Von Nebelgranaten und Pranger

Emotionale Debatten um Harder Grundstücksaffäre im Landesparlament.
Bregenz „Wo beginnen Anstand und Moral eines Landtagsabgeordneten?“ Mit dieser Frage zur vielzitierten Grundstücksaffäre Hard lösten die Freiheitlichen in der Aktuellen Stunde der jüngsten Landtagsitzung eine emotionale Debatte aus. Auslöser der Diskussion war ein VN-Exklusivbericht vom 6. Oktober 2017. Kernpunkt der harten Kritik: Der Harder VP-Politiker Alfred Büchele wollte einem 96-Jährigen ein Grundstück um den Bruchteil seines Werts abkaufen, in den Kauf war auch VP-Sozialsprecher Mathias Kucera als Anwalt involviert. Im Juni 2017 erklärte das Landesgericht den Kaufvertrag für unwirksam. Das Gericht kam zur Erkenntnis, dass der Mann zum Verkaufszeitpunkt einen deutlichen demenziellen Abbau aufwies.
Eine Selbstanzeige als Versteck?
Kucera selbst hat nach der Rücktrittsaufforderung an ihn den Akt der Anwaltskammer zur Prüfung vorgelegt. LH Markus Wallner (VP) mache es sich zu leicht, wenn er versuche, sich hinter der Selbstanzeige seines Sozialsprechers zu verstecken, sparte Klubchef Daniel Allgäuer nicht mit Kritik und erinnerte die Vertreter der Volkspartei an ihren Verhaltenskodex, dem das Verhalten Kuceras ganz und gar nicht entspreche. Allgäuer: „Es ist höchst an der Zeit, dass Sie handeln, Herr Wallner.“ Grünen-Klubobmann Adi Gross sprach von einer schiefen Optik, eine persönliche Vorteilnahme Kuceras sei nach jetzigem Stand aber nicht ableitbar. SP-Klubchef Michael Ritsch ergänzte: „Wer eine öffentliche Aufgabe hat, unterliegt anderen Bewertungsmaßstäben.“ Und Sabine Scheffknecht (Neos) war sich sicher, dass Kucera „offenbar mehrfach die Unwahrheit“ gesagt habe. Die VP wies die Kritik zurück. „Die FP überschreitet mit dieser Wahl des Themas eine Grenze und nimmt in Kauf, dass ein Landtagskollege an den Pranger gestellt wird“, warf Klubobmann Roland Frühstück (VP) ein und kassierte für die Verteidigung Kuceras von Joachim Weixlbaumer (FP) prompt den Vorwurf, mit verbalen zu „Nebelgranaten“ zu hantieren.
„Wie Sie alle wissen, war ich vor fünf Jahren alkoholisiert mit dem Auto unterwegs und musste den Führerschein abgeben“, erinnerte Frühstück in der Diskussion über Moral und Anstand in der Politik, und gestand rückblickend: „Ich war froh, dass meine Partei meine Entschuldigung zur Kenntnis nahm und mir als Politiker damit zugestanden hat, einen Fehler machen zu dürfen.“ Stichwort Fehler: LH Wallner verteidigte zwar Kucera und appellierte, die Fakten nicht auszublenden, ließ aber durchblicken, dass im Rahmen der Causa auch Fehler gemacht wurden: „Es hätte gut getan, der Öffentlichkeit vollständige Informationen mitzuteilen.“
Landtagssplitter
Die Freiheitlichen spielen sich zum selbsternannten Moral- und Anstandswächter auf. Sozialdemokraten und Neos sekundieren.
Roland Frühstück, VP, Klubobmann
LH Markus Wallner macht es sich zu leicht, wenn er versucht, sich hinter der Selbstanzeige seines Sozialsprechers Mathias Kucera bei der Rechtsanwaltskammer zu verstecken. Daniel Allgäuer, FP, Klubobmann
Eine persönliche Vorteilnahme von Mathias Kucera ist nach aktuellem Stand nicht ableitbar. Was bleibt, ist eine schiefe Optik. Adi Gross, Grüne, Klubobmann
Ich habe den Kollegen Mathias Kucera nicht der Lüge bezichtigt. Er hat sich nur zeitweise nicht mehr an die Sachlage erinnern können. Sabine Scheffknecht, Neos
Ich würde die Haltung der Grünen in der Frage des Gemeindefinanzpakets irgendwo zwischen Michael Ritsch und Christian Gantner einordnen. Nina Tomaselli, Grüne
Wenn man vom Kollegen Hubert Kinz von Reformen in der Gesundheitspolitik hört, so spitzt man die Ohren. Christoph Metzler, Grüne
Die Aussagen des Kollegen Daniel Matt lasse ich für heute noch gelten, er ist ja neu im Landtag, das gilt aber nur für heute. Gabi Sprickler-Falschlunger, SP
Die Volkspartei sollte aufhören, sich einzureden, dass ihr das Land gehört. Das Land Vorarlberg gehört den Menschen. Joachim Weixlbaumer, FP