Begegnungen auf Augenhöhe

Erwin Sperger gibt Deutschunterricht für minderjährige Flüchtlinge.
Vandans Erwin Sperger ist junggebliebener Pensionist und leidenschaftlicher Fotograf. Aber er ist auch ein Mensch, der sich gerne für andere Menschen einsetzt und hilft. Seit fünf Jahren schon gibt er daher im Haus Noah der Caritas in Vandans Deutschunterricht für jugendliche minderjährige Flüchtlinge – und ist mit großer Begeisterung dabei.
Im Haus Noah in Vandans leben Jugendliche verschiedener Nationalitäten unter einem Dach zusammen. All die jungen Männer haben Dramatisches erlebt, jede ihrer Geschichten geht unter die Haut. Und doch verbindet sie eines: Sie sind hier in Vorarlberg fern der Heimat und ohne Familie und hoffen auf eine bessere Zukunft. Dazu ist das Erlernen der deutschen Sprache ein wesentlicher Faktor. „Einige der Jungs sind totale Analphabeten, andere wiederum haben in ihrer Heimat eine Schule besucht. Die beiden Gruppen, die ich ein Mal pro Woche unterrichte, sind sehr heterogen, dennoch macht es Spaß, mit den Jugendlichen zu arbeiten“, so Erwin Sperger, ehemaliger Direktor und Deutschlehrer in der Polytechnischen Schule Montafon.
Viel Erfahrung
Bereits in seiner aktiven Zeit als Lehrer war er mit der Situation konfrontiert, bosnische Flüchtlinge in der Schule zu haben, die kein Wort Deutsch konnten. Damals erhielten diese Schüler zusätzlichen Sprachunterricht. „Von diesen Erfahrungen von damals profitiere ich heute noch im Unterricht mit den Jugendlichen in Vandans. Ich finde es wichtig, dass sie in erster Linie kommunizieren können. Intensive Grammatik und Fachvokabular kommt später dann automatisch dazu. Höflichkeitsformen, Grußformen oder Fragen stellen zu können sind wichtige Kenntnisse im Umgang mit anderen Menschen. Ziel ist die selbstständige Bewältigung des Alltags“, ist Erwin Sperger überzeugt.
Die meisten Unterrichtsunterlagen stellt er daher selbst zusammen. Er arbeitet auch viel mit Bildern, Rollenspielen oder Pantomime. „Einmal unterhielten sich zwei Jungs in meiner Stunde miteinander, und es stellte sich heraus, dass sie Griechisch miteinander sprachen“, schmunzelt Erwin Sperger. Schnell war das Rätsel gelöst, denn beiden waren unabhängig voneinander für einige Zeit in einem Flüchtlingslager in Griechenland untergebracht und lernten dort ein wenig die Landessprache. Sich ehrenamtlich für diese jungen Menschen zu engagieren, ist für den zweifachen Großvater Ehrensache: „Ich bin mir bewusst, in der glücklichen Situation zu sein, in einer heilen Welt aufgewachsen zu sein und einen sicheren Job gehabt zu haben. Wir leben in einer Wohlstandsgesellschaft, doch ich habe schon viele Länder kennengelernt, in denen Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Ich bin nur ein winziges Zahnrad, denn ich weiß, dass viele viel mehr tun als ich, um Menschen zu helfen.“
Dennoch sind es genau diese winzigen Zahnrädchen, die ein Uhrwerk zum Laufen bringen. Erwin Sperger, der mit der österreichischen Flüchtlingspolitik scharf ins Gericht geht, ist von der Freiwilligenarbeit überzeugt: „In der Caritas kann sich jeder einbringen, mit den Möglichkeiten, die er oder sie hat. Ich finde die Freiwilligenarbeit extrem wertvoll, denn jede Unterstützung ist besser als nichts zu tun.“
„Ich finde es in erster Linie wichtig, dass die Jugendlichen kommunizieren können.“
Info-Abend
Freiwillig mit der
Caritas engagieren
Zäwas, Bludenz, Kirchgasse 8
Montag, 27. November, 18 bis 21 Uhr
Nähere Informationen
Michaela Mathis, Tel: 05522 200-1041
E-Mail: michaela.mathis@caritas.at