Neues Glück nach dem Tod der Tochter

Die Beers verloren ihr erstes Kind. Jetzt haben sie Zwillinge.
Rankweil Als Jaqueline Beer-Wagner im September 2009 Hannah zur Welt brachte, hatte die Mutter das untrügliche Gefühl, dass sie dieses Kind nicht behalten darf. „Ich spürte, sie gehört nicht mir.“ Das Gefühl täuschte sie nicht. Am 16. November 2010 starb Hannah in den Armen ihrer Mutter. „Wir hatten ein wunderschönes Jahr mit Hannah. Sie lachte viel und verzauberte alle durch ihre Ausstrahlung. Obwohl sie nur ein Jahr alt geworden ist, hat sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen“, rekapituliert ihr Vater Joachim die Zeit mit ihr.
Auf ein Wunder gehofft
Das einzige Kind der Beers litt an Spinaler Muskelatrophie (Muskelschwund), einer seltenen und unheilbaren Erbkrankheit. Zunächst schien alles normal zu sein mit dem Baby. Aber dann fiel den Eltern auf, „dass Hannah nicht strampelte und krabbelte und gestützt werden musste, weil ihre Muskeln schlaff waren.“ Die Diagnose traf sie ins Mark. „Es war furchtbar. Das war das Todesurteil für unsere Hannah.“ Aber die Eltern hofften auf ein Wunder. „Wir haben alles versucht, sind auch zu Heilern gegangen.“ Zunächst verlor das Kind nicht an Lebenskraft, aber sieben Wochen vor seinem Tod verschlechterte sich sein Zustand. „Hannah tat sich mit Atmen schwer, konnte nicht mehr schlucken und musste künstlich ernährt werden.“ Ihren Tod erlebten die Eltern als befreiend, weil sie zuletzt nur noch litt. Bevor sich die verwaiste Mutter von ihrem Kind für immer verabschiedete, wusch sie es und hielt es zwei Stunden im Arm. „Erst danach konnte ich Hannah hergeben.“
Der Verlust des einzigen Kindes stürzte das Paar in eine große Krise. „Das Wichtigste und Wertvollste in unserem Leben wurde uns genommen. Das reißt einem das Herz heraus. Wenn Joachim nicht gewesen wäre, wäre ich nicht mehr da. Dann hätte ich mir etwas angetan“, ist Jaqueline rückblickend froh, dass sie in ihrem Mann am absoluten Tiefpunkt ihres Lebens einen Halt hatte. Das Paar begab sich mehrere Jahre lang in psychologische Betreuung. Laut Joachim war das eine sehr gute und wichtige Entscheidung. Denn: „Es kommt zu Konflikten, weil Männer und Frauen unterschiedlich trauern. Unsere Psychologin klärte uns darüber auf und half uns, über die schwerste Zeit zu kommen. Ich weiß nicht, ob meine Frau und ich noch zusammen wären, wenn wir nicht psychologische Hilfe in Anspruch genommen hätten.“
Gemeinsam bewältigten sie den Verlust. „Nach einem Jahr konnten wir wieder lachen. Nach drei Jahren wurde es leichter“, zeigt das Paar auf, dass es nach dem Schicksalsschlag allmählich wieder ins Leben zurückfand. Aber den beiden fehlte etwas in ihrem Leben. „Hannah zeigte uns, dass eine Familie ohne Kinder nur eine halbe Sache ist. Ein Kind gibt einem so viele schöne Momente und bereichert das Leben“, erklärt Joachim, warum er und seine Frau nochmals Eltern werden wollten.
Ein Platz im Herzen
Die Zwillinge Lena und Emma entstanden durch künstliche Befruchtung. Als sie am 12. November 2014 den ersten Schrei taten, fühlten sich die Beers wieder komplett. „Jetzt haben wir wieder einen Sinn im Leben. Vorher waren wir Mama und Papa ohne Kind.“ Mit den Zwillingsmädchen ist wieder Leben ins Haus gekommen. „Die Kinder sind unser ganzes Glück“, schwärmen die Eltern. Bei all der Freude über das neue Glück gerät die Erstgeborene aber nicht in Vergessenheit. „Hannah wird immer einen großen Platz in unserem Herzen haben. Auch weil sie uns die Augen dafür geöffnet hat, was im Leben wirklich wichtig ist. Und das ist nicht die Karriere oder das Materielle, sondern die Familie“, sind die Beers ihrer Erstgeborenen dankbar für diese Erkenntnis.
