„Schmerzgrenze bei Erhöhung der Kosten ist überschritten“

Heutiger Gemeindetag ganz im Zeichen von Pflegeregress und Raumplanung.
Hittisau Vorarlbergs Gemeindechefs brennen eine ganze Reihe von Themen unter den Nägeln. Ganz oben rangiert naturgemäß das liebe Geld. Es sind die Rahmenbedingungen, die Bund und Land vorgeben und die Rathauskassen durchwegs überstrapazieren. „Wir fordern dringend Veränderungen“, sagt denn auch Harald Köhlmeier (45, VP) als Präsident des Vorarlberger Gemeindeverbandes (GV) und Bürgermeister von Hard im Vorfeld des heutigen Gemeindetages in Hittisau im Bregenzerwald. In den Gemeinden ist man finanziell am Plafond: „Die Schmerzgrenze bezüglich ständiger Kostenerhöhungen ist überschritten“, betont Köhlmeier und führt als aktuelles Beispiel den vom Bund abgeschafften Pflegeregress an.
„Gegen den Willen der Gemeinden“
Der Bund habe vor den Nationalratswahlen „gegen den Willen der Gemeinden mit Zustimmung der Länder ohne jede Not und ohne die Konsequenzen der Entscheidung zu Ende zu denken, den Pflegeregress einfach gestrichen“. Und dies obwohl Maßnahmen in der Pflege dringend nötig wären, wie etwa die Stärkung des ambulanten Bereichs, die anstehenden Personalfragen im Pflegebereich oder auch die Sicherung der künftigen Finanzierung von wachsenden Pflegeausgaben aufgrund der Bevölkerungsentwicklung. „Wir lehnen es ab, für die fehlende Finanzierung aufkommen zu müssen und fordern vollen Kostenersatz.“ Mit einer Resolution wenden sich Städte und Gemeinden an den Bund. „Immerhin geht es bundesweit um Mehrkosten von mehreren Hundert Millionen Euro pro Jahr.“
Handlungsbedarf bei Raumplanung
Auch in den Bereichen Raumplanung und Grundverkehr stünden die Gemeinden vor großen Herausforderungen. „Jetzt müssen die Entscheidungen für künftige Generationen getroffen werden“, sagt der GV-Präsident im Hinblick auf die vor der Tür stehende Novelle des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes. Bei diesem Thema werde den Gemeinden immer wieder der Vorwurf gemacht, sie würden durch eine Ausnahme der Gemeinden von der Interessentenregelung im Grundverkehrsgesetz versuchen, auf diesem Umweg günstig Grund und Boden zu erwerben, damit sie diesen dann später umwidmen können. Er fordert, dass die Kommunen „eine aktive Bodenpolitik betreiben dürfen und sollen“. Eine vorausschauende Raumplanung müsse „langfristig sein und nicht für einen Zeithorizont von nur fünf Jahren“.
Deutsche und Tiroler als Vorbild
Im Zusammenhang mit der Novelle geht es Köhlmeier „um eine ausgewogene Behandlung öffentlicher und privater Interessen, denn jede Regelung hat zwei Seiten“. Er sieht jedoch sehr wohl öffentliche Interessen, die Vorrang haben. Deshalb sollen „Nutzungsarten vorgeschrieben werden können, die bis zum entschädigungslosen Verfall der Baulandwidmung bei langjähriger Nichtverbauung im Sinne der Widmung führen können“. Vor allem der gemeinnützige Wohnbau müsse in der örtlichen Raumplanung stärker berücksichtigt werden. Eine andere Maßnahme stelle eine Erhöhung der Baunutzungszahlen als logische Folge laufend steigender Bodenpreise dar.
„Das Beispiel Tirol zeigt, dass es für diese brisanten Fragen durchaus mutige Lösungen gibt“, meint Köhlmeier. Nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz hat der Käufer eines Baugrundstücks zu erklären, dass er die Fläche innerhalb von zehn Jahren widmungsgemäß bebaut. Falls das Grundstück nicht im Sinne der Erklärung bebaut wird, droht die öffentliche Versteigerung. Sogar ein gesetzliches Vorkaufsrecht für Gemeinden nach deutschem Modell ist für ihn vorstellbar: Dort hat die Gemeinde ein Vorkaufsrecht für Grundstücke, die für die Nutzung für öffentliche Zwecke vorgesehen sind.
„Wir Gemeinden lehnen es ab, für fehlende Finanzierungen aufkommen zu müssen.“