Bauboom schlägt sich aufs Budget

Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen sinkt, die Preise steigen.
Schwarzach Vorarlberg wächst. In 35 Jahren ist das Land um 84.000 Einwohner gewachsen. Allein seit 2009 kamen über 20.000 Menschen dazu. Menschen brauchen Platz, ergo Wohnraum. Die Auftragsbücher der Baubranche sind voll, die einfache ökonomische Rechnung besagt: Steigt die Nachfrage, sinkt das Angebot, steigt der Preis. Aus wirtschaftlicher Sicht sind das positive Nachrichten. Ein Haus zu bauen ist für den Durchschnittsbürger im Land dadurch allerdings fast unerschwinglich geworden, auch die öffentliche Hand spürt das, wie Landestatthalter Karlheinz Rüdisser (ÖVP) im VN-Gespräch erklärt. Die Baubranche wiederum würde die Nachfrage gerne befriedigen, kann dies aber nicht immer tun. Mit dem Resultat, dass Unternehmen von außerhalb auf den Markt drängen, berichtet Thomas Peter von der Vorarlberger Wirtschaftskammer.
Branche ausgelastet
Die Baubranche erhebt regelmäßig das durchschnittliche Auftragsvolumen. In Vorarlberg liegt dieses im dritten Quartal 2017 bei 20,5 Wochen. Das heißt, ein Bauunternehmen hat derzeit gesicherte Aufträge für die kommenden 20,5 Wochen. Das ist österreichische Spitze. Salzburg folgt mit 15,5 Wochen, der Bundesschnitt liegt bei 14,8 Wochen. Eine Umfrage der KMU-Forschung Austria zeigt: 71 Prozent der Betriebe im Land erwarten, dass es in den kommenden Quartalen so bleibt. Gründe dafür liegen nicht nur in der Bevölkerungszahl, auch in deren Lebensweise. Seit 1985 hat sich die Zahl der Haushalte im Land von 100.000 um 63 Prozent auf 163.000 gesteigert. Gleichzeitig sank die durchschnittliche Haushaltsgröße von 3,07 auf 2,34 Bewohner.
Auch die öffentliche Bauleistung steigt. Vergangenes Jahr haben die gemeinnützigen Wohnbauträger mehr als 700 Wohnungen errichtet. Laut Landestatthalter Rüdisser möchte das Land dieses Tempo beibehalten. Parallel dazu stehen große Infrastrukturprojekte an, Schulen müssen gebaut und saniert werden, selbes gilt für Straßen, Brücken, Kanalisation und so weiter. Projekte wie die Breitbandoffensive laufen ebenfalls. Die Zahl der Bauunternehmen wächst jedoch nicht mit den Aufträgen. „Wir merken das“, sagt Rüdisser. „Auf öffentliche Ausschreibungen melden sich weniger Interessenten wie früher. Dadurch ist der Preis oft höher als zunächst geschätzt.“ Das Ergebnis: „Im öffentlichen Bau kann das bedeuten, dass Projekte zurückgestellt werden. Das kommt vor.“
Thomas Peter, Geschäftsführer der Fachgruppe Bau in der Vorarlberger Wirtschaftskammer: „Das ist normal, wenn die Nachfrage steigt, steigt der Preis.“ Unternehmen im Land sei es aber nicht mehr möglich, überall mitzubieten, was Mitbewerber von außerhalb ebenfalls mitbekommen hätten. „Schulen in Hard und dem Bregenzerwald werden etwa nicht von einer Vorarlberger Baufirma gebaut.“ Dies gilt auch für den privaten Sektor.
Mitarbeiter gesucht
Am Jahnplatz in Feldkirch entsteht gegenüber der Wirtschaftskammer derzeit ein großes Projekt mit Wohnungen, Büros und Geschäften. „Hier baut eine Tiroler Firma“, berichtet Peter. „Diese Firmen werden zukünftig auch im Land aktiv sein.“ Gebäude bauen sich nicht von selbst. Die Branche sucht händeringend nach Mitarbeitern. Dass es im Land an Fachkräften mangelt, ist längst kein Geheimnis mehr. Doch nicht nur in diesem Segment ist der Bedarf hoch. Thomas Peter schildert: „Die ausführende Bauwirtschaft sucht derzeit 160 Mitarbeiter im Hilfsarbeitersegment.“
Was die Situation für große öffentliche Projekte bedeutet, steht derzeit nicht fest. Die geschätzten Kosten für das Hochwasserschutzprojekt Rhesi, für eine S-18-Straße, für einen Stadttunnel in Feldkirch könnten demnach während der Ausschreibung noch steigen. Dennoch möchte man nicht von einem Problem sprechen: „Die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosenrate ist niedrig, die Bauleistung hoch. Das sind eigentlich sehr gute Nachrichten.“
„Im öffentlichen Bau kann das bedeuten, dass Projekte zurückgestellt werden.“
„Schulen in Hard und im Bregenzerwald werden nicht von einer Vorarlberger Firma gebaut.“

