Was trieben Kolumban und Gallus in Bregenz ?

Kolumban sollte Bevölkerung am Bodensee missionieren.
Bregenz Zwischen dem Herbst 610 und dem Frühjahr 611 kam, wie die Forschung annimmt, der Ire Kolumban mit einigen Begleitern an den Bodensee. Der Merowingerkönig Theudebert II. hatte den Begründer und ersten Abt des burgundischen Klosters Luxeuil beauftragt, dort zu missionieren. Das hatte auch politische Bedeutung, galt es doch, dieses eben unterworfene alemannische Gebiet kulturell in das fränkische Reich zu integrieren.
Weil der König Kolumban die Auswahl des Ortes überlassen hatte, entschied sich dieser für Bregenz, eine alte, von der Völkerwanderung allerdings in Mitleidenschaft gezogene Römersiedlung. Die von Jonas von Bobbio verfasste Lebensgeschichte des Iren berichtet darüber: „Als er sich dort aufhielt und unter den Bewohnern jenes Ortes umherging, kam er dazu, wie sie ein heidnisches Opferfest feiern wollten und wie sie ein großes Gefäß voll Bier […] in die Mitte gestellt hatten. Der Mann Gottes trat hinzu und fragte, was sie damit machen wollten. Sie sagten, sie wollten ihrem Gott opfern; Vodanus mit Namen, von dem sie auch, wie andere sagen, behaupten, dass er Mercurius sei.
Als Kolumban von dem abscheulichen Vorhaben hörte, blies er das Gefäß an, und wunderbarerweise barst es krachend und zerfiel in Stücke. […] Die Barbaren, die das sahen, sagten verblüfft, der Mann Gottes habe einen starken Atem, da er ein mit Reifen gefestigtes Gefäß so auseinanderbrechen könne. Da ließen sich viele von ihnen durch Zuspruch und Belehrung des heiligen Mannes zum Glauben an Christus bekehren und erhielten die Taufe; andere, die zwar schon durch das Taufwasser gereinigt, aber in heidnischem Irrtum befangen waren, führte er durch seine Ermahnungen zur Ausübung der evangelischen Lehre zurück an den Busen der Kirche wie ein guter Hirt.“
Kolumbans Tat verärgerte ohne Zweifel einen Teil der Betroffenen, denn im Gegensatz zu den antiken Bräuchen, bei denen den Göttern Wein ausgeschüttet wurde, pflegten die Germanen das geopferte Bier selbst zu trinken. Nachdem ein Traum dem Missionar offenbart haben soll, dass ein Glaubensfortschritt bei den Bregenzern noch nicht zu erwarten sei, und König Theudebert gestorben war, machte er sich auf den Weg nach Italien, wo er das Kloster Bobbio gründete.
Hier schließt sich die Geschichte eines seiner Begleiter namens Gallus an. Dieser habe den Abt gebeten, am Bodensee bleiben zu dürfen, weil er krank sei. Kolumban, eine Ausrede vermutend, soll ihn dafür mit dem Verbot, zu seinen Lebzeiten die Messe zu feiern, bestraft haben. Von Geistlichen in Arbon gesundgepflegt, sei Gallus als Einsiedler ins Steinachtal gezogen. 100 Jahre später habe der Priester Otmar an dieser Stelle das Kloster St. Gallen gegründet.
Der Lebensgeschichte des heiligen Gallus entstammt der berühmte Satz, die Missionare hätten den Bodensee als eine „conca aurea“, eine goldene Schale, vorgefunden, aber leider „serpentibus plena“: voller Schlangen – und damit nicht Seeungeheuer gemeint, sondern die Bewohner seines Ufers.
„Vorarlberg kompakt“,
Universitätsverlag Wagner,
288 Seiten, 29,90 Euro