„Heute weine ich nicht mehr, heute bin ich glücklich“

Eine junge Frau bringt die Kraft auf, sich von ihrem gewalttätigen Ehemann zu trennen.
Dornbirn Er war ihre erste große Liebe. Anna (Name geändert) war 15, als sie Markus (Name geändert) kennenlernte. „Er war lieb und bemüht. Wir hatten es nett zusammen“, erinnert sich Anna an schöne Anfangsjahre. Fünf Jahre gingen sie miteinander, dann heirateten sie. Danach zeigte Markus sein wahres Gesicht.
„Einen Monat nach der Hochzeit schlug er mir mit der Faust so brutal ins Gesicht, dass meine Nase gebrochen war.“ Der Vorfall passierte im Auto, auf dem Rücksitz schlief ihre gemeinsame Tochter. Markus war ausgerastet, weil Anna ihm widersprochen hatte. „Ich hätte eine zu große Klappe, meinte er danach.“ Den Ärzten im Spital verriet Anna nicht den wahren Grund für ihre Verletzung. „Ich sagte, dass ich nicht angeschnallt war und mein Mann das Auto stark abbremsen musste.“ Die junge Frau verzieh ihrem Mann und nahm seine Entschuldigung an. „Ich hoffte, dass es ein Ausrutscher war, und gab mir die ganze Schuld.“
Nicht aus dem Haus getraut
Aber es blieb nicht bei dem einen Mal. „Wenn er getrunken hatte, wurde er brutal.“ Mit den Fäusten schlug ihr der Mann, der ihr ewige Liebe geschworen hatte, ins Gesicht und auf den Kopf. Mit Blutergüssen und aufgerissenen Lippen wagte sich die zweifache Mutter nicht außer Haus. „Ich schämte mich und blieb wochenlang daheim.“ Einen Arzt suchte sie auch nicht auf. Denn: „Mein Mann drohte mir, dass ich dann nicht mehr zurückkommen müsse und meine Kinder verlieren würde.“ Seine Gewaltausbrüche wurden immer heftiger. Eines Abends trat ihr der betrunkene Mann mit dem Fuß ins Gesicht und richtete sie übel zu. „Da reichte es mir. Ich bin mit den Kindern zu meiner Mutter geflüchtet, aber erst Tage später. Denn ich wollte nicht, dass sie mich so zugerichtet sieht. Ich wollte nicht, dass jemand davon weiß, auch meine Familie nicht.“ Nachsatz: „Das war ein Fehler.“
Anna, die keine Österreicherin ist, sondern aus einem anderen EU-Land stammt, beschloss, aus ihrem Heimatland wegzugehen und sich in Vorarlberg ein neues Leben aufzubauen. „Hier lebt auch meine Schwester.“ Aber ihr Mann wollte sie nicht aufgeben. „Er rief mich mehrmals an und bat mich, ihm noch eine Chance zu geben. Er versprach mir, ein anderer Mensch zu werden.“ Anna ließ sich erweichen. Denn sie liebte diesen Mann noch immer, obwohl er ihr schon oft Schmerzen zugefügt hatte. „Er kam nach Vorarlberg und wir nahmen uns eine Wohnung.“
Unter Dauerkontrolle
Jetzt schlug Markus Anna zwar nicht mehr. Aber er drangsalierte sie auf andere Art und Weise. „Er kritisierte mich andauernd und warf mir vor, keine gute Mutter und Ehefrau zu sein.“ Außerdem kontrollierte er sie ständig. „Er überwachte mein Handy, wollte immer wissen, wo ich bin und gab mir vor, wann ich daheim zu sein hatte. Zudem machte er meine Familie schlecht und versuchte, mich von ihr zu isolieren. Es passte ihm nicht, wenn ich zu meiner Schwester ging.“ Diese öffnete Anna die Augen. „Sie zeigte mir, dass das Verhalten meines Mannes nicht normal ist, dass er psychische Gewalt ausübt.“ Anna begann über die Beziehung und ihr Leben nachzudenken. Gleichzeitig fing sie an, intensiv Sport zu betreiben. „Ich dachte mir, dass ich dadurch stärker werde und Kraft in meinen Körper und Geist kommt.“
Die Trennung geschafft
Auch ihre Fitnesstrainerin ermutigte sie, ihr Leben zu ändern. „Sie sagte, du kannst alles machen und jederzeit Stopp sagen.“ Jetzt brachte Anna die Kraft auf, sich von ihrem gewalttätigen Ehemann zu trennen. „Obwohl ich große Angst hatte, sagte ich ihm, dass ich mich scheiden lassen will.“ Nachsatz: „Wenn er zugeschlagen hätte, wäre ich zur Polizei und zum Arzt gegangen.“ Die junge Frau zog mit ihren Kindern vorübergehend in die IfS-Frauennotwohnung. Dort fühlte sie sich sicher. Aber auf dem Weg zur Arbeit hatte sie Angst. „Er hat mich gestalkt, ist hinter mir hergefahren. Einmal versperrte er mir sogar mit seinem Auto den Weg.“ Obwohl sehr viel geschehen war, weinte Anna um ihn. „Wenn ich ihn nicht geliebt hätte, wäre ich nicht so viele Jahre bei ihm geblieben.“ Auch die Tatsache, dass sie jetzt alleinerziehend war, bedrückte sie zunächst. „Aber heute weine ich nicht mehr. Heute bin ich glücklich“, freut sie sich, dass es seit ein paar Monaten eine neue Liebe in ihrem Leben gibt. Vor fünf Wochen ist sie mit dem Mann zusammengezogen. „Er ist ganz anders als mein Ex-Mann.“ Heiraten will sie ihn jedoch „lieber nicht. Denn ich habe Angst, dass er nach der Hochzeit ganz anders sein könnte“. VN-Kum