Schokocreme auf dem Prüfstand

Die neue Nutella-Rezeptur versetzt die Schokoaufstrichwelt in Aufruhr.
Lochau Manche essen den süßen Nuss-Nougat-Brotaufstrich löffelweise zum Frühstück. Andere bekommen nur wenn sie das Wort Nutella hören schon Zahnschmerzen und haben wegen des enthaltenen Palmöls sofort Bilder von abgeholzten Regenwäldern vor Augen. Nun hat Nutella offenbar unangekündigt eine neue Rezeptur bekommen. Und dies versetzt die Schokoaufstrichwelt in Aufruhr.
„Gebt uns das alte Nutella zurück!“, wird in sozialen Netzwerken gefordert. Auch über Alternativen wird schon diskutiert. Einzelne wittern gar das große Geschäft und versuchen ihre Restbestände aus älteren Chargen teuer zu verhökern. Drei Gläser werden für 2000 Euro gehandelt. Viele haben aber auch überhaupt kein Verständnis für die Protestwelle und kritisieren das „teure Fett-Zucker-Gemisch“ und das Ernährungsverhalten vieler Erwachsener.
Weniger Kakao?
Während im Internet die Wogen hochgehen, nehmen Anna (10) und ihr Bruder Hugo (6) die neue Nutella daheim in Lochau genau unter die Lupe. Hin und wieder dürfen die beiden den beliebten Aufstrich zum Frühstück aufs Brot schmieren und ziehen sofort den Vergleich. „Also ich finde, sie schmeckt wie immer“, sagt Anna. Der Bruder pflichtet ihr mit einem heftigen Nicken bei, ehe ein Löffel voll mit süßer Creme in seinem Mund verschwindet.
Auf die Änderung der Rezeptur aufmerksam gemacht hat die Hamburger Verbraucherzentrale. Nach deren Erkenntnis hat die beliebte Nuss-Nougat-Creme eine hellere Farbe angenommen. Die Verbraucherzentrale geht nach einem Blick auf die Zutatenliste davon aus, dass mehr Milchpulver auf Kosten von Kakao zugesetzt worden ist. Kakao sei in der Zutatenliste nach hinten gerutscht. Die genaue Menge an Kakao oder vielen weiteren Zutaten müsse der Hersteller Ferrero nicht angeben. Die Creme besteht aber zu mehr als 87 Prozent aus Zucker und Fett, hieß es weiter.
Die neuen Chargen sind bereits in den heimischen Supermärkten zu finden. „Wir haben gar nicht gemerkt, dass sich da was geändert hat“, sagt eine Verkäuferin gegenüber den VN. Schokoaufstriche sind im Land offenbar sehr beliebt. Die Regale müssten alle drei, vier Wochen nachgefüllt werden, heißt es weiter.
„Also ich sehe keinen Unterschied“, ist sich Anna derweil sicher und streicht sich mit einem Messer ein bisschen Creme auf einen Semmel, um die Sache zu überprüfen. Wie aber ein Blick auf die Zutatenliste der Etiketten von Gläsern aus einer älteren und einer neuen Charge zeigt, hat sich der Anteil an Magermilchpulver tatsächlich verändert. „Bei der älteren Nutella steht 6,6 Prozent bei Magermilchpulver, bei der neueren 8,7 Prozent“, erkennt die Zehnjährige sofort. Beim Vergleich zeigt sich weiters, dass sich sowohl der Zucker- als auch der Fettgehalt leicht reduziert hat.
„Feinjustierung“
Da ein Geheimrezept auch geheim bleiben soll, gibt Nutella-Hersteller Ferrero zwar keine genauen Details zu den Änderungen bekannt. In einer Stellungnahme erklärte das Unternehmen inzwischen aber, dass es sich lediglich um „eine Feinjustierung“, wie sie auch bei anderen Marken regelmäßig vorkomme und auch bei Nutella in der Vergangenheit so war. Qualität, Beschaffenheit sowie alle anderen Nutella-Merkmale seien gleich geblieben. „Die Zutatenliste findet sich in gewohnter Weise auf dem Glas und auf der Nutella-Website. Alle relevanten Aspekte bleiben aus Ernährungssicht gleichwertig.“
Während im Internet weiter diskutiert wird, sind sich auch Anna und Hugo nicht mehr ganz so einig. Während für Anna das alte Rezept mehr nach Schokolade geschmeckt hat, findet Hugo, dass die Creme jetzt weicher geworden ist. Aber in einem sind sich die beiden wieder eins: „Die Creme ist halt so süß, weil viel Zucker drin ist.“ VN-mef