonders für große Uhren. VN/Oliver Lerch
In der Werkstatt des Bürsers Peter Rangl wird die Zeit buchstäblich hörbar. Sein Herz schlägt besonders für große Uhren. VN/Oliver Lerch