Neues Leben mit der Niere des Partners

In Vorarlberg soll die Lebendspende als beste Option forciert werden.
Feldkirch Sie sind weder verwandt noch verschwägert, noch haben sie sich vorher gekannt. Dennoch einen Markus Hoch und Heidi Burtscher zwei Dinge: Beide benötigten eine neue Niere, und in beiden Fällen war der Partner der Spender. Gabriele und Markus Hoch werden den bevorstehenden Jahrestag, der den Eheleuten ein neues Leben bescherte, feiern. Bei Heidi und Rudolf Burtscher liegt der Eingriff schon elf Jahre zurück. Trotzdem begleitet er sie weiterhin emotional. „Wir reden fast täglich darüber und weinen manchmal auch noch“, gesteht der Ehemann und berichtet von einem Abgrund, der sich auftat, als Ärzte bei seiner Frau die Diagnose Nierenversagen stellten. Inzwischen führen beide Paare ein weitgehend unbeschwertes Dasein. „Wir sind jedoch verpflichtet, gut auf das Organ zu schauen“, betont Markus Hoch. Er ist einer von sieben Nierenpatienten, die im vergangenen Jahr eine Lebendspende erhielten. „Das waren so viele wie nie zuvor, und wir hoffen auf weitere Entscheidungen zur Lebendspende“, erklärt Nephrologin Hannelore Sprenger-Mähr.
Lange Wartezeiten
Denn die Lebendspende gilt als beste Option für ein Langzeitüberleben. In Vorarlberg gibt es derzeit 40 Personen, die eine Lebendspende brauchen könnten. Nur so lässt sich die Wartezeit auf eine Niere von einem hirntoten Spender, die derzeit drei Jahre beträgt, verkürzen. „Gerade bei schwer Erkrankten kann diese Zeitspanne problematisch sein“, gab Primar Karl Lhotta, Leiter der Inneren III (Nephrologie und Dialyse) im LKH Feldkirch, zu bedenken. Die Abteilung hatte zu einer Pressekonferenz geladen, um für das Anliegen der Lebendspende zu sensibilisieren. „Die Dialyse ist kein Honiglecken und eine teure Behandlung“, führte Lhotta weiter aus. Allerdings sind nicht alle Patienten für eine Transplantation geeignet. Laut Hannelore Sprenger-Mähr kommen gerade einmal 20 Prozent dafür infrage. „Für sie ist eine Lebendspende aber wie ein Lotto-Sechser“, ergänzte Lhotta. Auch Erich Längle, Obmann des Vereins Niere Vorarlberg, weiß, was eine Transplantation bedeutet: „Sie bringt einem das Leben zurück.“
Keine gesundheitlichen Nachteile
Wichtig sei in diesem Zusammenhang die Freiwilligkeit. „Wir drängen niemanden dazu, mit jedem Patienten, der transplantiert werden kann, besprechen wir aber auch diese Möglichkeit“, sagte Sprenger-Mähr. Bei den Spendern sollte es sich um Verwandte oder emotional nahestehende Personen handeln. Grundsätzlich würden gesunden Spendern keine Nachteile entstehen, wird versichert. „Autofahren ist gefährlicher“, merkte Primar Lhotta an. Die Vorbereitung für eine Transplantation erfolgt im LKH Feldkirch, ebenso die Nachbetreuung. Der Eingriff selbst wird an der Universitätsklinik Innsbruck durchgeführt. Heute kann übrigens sogar bei einer Blutgruppenunverträglichkeit transplantiert werden.
Weltweiter Spitzenwert
Vorarlberg hat derzeit mit über 700 Personen pro einer Million Einwohner die meisten Nierentransplantierten in Österreich. Das ist auch weltweit betrachtet ein Spitzenwert. Als Ziel formulierte Karl Lhotta, dass es für ein Drittel aller Nierentransplantationen eine Lebendspende gibt. Er zolle den Menschen, die anderen eine Niere spenden, allerhöchsten Respekt. „Sie gehören zu den wahren Helden unserer Gesellschaft“, meinte er. Gabriele Hoch und Rudolf Burtscher wollen keine Helden sein. Sie sehen ihr Handeln als Liebesbeweis, der für sie selbstverständlich war. VN-MM
Fakten
450 Patienten mit Nierenersatztherapie
200 Dialysepatienten
40 neue Dialysepatienten jedes Jahr
40 Patienten auf der Transplantationswarteliste
20 Nierentransplantationen pro Jahr
7 Lebendspenden 2016