Kleiner Fisch, große Bedrohung

Die Schwarzmeergrundel vermehrt sich explosionsartig und könnte bald im Bodensee landen.
BRegenz Sie ist nur etwa 15 Zentimeter lang, hat braun-schwarze Schuppen und Glubschaugen. Die sogenannte Schwarzmeergrundel sieht zwar harmlos aus, sorgt aber am Bodensee bei Fischern und Forschern für Besorgnis. Denn der Eindringling vom Schwarzen Meer verbreitet sich seit einigen Jahren explosionsartig im Rhein. Das große Problem: Die Grundeln stellen eine Bedrohung für heimische Fischarten dar, da sie deren Laich fressen. Und Kilometer um Kilometer kämpfen sie sich weiter vor.
Bei Basel liegt der Grundelanteil im Rhein laut einem Schweizer Medienbericht bereits bei über 75 Prozent. Damit ist der Räuber eine der größten Gefahren für die dortige Fischwelt. Inzwischen sind die kleinen Fische bis zum Kraftwerk Rheinfelden im Kanton Aargau vorangekommen. Und damit haben sie auch die Blicke von Vorarlberger Fischern und Biologen auf sich gezogen.
„Es schaut so aus, als ob es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Grundel in den Bodensee gelangt“, meint Biologe Klaus Zimmermann von der Dornbirner Inatura. Die Schwarzmeergrundeln könnten seiner Meinung nach eine große Gefahr für Äschen und Forellen darstellen. Durch Aufklärung der Bevölkerung sei es vielleicht noch möglich hinauszuzögern, dass der Räuber in den Bodensee gelangt. „Aber es gibt wohl einfach zu viele Übertragungswege, um die Grundeln zu stoppen“, sagt der Experte. Beim Rheinfall ist zwar Schluss mit lustig. Beispielsweise könnten die Fische aber durch Sportboote, übersiedelt werden oder deren Eier von Wildvögeln verschleppt werden, meint Zimmermann.
Auch Albert Bösch, Obmann des Vorarlberger Berufsfischervereins, rechnet damit, dass der schuppige Eindringling mit den Glubschaugen bald im Bodensee landet. „Die Frage wird sein, welche Auswirkung es hat, wenn das Ökosystem schon wieder gestört wird.“
Blinde Passagiere
Nicht nur an der Verschleppung, auch an der Ausbreitung des Räubers ist wohl der Mensch schuld. Forscher gehen davon aus, dass die Globalisierung und der Klimawandel die Ausbreitung der Grundeln begünstigt haben. Konkret bedeutet das, dass sich die kleinen, am Boden lebenden Fische als blinde Passagiere im Ballastwasser der stromauffahrenden Transportschiffe aus dem Schwarzen Meer über den vor rund 25 Jahren eröffneten Rhein-Main-Donaukanal eingeschleust haben. Seitdem setzen sie ihre Wanderung Kilometer um Kilometer fort.
In der Schweiz haben es sich Wissenschaftler von der Uni Basel zur Lebensaufgabe gemacht, die Schwarzmeergrundel zu stoppen. Inzwischen gibt es gar auch eine „Grundelstrategie“. Dieser Plan sieht beispielsweise vor, Bootsbesitzer und Fischer mit Infokampagnen über die drohende Gefahr aufzuklären. Weiters werden Strategien für Bootsreinigungsanlagen erarbeitet, die eine effiziente Entfernung von Grundeleiern sicherstellen sollen.
Um mehr Licht ins Dunkel der Grundelinvasion zu bringen, haben auch Forscher der Fischereiforschungsstelle in Langenargen gemeinsam mit der Fischereibehörde in Karlsruhe das Wanderverhalten der Tiere und deren Siegeszug im Rhein untersucht.
Im Zuge der Forschung konnten Alexander Brinker und seine Kollegen auch herausfinden, dass sie die Grundeln sich von den bisher ungenutzten ebenfalls im Rhein eingeschleppten Muscheln ernähren. „Da die heimischen Raubtiere Grundeln fressen, gelangen so immerhin Nährstoffe, die in den Muscheln gebunden wären, in das Nahrungsnetz zurück“, meinen die Forscher.
Abschließend gibt es noch einen weiteren interessanten Faktor zu vermelden: Frittiert sollen die kleinen Fische mit den Glubschaugen sehr gut schmecken.VN-MEF
„Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die Grundel in den Bodensee gelangt.“
„Die Frage ist, welche Auswirkung es hat, wenn das System schon wieder gestört wird.“



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