Eine Unterstützung für das Dach überm Kopf

Die Wohnbeihilfe ist nötig. Neue Ideen für Förderung im Umlauf.
Bregenz Vorarlbergs Wohnungsmarkt ist kompliziert. Wohnbaufirmen stampfen ein Gebäude nach dem anderen aus dem Boden. Die Bauleistung der Gemeinnützigen ist hoch wie nie. Gleichzeitig ist Bauland zu einer willkommenen Geldanlage geworden. Weil die Vorarlberger Bevölkerung stetig wächst, steigen die Wohnungspreise. Vorarlberg hat deshalb ein breites Unterstützungsnetz. Die Landesregierung beschloss am Dienstag zum Beispiel die neue Richtlinie der Wohnbeihilfe. Die Gehaltsstufen je Haushaltsmitglied wurden erhöht und wer von der Arbeitslosigkeit in den Beruf wechselt, fällt in eine Übergangsregel. Während die Regierung betont, dass sie die höchste Beihilfe aller Länder auszahlt, bemängeln Kritiker die Treffsicherheit. Die Armutskonferenz und die Grünen haben deshalb alternative Modelle erstellt.
Im Jahr 2005 gab das Land 13,6 Millionen Euro für die Wohnbeihilfe aus, mittlerweile sind rund 30 Millionen Euro budgetiert. Ab 2018 wird der Aufschlag je Familienmitglied von 150 auf 170 Euro erhöht, außerdem steigt die Obergrenze für den Wohnungsaufwand von 6,90 auf 7,10 Euro pro Quadratmeter. Das Land rechnet mit rund 1,5 Millionen Euro Mehrkosten. Eine Arbeitsgruppe hat die neue Richtlinie erarbeitet, für die ÖVP war der Bregenzer Willi Hagleitner dabei. Er berichtet: „Mich freut es, dass vor allem Mehrpersonenhaushalte von der Erhöhung profitieren.“ Auch die Erhöhung der maximalen Miete beurteilt er positiv. Allerdings: „Die Miete von Privatwohnungen liegt weit über 7,10 Euro.“
Über 10.000 Vorarlberger beziehen Wohnbeihilfe, mit 242 Euro je Kopf im Schnitt die höchste Österreichs. Allerdings ist der Anteil gemeinnütziger Wohnungen geringer als in vielen anderen Ländern. Michael Diettrich von der Armutskonferenz ergänzt: „Außerdem sind die Mieten höher.“ Er hat der Beihilfe die Durchschnittsmiete gegenübergestellt und kommt auf einen durchschnittlichen Eigenanteil von 322,90 Euro pro Mieter, womit Vorarlberg im Mittelfeld liegt. Zur Erhöhung der Höchstgrenze um 20 Cent sagt er: „Angesichts der Mietsteigerung der letzten Jahre ist das ein Witz.“ Demnach kommen etwa Paare mit drei Kindern höchstens auf 840 Euro Wohnbeihilfe. „Solche Mietpreise gibt es in Bregenz bei Neuvermietungen überhaupt nicht“, fährt Diettrich fort. Die Armutskonferenz hat deshalb ein System entwickelt, das nach Abzug der Miete ein Mindesteinkommen garantiert. Demnach sollen bis zu einer bestimmten Grenze alle Wohnkosten übernommen werden.
Pauschale statt Größe
Auch die grüne Wohnbausprecherin Nina Tomaselli findet in der Richtlinie einige Kritikpunkte. So muss eine Gemeinde bei jedem Antrag die sogenannte Angemessenheit der Miete bestätigen: „Das praktiziert jede Kommune anders, es gibt keinen Richtwert.“ Zudem sei die Orientierung an der Wohnungsgröße das falsche Signal: „Wir wollen verdichten und verkleinern. Gleichzeitig erhalten Alleinstehende in einer größeren Wohnung mehr als in kleineren.“ Auch sie hat ein neues Modell erstellt. Tomaselli fordert eine Pauschale statt einer Quadratmeterunterstützung, und zwar pro Erwachsenem und pro Kind. Damit würden Personen mit kleineren Wohnungen bevorzugt und die Familienform berücksichtigt. Außerdem sollen die Grenzen erhöht werden und Studenten mit Studienbeihilfe sollen auch Wohnbeihilfe erhalten. Die Angemessenheit gehöre hingegen gestrichen.
Diettrich, Tomaselli und Hagleitner sind sich in einem einig: Die Wohnbeihilfe ist eines der wichtigsten sozialen Instrumente im Land. Für Hagleitner bekämpft sie jedoch nur die Symptome. Es bestehe die Gefahr, dass bei jeder Erhöhung einige Besitzer auch die Miete steigen lassen. „Ich bin der Meinung, wenn jemand eine weitere Wohnung besitzt, dann hat er die Verantwortung, diese dem Wohnungsmarkt zur Verfügung zu stellen.“ Um dies zu gewährleisten, kann er sich durchaus eine Leerstandsabgabe vorstellen. Außerdem müssten Zweitwohnsitze eingeschränkt und Grundstückshortung bekämpft werden. Wie gesagt: Vorarlbergs Wohnungsmarkt ist kompliziert.
„Angesichts der Mietsteigerung der letzten Jahre ist das ein Witz.“
